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Die Grenzboten. Jg. 22, 1863, II. Semester. III. Band.

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nach Kairo und machte es den Herren so bequem, als die Umstände erlaubten.
Dann nahm er Abschied, um nach Südwesten aufzubrechen und dort den wie¬
derholt erwähnten See Luta Nzige zu untersuchen, wo es noch wichtige Pro¬
bleme zu lösen gilt. Ueber das Verhältniß des Nil nämlich zu jenem nach
Speke etwa 120 englische Meilen vom Nyanza oder Ukerewe gelegenen See, der
nach Spekcs Angabe dem Nil einen Theil seines Wassers zusendet, bleiben wir
vorläufig noch gänzlich in Ungewißheit, und so kann Baker sich mit seinem Unter¬
nehmen nicht geringe Verdienste erwerben. Aber nicht blos von diesem nord¬
westlich vom Nyanza befindlichen Wasserbecken, sondern auch von einem andern,
und zwar ostwärts gelegenen See Baringo hörte Speke, daß er in enger Ver¬
bindung mit dem Nil stehe. Luta Nzige ist den Geographen ein neuer Name,
Baringo dagegen ein in Krapfs Mittheilungen über Ostafrika wiederholt genannter.
Dieser See, welcher der Schneekuppe Kenia benachbart und wenigstens zum
Theil von ihr gespeist zu sein scheint, und der Spekcs Erkundigungen zufolge
weit bedeutender sein muß, als man nach Krapfs Karte bisher glaubte, i^soll
nach der Meinung Spekes nicht allein den obengenannten Asaa speisen, der ihm
nach Norden oder Nordwesten entfließt, sondern auch durch einen schmalen west¬
lichen Nebenarm mit dem Nyanza in directer Vclbiudung stehen. Letztere An¬
nahme glaubt Barth als ziemlich sicher ansehen zu müssen, wogegen er die
erstere, daß nämlich der Asaa der Nordabfluß des Baringo sei, vorläufig noch
bezweifeln will. "Aus dem Ukerewe," sagt er im 6. Heft des 14. Bandes
der "Zeitschrift für allgemeine Erdkunde" (Berlin, Reimer) "kommt dieser Fluß
gewiß nicht," dagegen hat es "große Wahrscheinlichkeit, daß es der Baringo
und die zuströmenden Bäche sind, die den Ukerewe speisen,!, und daß wir dies
als die entlegenste Hauptquelle des Nil zu bezeichnen hätten." Endlich ist hierzu
noch zu bemerken, daß der Nyanza nur insofern als Quelle des Nil gelten kann,
als der Zara-See in Habesch die Quelle des Blauen Nil ist.

Mangelt nach dem Gesagten noch das Eine und das Andre an unsrer
Kenntniß des Ursprungs des großen ostafrikanischen Stromes, so sind wir, nach¬
dem einmal das Becken bestimmt ist, aus welchem er abfließt, jedenfalls in den
Stand gesetzt, über die regelmäßige Penodicität seines Anschwellens in Aegyp-
ten genauer zu speculiren, als bisher. Jetzt wird dasselbe nicht mehr dem
Schmelzen des Schnees auf den hohen Gebirgen, sondern dem Fall "der Ae-
quatorialregen im Innern zugeschrieben, durch welche die am höchsten gelegenen
schwammigen Becken im Gebirge gefüllt werden. Sind diese dann übersättigt,
so fließen sie ab und füllen die Seen. Die Periodicität wird bestimmt von dem
Durchgang der Sonne durch den Aequator.

Abgesehen nun von der wahren Quelle des Weißen Nil sind durch Spekes
und Granes Entdeckungen folgende Wahrheiten festgestellt worden:

1) Das innere Afrika ist, wie im Westen, über den Barth, und im Süden,


nach Kairo und machte es den Herren so bequem, als die Umstände erlaubten.
Dann nahm er Abschied, um nach Südwesten aufzubrechen und dort den wie¬
derholt erwähnten See Luta Nzige zu untersuchen, wo es noch wichtige Pro¬
bleme zu lösen gilt. Ueber das Verhältniß des Nil nämlich zu jenem nach
Speke etwa 120 englische Meilen vom Nyanza oder Ukerewe gelegenen See, der
nach Spekcs Angabe dem Nil einen Theil seines Wassers zusendet, bleiben wir
vorläufig noch gänzlich in Ungewißheit, und so kann Baker sich mit seinem Unter¬
nehmen nicht geringe Verdienste erwerben. Aber nicht blos von diesem nord¬
westlich vom Nyanza befindlichen Wasserbecken, sondern auch von einem andern,
und zwar ostwärts gelegenen See Baringo hörte Speke, daß er in enger Ver¬
bindung mit dem Nil stehe. Luta Nzige ist den Geographen ein neuer Name,
Baringo dagegen ein in Krapfs Mittheilungen über Ostafrika wiederholt genannter.
Dieser See, welcher der Schneekuppe Kenia benachbart und wenigstens zum
Theil von ihr gespeist zu sein scheint, und der Spekcs Erkundigungen zufolge
weit bedeutender sein muß, als man nach Krapfs Karte bisher glaubte, i^soll
nach der Meinung Spekes nicht allein den obengenannten Asaa speisen, der ihm
nach Norden oder Nordwesten entfließt, sondern auch durch einen schmalen west¬
lichen Nebenarm mit dem Nyanza in directer Vclbiudung stehen. Letztere An¬
nahme glaubt Barth als ziemlich sicher ansehen zu müssen, wogegen er die
erstere, daß nämlich der Asaa der Nordabfluß des Baringo sei, vorläufig noch
bezweifeln will. „Aus dem Ukerewe," sagt er im 6. Heft des 14. Bandes
der „Zeitschrift für allgemeine Erdkunde" (Berlin, Reimer) „kommt dieser Fluß
gewiß nicht," dagegen hat es „große Wahrscheinlichkeit, daß es der Baringo
und die zuströmenden Bäche sind, die den Ukerewe speisen,!, und daß wir dies
als die entlegenste Hauptquelle des Nil zu bezeichnen hätten." Endlich ist hierzu
noch zu bemerken, daß der Nyanza nur insofern als Quelle des Nil gelten kann,
als der Zara-See in Habesch die Quelle des Blauen Nil ist.

Mangelt nach dem Gesagten noch das Eine und das Andre an unsrer
Kenntniß des Ursprungs des großen ostafrikanischen Stromes, so sind wir, nach¬
dem einmal das Becken bestimmt ist, aus welchem er abfließt, jedenfalls in den
Stand gesetzt, über die regelmäßige Penodicität seines Anschwellens in Aegyp-
ten genauer zu speculiren, als bisher. Jetzt wird dasselbe nicht mehr dem
Schmelzen des Schnees auf den hohen Gebirgen, sondern dem Fall "der Ae-
quatorialregen im Innern zugeschrieben, durch welche die am höchsten gelegenen
schwammigen Becken im Gebirge gefüllt werden. Sind diese dann übersättigt,
so fließen sie ab und füllen die Seen. Die Periodicität wird bestimmt von dem
Durchgang der Sonne durch den Aequator.

Abgesehen nun von der wahren Quelle des Weißen Nil sind durch Spekes
und Granes Entdeckungen folgende Wahrheiten festgestellt worden:

1) Das innere Afrika ist, wie im Westen, über den Barth, und im Süden,


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 22, 1863, II. Semester. III. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341797_115393/231>, abgerufen am 22.12.2024.