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Die Grenzboten. Jg. 22, 1863, II. Semester. III. Band.

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weh dem rohern Erzeugnisse der benachbarten Stämme im Osten vorgezogen
werden.

Sehr ähnlich sind die Verhältnisse in dem benachbarten Uganda, nament¬
lich findet auch hier eine Scheidung des Volkes in Edle und Gemeine oder
Hörige statt. Der König wohnt in Kibuga, einem sehr ausgedehnten Orte.
Sein Palast ist ebenfalls sehr geräumig. Die runden Hütten desselben, zu
denen eine große Empfangshalle gehört, sind mit einem starken Zaun ein¬
gefaßt, der mir vier Eingänge hat. Das Harem zählt dreitausend Frauen,
Sklavinnen und Kinder und wird streng bewacht; bei Todesstrafe darf Niemand
über jenen Empfangssaal hinaus in den Palast eindringen. Das Heer von
Uganda ist zahlreich, jeder Krieger führt eine Lanze, zwei Wurfspieße, einen
langen Dolch und einen Schild; Schwert und Bogen sind nicht in Gebrauch.
Während des Gefechts werden Trommeln gerührt, wenn diese schweigen, ergreift
Alles die Flucht. Fast unaufhörlich führt der König Krieg mit seine" Nach¬
barn, und in Ermangelung auswärtiger Feinde greift er, um seinen Schatz
zu füllen, unter irgendeinem Vorwande eine seiner eigenen Provinzen an,
läßt die Vorsteher umbringen und verkauft die Bauern. Der Vorgänger des
jetzigen Königs. Suma, war el" wilder Tyrann, unter dem Hinrichtungen an
der Tagesordnung waren, und der sich bisweilen das Vergnügen "rächte, seine
Menagerie von Löwen. Leoparde" und ander" Thieren mit Verbrechern zu füt¬
tern. Er führte die Ehrennamen Purgvma (Löwe) und Labare (der Gro߬
mächtige) und verlangte von seinen Unterthanen göttliche Verehrung. Sein
Haupt hatte er derartig geschoren, daß er nur einen schmalen Haarstreifen von
der Mitte der Stirn bis zum Nacken stehen ließ, der wie ein Hahnenkamm
aussah und mit Perlen und Porzcilantugcln durchflochten war -- eine Haar-
tour, welche Monopol der Herrscherfamilie ist. Nie erschien Sura öffentlich
ohne einen Speer in der Hand. Auf der Schulter trug er ein Stück Baunr-
wvllcnzeug, die Kleider, welche die arabischen Händler ihm schenkten, gab er
seinen Frauen. Nur letztere durften mit Zwirn nähen, das übrige Volk "rußte
sich mit Pisangfaser" begnüge". Auch war jedem gemeinen Manne verboten, sich
rin Baumwollenstoffen zu bekleide". Su"a herrschte bis '1857. Als er einst nach
Landessitte auf dem Rücken eines seiner Räthe spazieren ritt, wurde er von einem
Specrträger ermordet. Er hinterließ mehr als hundert Söhne, die alle von früher
Jugend an eingesperrt und mit eisernen Halsbändern und Kette" derartig an
Pfähle befestigt waren, daß sie niemals sitzen konnten. Der Kronprinz wurde
aus dem Kerker auf den Thron gehoben; seine Brüder blieben im Gefängnisse.

Unter den Beamten des Despoten vo" Uganda nimmt der Kimaro Weiona.
"der alle Dinge fertig macht", die erste Stelle ein. Unter ihm stehen die Ka-
bala. die Vorstände der Dörfer, auch ordnet er die Angelegenheiten der Haupt¬
stadt bis aus die Rechtspflege, welche der Sultan selbst nach altem Herkommen


weh dem rohern Erzeugnisse der benachbarten Stämme im Osten vorgezogen
werden.

Sehr ähnlich sind die Verhältnisse in dem benachbarten Uganda, nament¬
lich findet auch hier eine Scheidung des Volkes in Edle und Gemeine oder
Hörige statt. Der König wohnt in Kibuga, einem sehr ausgedehnten Orte.
Sein Palast ist ebenfalls sehr geräumig. Die runden Hütten desselben, zu
denen eine große Empfangshalle gehört, sind mit einem starken Zaun ein¬
gefaßt, der mir vier Eingänge hat. Das Harem zählt dreitausend Frauen,
Sklavinnen und Kinder und wird streng bewacht; bei Todesstrafe darf Niemand
über jenen Empfangssaal hinaus in den Palast eindringen. Das Heer von
Uganda ist zahlreich, jeder Krieger führt eine Lanze, zwei Wurfspieße, einen
langen Dolch und einen Schild; Schwert und Bogen sind nicht in Gebrauch.
Während des Gefechts werden Trommeln gerührt, wenn diese schweigen, ergreift
Alles die Flucht. Fast unaufhörlich führt der König Krieg mit seine» Nach¬
barn, und in Ermangelung auswärtiger Feinde greift er, um seinen Schatz
zu füllen, unter irgendeinem Vorwande eine seiner eigenen Provinzen an,
läßt die Vorsteher umbringen und verkauft die Bauern. Der Vorgänger des
jetzigen Königs. Suma, war el» wilder Tyrann, unter dem Hinrichtungen an
der Tagesordnung waren, und der sich bisweilen das Vergnügen »rächte, seine
Menagerie von Löwen. Leoparde» und ander» Thieren mit Verbrechern zu füt¬
tern. Er führte die Ehrennamen Purgvma (Löwe) und Labare (der Gro߬
mächtige) und verlangte von seinen Unterthanen göttliche Verehrung. Sein
Haupt hatte er derartig geschoren, daß er nur einen schmalen Haarstreifen von
der Mitte der Stirn bis zum Nacken stehen ließ, der wie ein Hahnenkamm
aussah und mit Perlen und Porzcilantugcln durchflochten war — eine Haar-
tour, welche Monopol der Herrscherfamilie ist. Nie erschien Sura öffentlich
ohne einen Speer in der Hand. Auf der Schulter trug er ein Stück Baunr-
wvllcnzeug, die Kleider, welche die arabischen Händler ihm schenkten, gab er
seinen Frauen. Nur letztere durften mit Zwirn nähen, das übrige Volk »rußte
sich mit Pisangfaser» begnüge». Auch war jedem gemeinen Manne verboten, sich
rin Baumwollenstoffen zu bekleide». Su»a herrschte bis '1857. Als er einst nach
Landessitte auf dem Rücken eines seiner Räthe spazieren ritt, wurde er von einem
Specrträger ermordet. Er hinterließ mehr als hundert Söhne, die alle von früher
Jugend an eingesperrt und mit eisernen Halsbändern und Kette» derartig an
Pfähle befestigt waren, daß sie niemals sitzen konnten. Der Kronprinz wurde
aus dem Kerker auf den Thron gehoben; seine Brüder blieben im Gefängnisse.

Unter den Beamten des Despoten vo» Uganda nimmt der Kimaro Weiona.
„der alle Dinge fertig macht", die erste Stelle ein. Unter ihm stehen die Ka-
bala. die Vorstände der Dörfer, auch ordnet er die Angelegenheiten der Haupt¬
stadt bis aus die Rechtspflege, welche der Sultan selbst nach altem Herkommen


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[0234] weh dem rohern Erzeugnisse der benachbarten Stämme im Osten vorgezogen werden. Sehr ähnlich sind die Verhältnisse in dem benachbarten Uganda, nament¬ lich findet auch hier eine Scheidung des Volkes in Edle und Gemeine oder Hörige statt. Der König wohnt in Kibuga, einem sehr ausgedehnten Orte. Sein Palast ist ebenfalls sehr geräumig. Die runden Hütten desselben, zu denen eine große Empfangshalle gehört, sind mit einem starken Zaun ein¬ gefaßt, der mir vier Eingänge hat. Das Harem zählt dreitausend Frauen, Sklavinnen und Kinder und wird streng bewacht; bei Todesstrafe darf Niemand über jenen Empfangssaal hinaus in den Palast eindringen. Das Heer von Uganda ist zahlreich, jeder Krieger führt eine Lanze, zwei Wurfspieße, einen langen Dolch und einen Schild; Schwert und Bogen sind nicht in Gebrauch. Während des Gefechts werden Trommeln gerührt, wenn diese schweigen, ergreift Alles die Flucht. Fast unaufhörlich führt der König Krieg mit seine» Nach¬ barn, und in Ermangelung auswärtiger Feinde greift er, um seinen Schatz zu füllen, unter irgendeinem Vorwande eine seiner eigenen Provinzen an, läßt die Vorsteher umbringen und verkauft die Bauern. Der Vorgänger des jetzigen Königs. Suma, war el» wilder Tyrann, unter dem Hinrichtungen an der Tagesordnung waren, und der sich bisweilen das Vergnügen »rächte, seine Menagerie von Löwen. Leoparde» und ander» Thieren mit Verbrechern zu füt¬ tern. Er führte die Ehrennamen Purgvma (Löwe) und Labare (der Gro߬ mächtige) und verlangte von seinen Unterthanen göttliche Verehrung. Sein Haupt hatte er derartig geschoren, daß er nur einen schmalen Haarstreifen von der Mitte der Stirn bis zum Nacken stehen ließ, der wie ein Hahnenkamm aussah und mit Perlen und Porzcilantugcln durchflochten war — eine Haar- tour, welche Monopol der Herrscherfamilie ist. Nie erschien Sura öffentlich ohne einen Speer in der Hand. Auf der Schulter trug er ein Stück Baunr- wvllcnzeug, die Kleider, welche die arabischen Händler ihm schenkten, gab er seinen Frauen. Nur letztere durften mit Zwirn nähen, das übrige Volk »rußte sich mit Pisangfaser» begnüge». Auch war jedem gemeinen Manne verboten, sich rin Baumwollenstoffen zu bekleide». Su»a herrschte bis '1857. Als er einst nach Landessitte auf dem Rücken eines seiner Räthe spazieren ritt, wurde er von einem Specrträger ermordet. Er hinterließ mehr als hundert Söhne, die alle von früher Jugend an eingesperrt und mit eisernen Halsbändern und Kette» derartig an Pfähle befestigt waren, daß sie niemals sitzen konnten. Der Kronprinz wurde aus dem Kerker auf den Thron gehoben; seine Brüder blieben im Gefängnisse. Unter den Beamten des Despoten vo» Uganda nimmt der Kimaro Weiona. „der alle Dinge fertig macht", die erste Stelle ein. Unter ihm stehen die Ka- bala. die Vorstände der Dörfer, auch ordnet er die Angelegenheiten der Haupt¬ stadt bis aus die Rechtspflege, welche der Sultan selbst nach altem Herkommen

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 22, 1863, II. Semester. III. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341797_115393/234>, abgerufen am 28.07.2024.