Die Grenzboten. Jg. 22, 1863, II. Semester. III. Band.des Regiments "Deutschmeister", welche den Grafen Latour vor ihren Augen Gegen die neuerrichteten Honveds kämpfte die östreichische Infanterie aller¬ Es war vorauszusehen, daß der Beendigung der Kämpfe in Italien und Zuerst mußten die während der letzten Epoche des Revolutionskrieges gänz¬ 49*
des Regiments „Deutschmeister", welche den Grafen Latour vor ihren Augen Gegen die neuerrichteten Honveds kämpfte die östreichische Infanterie aller¬ Es war vorauszusehen, daß der Beendigung der Kämpfe in Italien und Zuerst mußten die während der letzten Epoche des Revolutionskrieges gänz¬ 49*
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des Regiments „Deutschmeister", welche den Grafen Latour vor ihren Augen
ermorden ließ, ohne auch nur einen Versuch des Widerstandes zu machen, eine
desto traurigere Rolle.
Gegen die neuerrichteten Honveds kämpfte die östreichische Infanterie aller¬
dings mit Vortheil, aber mitten im Gewühl des Kampfes mochte sich den Ver¬
ständigeren die Ueberzeugung aufdrängen, daß man andern Gegnern gegenüber
einen weit schwereren Stand haben würde. In Italien machte sich dieses Ge¬
fühl noch früher und deutlicher fühlbar, und wie auf gemeinsame Verabredung
brachten verschiedene Befehlshaber mehre Reformen aus eigenem Antrieb zur
Ausführung, ja selbst die subalternen Offiziere und die Mannschaft erlaubten
sich, ungeachtet sie im Uebrigen den unbedingtesten Gehorsam an den Tag leg¬
ten, vielfache eigenmächtige Neuerungen in ihrer Bekleidung und Bewaffnung
sowie in dem Betrieb des Dienstes, den taktischen Bewegungen und der gan¬
zen Gefechtweise. Bevor noch eine Aenderung der Adjüstirung anbefohlen wor¬
den war, erschienen bereits sämmtliche Offiziere der italienischen Armee in
Waffenröcken und mit Schleppsäbeln.
Es war vorauszusehen, daß der Beendigung der Kämpfe in Italien und
Ungarn eine durchgreifende Reorganisation der gestimmten Armee folgen werde.
Ueber die Nothwendigkeit derselben hegte Niemand einen Zweifel, aber die
Richtung, welche hierbei eingeschlagen wurde, konnte nur Wenige befriedigen.
Zuerst mußten die während der letzten Epoche des Revolutionskrieges gänz¬
lich aufgelösten ungarischen Regimenter neu aufgestellt werden. Bei dieser Ge¬
legenheit übten die übertriebenen Germanisirungs- und Centralisirungsbestre-
bungen der damaligen östreichischen Minister zuerst ihren schädlichen Einfluß aus.
Die massenhaft zwangsweise rekrutirten ehemaligen Insurgenten wurden näm¬
lich nicht diesen Regimentern zugewiesen, sondern unter alle Regimenter ohne
Unterschied der Nationalität vertheilt. Nicht nur die gemeinen Soldaten- und
Unteroffiziere traf dieses Loos, sondern es wurden auch die gewesenen Offiziere
der Insurgenten und alle Personen, welche sich aus irgend eine Weise an der
Erhebung betheiligt hatten, Gutsbesitzer. Geistliche. Advocaten. Aerzte. Beamte
und Lehrer als — Gemeine untergesteckt. Daß diese Leute über ihr Loos kei¬
neswegs entzückt waren, ist begreiflich, und noch begreiflicher ist es, daß die
Reden dieser Unglücklichen auf viele ihrer nunmehrigen Kameraden einen tiefen
Eindruck machten und also die Unzufriedenheit noch weiter verbreiteten. Die
Einreihung einer solchen Masse unverläßlicher, unzufriedener und jedenfalls
unpassender Individuen in eine weniger aus eigener Ueberzeugung als aus
anerzogener Pietät getreue Armee war gewiß ein großer politischer und militä¬
rischer Fehler. War der Geist in den neuen ungarischen Regimentern schlecht,
so durfte man nicht erwarten, daß die denselben beigegebenen böhmischen oder
Polnischen, dem Bauernstande entnommenen Soldaten die Gesinnungen ihrer
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