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Die Grenzboten. Jg. 22, 1863, II. Semester. III. Band.

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zeigten guten Geschmack, die Leute selbst verriethen einen aufgeweckten Geist
und gefällige Manieren. Ihr König Mtesa, ein freundlicher junger Herr, der
von einem zahlreichen Harem umgeben und ein großer Jagdfreund ist, benahm
sich gegen Speke und dessen Begleiter mit Güte; doch wurden die Reisenden
auf allen ihren Schritten sorgfältig überwacht und nicht weniger als fünf Mo¬
nate an der Fortsetzung ihres Weges nach Norden gehindert. König Mtesa
wußte sehr wohl, daß weiße Leute den Nil bis Gondokoro befahren und hatte
bisweilen selbst von diesen herrührende Waaren bekommen. Lebhaft wünschte er
eine Handelsstraße nach jener Handelsstation, indeß versperrten die Stämme nörd¬
lich von seinem Reiche den Weg dahin. Die Regierungsform in Uganda ist despo¬
tisch, eine Hofsitte verlangt zu Nutz und Frommen des Staates, daß alle Tage ein
Mensch hingerichtet werde. Uganda liegt ebenfalls an den Gestaden des Nyanza
und nimmt sowohl die nördliche wie die westliche Küstcnlandschaft etwa zur Hälfte
ein. Seine Ostgrenze wird von dem Hauptarme des Nil bezeichnet, welcher
etwa in der Mitte des Nordusers als Strom von ungefähr 400 Fuß Breite
aus dem See tritt und dann einen Wasserfall bildet.

Der Nyanza ist ein Wasserbecken, welches, von mehren Flüssen und kleinern
Landseen gespeist, eine Länge von ungefähr dreißig deutschen Meilen hat,
etwa ebenso breit ist und mit seinem nördlichen Ufer beinahe mit dem Aequa-
tor zusammenfällt. Er scheint keine beträchtliche Tiefe zu haben. Außer dem
genannten Hauptabfluß hat derselbe, und zwar ebenfalls im Norden, noch zahl¬
reiche andere Abflüsse, welche sich aber alle gleich jenen, wenn auch theilweise
in weiter Entfernung in den Nil ergießen. Endlich brachten die Reisenden in
Erfahrung, daß dieser Strom auch aus zwei andern Seen Zuflüsse von Be¬
deutung erhält.

Die genauere Beschreibung des Nyanza und der Quellflüsse des Nil ent¬
nehmen wir dem Bericht, welchen Kapitän Speke am 22. Juni der k. briti¬
schen geographischen Gesellschaft zu London mündlich erstattete.

Der genannte See liegt auf dem 3. und 2. Grad s. B.. und von diesem
Punkt bis zur Mündung^des Nil auf dem 31. Graden. Breite sind es circa
3000 englische Meilen, was etwa dem zehnten Theil des Umfangs der Erde
gleichkommt. Der Nyanza befindet sich ferner 3ö00 Fuß über dem Meeres¬
spiegel. Seine reichste Speisung kommt ihm im Westen und Norden von Ka-
ragweh durch den Kitangule, welcher Fluß dem benachbarten See Luero lo
Urigi und vielen andern kleinen Wasserbecken ihren Inhalt entzieht. Im Ver¬
gleich mit dem Nyanza sind letztere bloße Lachen, der Kitangule aber ist ein
stolzer Fluß mit tiefeingeschnittnem Bette und einer Breite von 240 Fuß.
Jene kleinern Wasserbehälter haben sich dadurch gebildet, daß das Mondgebirge,
wo Speke im Jahre 1862 an nicht weniger als 233 Tagen mehr oder minder
starke Regengüsse beobachtete, den Vertiefungen seinen Uebelfluß an Wasser zu-


zeigten guten Geschmack, die Leute selbst verriethen einen aufgeweckten Geist
und gefällige Manieren. Ihr König Mtesa, ein freundlicher junger Herr, der
von einem zahlreichen Harem umgeben und ein großer Jagdfreund ist, benahm
sich gegen Speke und dessen Begleiter mit Güte; doch wurden die Reisenden
auf allen ihren Schritten sorgfältig überwacht und nicht weniger als fünf Mo¬
nate an der Fortsetzung ihres Weges nach Norden gehindert. König Mtesa
wußte sehr wohl, daß weiße Leute den Nil bis Gondokoro befahren und hatte
bisweilen selbst von diesen herrührende Waaren bekommen. Lebhaft wünschte er
eine Handelsstraße nach jener Handelsstation, indeß versperrten die Stämme nörd¬
lich von seinem Reiche den Weg dahin. Die Regierungsform in Uganda ist despo¬
tisch, eine Hofsitte verlangt zu Nutz und Frommen des Staates, daß alle Tage ein
Mensch hingerichtet werde. Uganda liegt ebenfalls an den Gestaden des Nyanza
und nimmt sowohl die nördliche wie die westliche Küstcnlandschaft etwa zur Hälfte
ein. Seine Ostgrenze wird von dem Hauptarme des Nil bezeichnet, welcher
etwa in der Mitte des Nordusers als Strom von ungefähr 400 Fuß Breite
aus dem See tritt und dann einen Wasserfall bildet.

Der Nyanza ist ein Wasserbecken, welches, von mehren Flüssen und kleinern
Landseen gespeist, eine Länge von ungefähr dreißig deutschen Meilen hat,
etwa ebenso breit ist und mit seinem nördlichen Ufer beinahe mit dem Aequa-
tor zusammenfällt. Er scheint keine beträchtliche Tiefe zu haben. Außer dem
genannten Hauptabfluß hat derselbe, und zwar ebenfalls im Norden, noch zahl¬
reiche andere Abflüsse, welche sich aber alle gleich jenen, wenn auch theilweise
in weiter Entfernung in den Nil ergießen. Endlich brachten die Reisenden in
Erfahrung, daß dieser Strom auch aus zwei andern Seen Zuflüsse von Be¬
deutung erhält.

Die genauere Beschreibung des Nyanza und der Quellflüsse des Nil ent¬
nehmen wir dem Bericht, welchen Kapitän Speke am 22. Juni der k. briti¬
schen geographischen Gesellschaft zu London mündlich erstattete.

Der genannte See liegt auf dem 3. und 2. Grad s. B.. und von diesem
Punkt bis zur Mündung^des Nil auf dem 31. Graden. Breite sind es circa
3000 englische Meilen, was etwa dem zehnten Theil des Umfangs der Erde
gleichkommt. Der Nyanza befindet sich ferner 3ö00 Fuß über dem Meeres¬
spiegel. Seine reichste Speisung kommt ihm im Westen und Norden von Ka-
ragweh durch den Kitangule, welcher Fluß dem benachbarten See Luero lo
Urigi und vielen andern kleinen Wasserbecken ihren Inhalt entzieht. Im Ver¬
gleich mit dem Nyanza sind letztere bloße Lachen, der Kitangule aber ist ein
stolzer Fluß mit tiefeingeschnittnem Bette und einer Breite von 240 Fuß.
Jene kleinern Wasserbehälter haben sich dadurch gebildet, daß das Mondgebirge,
wo Speke im Jahre 1862 an nicht weniger als 233 Tagen mehr oder minder
starke Regengüsse beobachtete, den Vertiefungen seinen Uebelfluß an Wasser zu-


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 22, 1863, II. Semester. III. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341797_115393/228>, abgerufen am 22.12.2024.