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Die Grenzboten. Jg. 22, 1863, II. Semester. III. Band.

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das Verdienst, viele und genaue Nachrichten über die revolutionären Bewegungen
in unserer Provinz zu dringen. Auch sie erzählt von Ergreifungen und nennt
eine Reihe von Edelleuten und anderen hervorragenden Personen. Nach ihr
ist auch der steckbrieflich verfolgte Gutsbesitzer v. Mieroslawski, nicht Ludwig,
verhaftet worden; auch Herr v. Seydewitz, der sich für einen Offizier der
päpstlichen Armee ausgibt, ist.in preußische Hände gefallen. Ich kenne einen
Herrn Paul v. Seydewitz, ein preußisches Landestind; er durchzog 1848 als
Studiosus von Berlin aus einige Orte, um für Schleswig zu werben und zu
sammeln. Bald jedoch war seine und seiner Erwerbungen Spur verloren;
später tauchte er in Paris als "politischer Flüchtling" auf. Ob er nachher
seinem Freiheitsdrang unter Lamoriciöre nachgegangen sei, um nun hier in der
Nähe seiner Vaterstadt Jastrow ein Ende zu finden, weiß ich nicht. An dem
jetzt Gefangenen lobten die Polen eine gewisse Bravour.

Uebngens hier nichts Neues von Wichtigkeit. In Posen haben Arbeiter
einen Kanonier von der 4. Fcstungscompagnie des Artillerieregiments Ur. 6 arg
malträtirt; wie es scheint desto ernster, je weniger Anlaß sie hatten. Einige
unerschrockene Soldaten sind decorirt worden, so der Ulanenlieutcuant v. Wiese,
der vor einigen Wochen in Taczanowskis Lager geritten war, um zwei Mann
aus seinem Zuge, die in dessen Hände gefallen waren, zu reclamiren und sie
auch wirklich wieder brachte; ebenso Sergeant Meyer und seine drei Gefährten,
welche den "Obersten Ganier d'Abin" bei Czcsle so in Schrecken zu setzen
wußten, daß er beschloß, sich nicht xour 1e roi no ?ruW6 zu opfern. Es
wirft in der That ein eigen Licht auf die Umsicht der deutschen Zeitungen,
daß eine derselben gestern einen neuen Sieg dieses Burschen meldet, der schon
lange in Paris wieder daT Falzbein führt.

Es wird eben weiter getäuscht und von mancher Kanzel herab weiter gehetzt,
während die Dinge für die Polen immer hoffnungsloser werden. In Polen die
Neigung einer nicht zu verachtenden Adelspartei zum Kaiser, in Paris ein Sieg
der Partei Microslawskis über die der hohen Aristokratie, in Preußen die vo¬
rige Woche geschehene Verhaftung eines Prinzen v. Czartoryski in Schlesien.
Es ist-eine reizende Besitzung, dicht vor Schmiedeberg, wenn sie von Erdmanns¬
dorf her kommen, rechts, das Schloß Rudberg, wo man dies Glied der weit¬
verbreiteten Familie so unangenehm aus seinem Frieden aufgestört hat. Die
Schmiedeberger Czartoryskis hatten sich sonst von den Agitationen, denen sich
die pariser Familie überließ, fern gehalten; aber der Reiz muß zu mächtig sein.
Denken Sie doch an den Prinzen Konstantin. Wir kannten ihn in Wien als
Vicepräsidenten des Kunstvereins, als Mitbegründer der deutschen Schiller¬
stiftung, als Herausgeber der kritisch-dramatisch-musikalischen Zeitschrift "Re¬
censionen", und jetzt dient der Arme als Agent in Schweden einer Revolution,
die seinem Hause keine Krone eintragen wird, und die sein Vaterland verwüstet.




das Verdienst, viele und genaue Nachrichten über die revolutionären Bewegungen
in unserer Provinz zu dringen. Auch sie erzählt von Ergreifungen und nennt
eine Reihe von Edelleuten und anderen hervorragenden Personen. Nach ihr
ist auch der steckbrieflich verfolgte Gutsbesitzer v. Mieroslawski, nicht Ludwig,
verhaftet worden; auch Herr v. Seydewitz, der sich für einen Offizier der
päpstlichen Armee ausgibt, ist.in preußische Hände gefallen. Ich kenne einen
Herrn Paul v. Seydewitz, ein preußisches Landestind; er durchzog 1848 als
Studiosus von Berlin aus einige Orte, um für Schleswig zu werben und zu
sammeln. Bald jedoch war seine und seiner Erwerbungen Spur verloren;
später tauchte er in Paris als „politischer Flüchtling" auf. Ob er nachher
seinem Freiheitsdrang unter Lamoriciöre nachgegangen sei, um nun hier in der
Nähe seiner Vaterstadt Jastrow ein Ende zu finden, weiß ich nicht. An dem
jetzt Gefangenen lobten die Polen eine gewisse Bravour.

Uebngens hier nichts Neues von Wichtigkeit. In Posen haben Arbeiter
einen Kanonier von der 4. Fcstungscompagnie des Artillerieregiments Ur. 6 arg
malträtirt; wie es scheint desto ernster, je weniger Anlaß sie hatten. Einige
unerschrockene Soldaten sind decorirt worden, so der Ulanenlieutcuant v. Wiese,
der vor einigen Wochen in Taczanowskis Lager geritten war, um zwei Mann
aus seinem Zuge, die in dessen Hände gefallen waren, zu reclamiren und sie
auch wirklich wieder brachte; ebenso Sergeant Meyer und seine drei Gefährten,
welche den „Obersten Ganier d'Abin" bei Czcsle so in Schrecken zu setzen
wußten, daß er beschloß, sich nicht xour 1e roi no ?ruW6 zu opfern. Es
wirft in der That ein eigen Licht auf die Umsicht der deutschen Zeitungen,
daß eine derselben gestern einen neuen Sieg dieses Burschen meldet, der schon
lange in Paris wieder daT Falzbein führt.

