Die Grenzboten. Jg. 22, 1863, II. Semester. III. Band.oder richtiger: Patrone und Clienten. Jene nennen sich Wahuma, diese Wa- Der Mkama (Sultan oder König) hat' seine Residenz in dem centralen Armcmika hat blos einen Minister, der den Titel Muhinda führt und Ob¬ Grenzboten III. 1863. 29
oder richtiger: Patrone und Clienten. Jene nennen sich Wahuma, diese Wa- Der Mkama (Sultan oder König) hat' seine Residenz in dem centralen Armcmika hat blos einen Minister, der den Titel Muhinda führt und Ob¬ Grenzboten III. 1863. 29
<TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0233" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/115623"/> <p xml:id="ID_633" prev="#ID_632"> oder richtiger: Patrone und Clienten. Jene nennen sich Wahuma, diese Wa-<lb/> nyambo. Die Wahuma sind die Adligen und zugleich die Reichen, indem unter<lb/> ihnen Leute sind, die bis zu tausend Stück Hornvieh besitzen. Die Wanyambo,<lb/> welche sich ihrer Stellung in der Gesellschaft nach mit den Tigre des Bogos-<lb/> landes vergleichen lassen, werden von jener vornehmern Classe fast wie Sklaven<lb/> behandelt. Man genießt viel thierische Nahrung, besonders Milch. Die Krie¬<lb/> ger erhalten ihren Sold in letzterer, indem der König den Einzelnen Kühe zu<lb/> zeitweiliger Benutzung überläßt. Indeß treibt man auch Ackerbau. Nachdem<lb/> der Boden sorgfältig mit Hacken umgewühlt ist, bestellt man ihn mit Durrah,<lb/> Mais und Hülsenfrüchten. Aus Durrah bereitet man Pombe, eine Art Bier,<lb/> aus den Früchten des Pisang, der hier sehr häusig ist, den Mawawcin. Das<lb/> Kaffeetrinken ist unbekannt, doch kaut man eine kleine wilde Kaffeebohne, die<lb/> in unreifem Zustande gepflückt wird, wie bei uns Tabak, in Indien Betel ge¬<lb/> kaut wird. Die Männer trinken nur frische, die Frauen nur saure Milch.<lb/> Die letzteren werden mit Milchbrei förmlich gemästet, da übermäßige Körper¬<lb/> fülle für schön gilt. Jedermann trägt einen Schurz von Baumfascrzeug um<lb/> die Hüften, der mit Fransen verziert ist, und auf dem Kopfe eine Binde, die<lb/> aus den auf Fäden gereihten rothen Samenkörnern der Abruspslanze besteht.<lb/> Allerlei Schmuck von Glasperlen und Armbändern ist beliebt. Die Hütten<lb/> sind rund, ihre Dächer von Stroh und von kegelförmiger Gestalt. Die Dörfer<lb/> liegen stets auf Hügeln. Zu träg, um Bäume zu fällen, benutzt man den<lb/> Dünger der Kühe als Feuerung.</p><lb/> <p xml:id="ID_634"> Der Mkama (Sultan oder König) hat' seine Residenz in dem centralen<lb/> Bezirk Wcranhandscha, und sein Dorf, in welchem nur Mitglieder seiner Fa¬<lb/> milie wohnen dürfen, besteht aus etwa fünfzig Hütten. Der jetzige Beherrscher<lb/> des Landes, Armanita, ist ein Mann von ungefähr vierzig Jahren. Er hat<lb/> eine ganze Sammlung hübscher Gewänder, zieht es aber vor, sür gewöhnlich<lb/> nur den landesüblichen Schurz aus Baumfaserstoff zu tragen. Nie trinkt er<lb/> Pombe oder Mawawcin, auch begnügt er sich mit einem für einen afrikanischen<lb/> Häuptling sehr kleinen Harem. Er hat nur ein Dutzend Frauen.</p><lb/> <p xml:id="ID_635" next="#ID_636"> Armcmika hat blos einen Minister, der den Titel Muhinda führt und Ob¬<lb/> mann über die Wakundu, d. h. über die Dorfältesten und Häuptlinge ist. welche<lb/> allmonatlich dem König die Abgaben an Sklaven, Elfenbein und Rindern,<lb/> sowie an verschiedenen Lebensmitteln einzuliefern haben. Der König gebietet<lb/> unumschränkt, die Thronfolge geschieht nach Erbrecht. Die Gesetze sind streng.<lb/> Ehebrecher müssen schwere Buße in Vieh zahlen, Mörder werden gespießt und<lb/> nachträglich geköpft, Aufrührern und Dieben dreht man die Augen aus. Nie¬<lb/> mand darf Leuten, welche Bohnen und Salz genießen, Milch verkaufen, weil<lb/> dadurch die Kühe behext werden. Das Land hat viel Eisen, welches die Ein¬<lb/> wohner einigermaßen zu Härten verstehen, weshalb die Speere von Karag-</p><lb/> <fw type="sig" place="bottom"> Grenzboten III. 1863. 29</fw><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0233]