Es wird eben weiter getäuscht und von mancher Kanzel herab weiter gehetzt,
während die Dinge für die Polen immer hoffnungsloser werden. In Polen die
Neigung einer nicht zu verachtenden Adelspartei zum Kaiser, in Paris ein Sieg
der Partei Microslawskis über die der hohen Aristokratie, in Preußen die vo¬
rige Woche geschehene Verhaftung eines Prinzen v. Czartoryski in Schlesien.
Es ist-eine reizende Besitzung, dicht vor Schmiedeberg, wenn sie von Erdmanns¬
dorf her kommen, rechts, das Schloß Rudberg, wo man dies Glied der weit¬
verbreiteten Familie so unangenehm aus seinem Frieden aufgestört hat. Die
Schmiedeberger Czartoryskis hatten sich sonst von den Agitationen, denen sich
die pariser Familie überließ, fern gehalten; aber der Reiz muß zu mächtig sein.
Denken Sie doch an den Prinzen Konstantin. Wir kannten ihn in Wien als
Vicepräsidenten des Kunstvereins, als Mitbegründer der deutschen Schiller¬
stiftung, als Herausgeber der kritisch-dramatisch-musikalischen Zeitschrift „Re¬
censionen", und jetzt dient der Arme als Agent in Schweden einer Revolution,
die seinem Hause keine Krone eintragen wird, und die sein Vaterland verwüstet.




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[0369] das Verdienst, viele und genaue Nachrichten über die revolutionären Bewegungen in unserer Provinz zu dringen. Auch sie erzählt von Ergreifungen und nennt eine Reihe von Edelleuten und anderen hervorragenden Personen. Nach ihr ist auch der steckbrieflich verfolgte Gutsbesitzer v. Mieroslawski, nicht Ludwig, verhaftet worden; auch Herr v. Seydewitz, der sich für einen Offizier der päpstlichen Armee ausgibt, ist.in preußische Hände gefallen. Ich kenne einen Herrn Paul v. Seydewitz, ein preußisches Landestind; er durchzog 1848 als Studiosus von Berlin aus einige Orte, um für Schleswig zu werben und zu sammeln. Bald jedoch war seine und seiner Erwerbungen Spur verloren; später tauchte er in Paris als „politischer Flüchtling" auf. Ob er nachher seinem Freiheitsdrang unter Lamoriciöre nachgegangen sei, um nun hier in der Nähe seiner Vaterstadt Jastrow ein Ende zu finden, weiß ich nicht. An dem jetzt Gefangenen lobten die Polen eine gewisse Bravour. Uebngens hier nichts Neues von Wichtigkeit. In Posen haben Arbeiter einen Kanonier von der 4. Fcstungscompagnie des Artillerieregiments Ur. 6 arg malträtirt; wie es scheint desto ernster, je weniger Anlaß sie hatten. Einige unerschrockene Soldaten sind decorirt worden, so der Ulanenlieutcuant v. Wiese, der vor einigen Wochen in Taczanowskis Lager geritten war, um zwei Mann aus seinem Zuge, die in dessen Hände gefallen waren, zu reclamiren und sie auch wirklich wieder brachte; ebenso Sergeant Meyer und seine drei Gefährten, welche den „Obersten Ganier d'Abin" bei Czcsle so in Schrecken zu setzen wußten, daß er beschloß, sich nicht xour 1e roi no ?ruW6 zu opfern. Es wirft in der That ein eigen Licht auf die Umsicht der deutschen Zeitungen, daß eine derselben gestern einen neuen Sieg dieses Burschen meldet, der schon lange in Paris wieder daT Falzbein führt. Es wird eben weiter getäuscht und von mancher Kanzel herab weiter gehetzt, während die Dinge für die Polen immer hoffnungsloser werden. In Polen die Neigung einer nicht zu verachtenden Adelspartei zum Kaiser, in Paris ein Sieg der Partei Microslawskis über die der hohen Aristokratie, in Preußen die vo¬ rige Woche geschehene Verhaftung eines Prinzen v. Czartoryski in Schlesien. Es ist-eine reizende Besitzung, dicht vor Schmiedeberg, wenn sie von Erdmanns¬ dorf her kommen, rechts, das Schloß Rudberg, wo man dies Glied der weit¬ verbreiteten Familie so unangenehm aus seinem Frieden aufgestört hat. Die Schmiedeberger Czartoryskis hatten sich sonst von den Agitationen, denen sich die pariser Familie überließ, fern gehalten; aber der Reiz muß zu mächtig sein. Denken Sie doch an den Prinzen Konstantin. Wir kannten ihn in Wien als Vicepräsidenten des Kunstvereins, als Mitbegründer der deutschen Schiller¬ stiftung, als Herausgeber der kritisch-dramatisch-musikalischen Zeitschrift „Re¬ censionen", und jetzt dient der Arme als Agent in Schweden einer Revolution, die seinem Hause keine Krone eintragen wird, und die sein Vaterland verwüstet.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 22, 1863, II. Semester. III. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341797_115393/369>, abgerufen am 22.12.2024.