oder richtiger: Patrone und Clienten. Jene nennen sich Wahuma, diese Wa-
nyambo. Die Wahuma sind die Adligen und zugleich die Reichen, indem unter
ihnen Leute sind, die bis zu tausend Stück Hornvieh besitzen. Die Wanyambo,
welche sich ihrer Stellung in der Gesellschaft nach mit den Tigre des Bogos-
landes vergleichen lassen, werden von jener vornehmern Classe fast wie Sklaven
behandelt. Man genießt viel thierische Nahrung, besonders Milch. Die Krie¬
ger erhalten ihren Sold in letzterer, indem der König den Einzelnen Kühe zu
zeitweiliger Benutzung überläßt. Indeß treibt man auch Ackerbau. Nachdem
der Boden sorgfältig mit Hacken umgewühlt ist, bestellt man ihn mit Durrah,
Mais und Hülsenfrüchten. Aus Durrah bereitet man Pombe, eine Art Bier,
aus den Früchten des Pisang, der hier sehr häusig ist, den Mawawcin. Das
Kaffeetrinken ist unbekannt, doch kaut man eine kleine wilde Kaffeebohne, die
in unreifem Zustande gepflückt wird, wie bei uns Tabak, in Indien Betel ge¬
kaut wird. Die Männer trinken nur frische, die Frauen nur saure Milch.
Die letzteren werden mit Milchbrei förmlich gemästet, da übermäßige Körper¬
fülle für schön gilt. Jedermann trägt einen Schurz von Baumfascrzeug um
die Hüften, der mit Fransen verziert ist, und auf dem Kopfe eine Binde, die
aus den auf Fäden gereihten rothen Samenkörnern der Abruspslanze besteht.
Allerlei Schmuck von Glasperlen und Armbändern ist beliebt. Die Hütten
sind rund, ihre Dächer von Stroh und von kegelförmiger Gestalt. Die Dörfer
liegen stets auf Hügeln. Zu träg, um Bäume zu fällen, benutzt man den
Dünger der Kühe als Feuerung.
Der Mkama (Sultan oder König) hat' seine Residenz in dem centralen
Bezirk Wcranhandscha, und sein Dorf, in welchem nur Mitglieder seiner Fa¬
milie wohnen dürfen, besteht aus etwa fünfzig Hütten. Der jetzige Beherrscher
des Landes, Armanita, ist ein Mann von ungefähr vierzig Jahren. Er hat
eine ganze Sammlung hübscher Gewänder, zieht es aber vor, sür gewöhnlich
nur den landesüblichen Schurz aus Baumfaserstoff zu tragen. Nie trinkt er
Pombe oder Mawawcin, auch begnügt er sich mit einem für einen afrikanischen
Häuptling sehr kleinen Harem. Er hat nur ein Dutzend Frauen.
Armcmika hat blos einen Minister, der den Titel Muhinda führt und Ob¬
mann über die Wakundu, d. h. über die Dorfältesten und Häuptlinge ist. welche
allmonatlich dem König die Abgaben an Sklaven, Elfenbein und Rindern,
sowie an verschiedenen Lebensmitteln einzuliefern haben. Der König gebietet
unumschränkt, die Thronfolge geschieht nach Erbrecht. Die Gesetze sind streng.
Ehebrecher müssen schwere Buße in Vieh zahlen, Mörder werden gespießt und
nachträglich geköpft, Aufrührern und Dieben dreht man die Augen aus. Nie¬
mand darf Leuten, welche Bohnen und Salz genießen, Milch verkaufen, weil
dadurch die Kühe behext werden. Das Land hat viel Eisen, welches die Ein¬
wohner einigermaßen zu Härten verstehen, weshalb die Speere von Karag-
Grenzboten III. 1863. 29
Informationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.
Weitere Informationen:Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur. Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja; Nachkorrektur erfolgte automatisch.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |