Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 22, 1863, II. Semester. III. Band.

Bild:
<< vorherige Seite

Quelle des ersteren sei und daß er das Austreten dieses Stroms verursache.
Das Schwellen des Nil finde in derselben Zeit mit dem großen Regenfalle
nördlich vom Aequator statt, der vom Juli bis zum September, in einigen
Gegenden sogar vom Februar bis zum October dauere. Sie finde nur in
diesem tropischen Regen ihre Erklärung.

"Wahrscheinlich wird," so schloß Burton sein Raisonnement, "sich einst
herausstellen, daß die spröde" verschämten Nilquellen in .einer Verflechtung klei¬
ner Wasserläufe bestehen, welche der Monsunregen füllt; vielleicht kommt dazu
auch Schneewasser vom Nordabhänge der Mondgebirge."

Speke hatte bei seiner Tour nach dem Nyanza nicht Gelegenheit gehabt,
Material zu gründlicher Widerlegung solcher Einwürfe zu sammeln. Er blieb
indeß bei seiner Meinung, und Untersuchungen, welche er bei einer zweiten
Reise anstellte, haben seine Vermuthung vollkommen bestätigt. Zwischen dem
von ihm erreichten Punkte und dem, bis zu welchem Knoblecher, Petherick und
Andere von Norden her am Weißen Nil vorgedrungen waren, lag noch eine
Strecke von etwa hundert deutschen Meilen, und diese zu durchmessen, war bei
der Natur des Landes und seiner Bewohner keine leichte Aufgabe; indeß fand
Speke in Grant einen passenden Begleiter, sowie die erforderlichen Mittel, und
am 1. October 1860 machten sich die beiden Reisenden auf den Weg. Ihr Aus¬
gangspunkt war, wie früher, die ostafrckanische Küste. Gleich zu Anfang
hatten sie mit allerlei Hindernissen zu kämpfen. Die Länder, welche sie durch¬
zogen, waren von Regenmangel heimgesucht. Unter den Eingebornen waren
Kriege ausgebrochen. Ueberdies erkrankte Speke, und so bedürfte man fast ein
volles Jahr, um Käses zu erreichen, das, unter dem S" f. B. und 33<> östlich
von Greenwich gelegen, der größte Handelsplatz Ostafrikas ist.

Die Weiterreise wurde unter günstigeren Umständen angetreten, und noch
vor Ablauf des Jahres 1861 blickten die Reisenden auf das nächste Ziel ihrer
Wanderung von Käses aus, auf den Nyanza-See hinab. Armanika, der Kö¬
nig des Reichs Karagweh, welches "in westlichen Gestade dieses Binnenmeeres
liegt, bis nahe an das südliche Ende desselben reicht und ein Bergland ist,
von dessen kegelförmigen Gipfeln einer die Höhe von 10,000 Fuß hat, wäh¬
rend das umliegende Gebiet sich durchschnittlich 6000 Fuß über dem Meere be¬
findet, erwies sich als verständiger Fürst, war den Fremdlingen zur Lösung
ihrer Aufgaben behilflich, bestritt sogar ihre Auslagen und gab ihnen schlie߬
lich, als sie seine Hauptstadt verließen, Empfehlungen an seinen Nachbar, den
Beherrscher von Uganda mit. Auch das Volk desselben zeichnete sich vor den
Stämmen, welche mehr nach der Meeresküste hin wohnen, durch größere Ge¬
sittung und sanfteren Charakter aus. Noch besser gefielen den Reisenden die
Bewohner von Uganda, obwohl die Maximen, nach denen hier regiert wird,
von ziemlich barbarischer Natur sind. Kleidung und Wohnung dieses Stammes


28*

Quelle des ersteren sei und daß er das Austreten dieses Stroms verursache.
Das Schwellen des Nil finde in derselben Zeit mit dem großen Regenfalle
nördlich vom Aequator statt, der vom Juli bis zum September, in einigen
Gegenden sogar vom Februar bis zum October dauere. Sie finde nur in
diesem tropischen Regen ihre Erklärung.

„Wahrscheinlich wird," so schloß Burton sein Raisonnement, „sich einst
herausstellen, daß die spröde» verschämten Nilquellen in .einer Verflechtung klei¬
ner Wasserläufe bestehen, welche der Monsunregen füllt; vielleicht kommt dazu
auch Schneewasser vom Nordabhänge der Mondgebirge."

Speke hatte bei seiner Tour nach dem Nyanza nicht Gelegenheit gehabt,
Material zu gründlicher Widerlegung solcher Einwürfe zu sammeln. Er blieb
indeß bei seiner Meinung, und Untersuchungen, welche er bei einer zweiten
Reise anstellte, haben seine Vermuthung vollkommen bestätigt. Zwischen dem
von ihm erreichten Punkte und dem, bis zu welchem Knoblecher, Petherick und
Andere von Norden her am Weißen Nil vorgedrungen waren, lag noch eine
Strecke von etwa hundert deutschen Meilen, und diese zu durchmessen, war bei
der Natur des Landes und seiner Bewohner keine leichte Aufgabe; indeß fand
Speke in Grant einen passenden Begleiter, sowie die erforderlichen Mittel, und
am 1. October 1860 machten sich die beiden Reisenden auf den Weg. Ihr Aus¬
gangspunkt war, wie früher, die ostafrckanische Küste. Gleich zu Anfang
hatten sie mit allerlei Hindernissen zu kämpfen. Die Länder, welche sie durch¬
zogen, waren von Regenmangel heimgesucht. Unter den Eingebornen waren
Kriege ausgebrochen. Ueberdies erkrankte Speke, und so bedürfte man fast ein
volles Jahr, um Käses zu erreichen, das, unter dem S" f. B. und 33<> östlich
von Greenwich gelegen, der größte Handelsplatz Ostafrikas ist.

Die Weiterreise wurde unter günstigeren Umständen angetreten, und noch
vor Ablauf des Jahres 1861 blickten die Reisenden auf das nächste Ziel ihrer
Wanderung von Käses aus, auf den Nyanza-See hinab. Armanika, der Kö¬
nig des Reichs Karagweh, welches «in westlichen Gestade dieses Binnenmeeres
liegt, bis nahe an das südliche Ende desselben reicht und ein Bergland ist,
von dessen kegelförmigen Gipfeln einer die Höhe von 10,000 Fuß hat, wäh¬
rend das umliegende Gebiet sich durchschnittlich 6000 Fuß über dem Meere be¬
findet, erwies sich als verständiger Fürst, war den Fremdlingen zur Lösung
ihrer Aufgaben behilflich, bestritt sogar ihre Auslagen und gab ihnen schlie߬
lich, als sie seine Hauptstadt verließen, Empfehlungen an seinen Nachbar, den
Beherrscher von Uganda mit. Auch das Volk desselben zeichnete sich vor den
Stämmen, welche mehr nach der Meeresküste hin wohnen, durch größere Ge¬
sittung und sanfteren Charakter aus. Noch besser gefielen den Reisenden die
Bewohner von Uganda, obwohl die Maximen, nach denen hier regiert wird,
von ziemlich barbarischer Natur sind. Kleidung und Wohnung dieses Stammes


28*
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <pb facs="#f0227" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/115617"/>
          <p xml:id="ID_609" prev="#ID_608"> Quelle des ersteren sei und daß er das Austreten dieses Stroms verursache.<lb/>
Das Schwellen des Nil finde in derselben Zeit mit dem großen Regenfalle<lb/>
nördlich vom Aequator statt, der vom Juli bis zum September, in einigen<lb/>
Gegenden sogar vom Februar bis zum October dauere. Sie finde nur in<lb/>
diesem tropischen Regen ihre Erklärung.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_610"> &#x201E;Wahrscheinlich wird," so schloß Burton sein Raisonnement, &#x201E;sich einst<lb/>
herausstellen, daß die spröde» verschämten Nilquellen in .einer Verflechtung klei¬<lb/>
ner Wasserläufe bestehen, welche der Monsunregen füllt; vielleicht kommt dazu<lb/>
auch Schneewasser vom Nordabhänge der Mondgebirge."</p><lb/>
          <p xml:id="ID_611"> Speke hatte bei seiner Tour nach dem Nyanza nicht Gelegenheit gehabt,<lb/>
Material zu gründlicher Widerlegung solcher Einwürfe zu sammeln. Er blieb<lb/>
indeß bei seiner Meinung, und Untersuchungen, welche er bei einer zweiten<lb/>
Reise anstellte, haben seine Vermuthung vollkommen bestätigt. Zwischen dem<lb/>
von ihm erreichten Punkte und dem, bis zu welchem Knoblecher, Petherick und<lb/>
Andere von Norden her am Weißen Nil vorgedrungen waren, lag noch eine<lb/>
Strecke von etwa hundert deutschen Meilen, und diese zu durchmessen, war bei<lb/>
der Natur des Landes und seiner Bewohner keine leichte Aufgabe; indeß fand<lb/>
Speke in Grant einen passenden Begleiter, sowie die erforderlichen Mittel, und<lb/>
am 1. October 1860 machten sich die beiden Reisenden auf den Weg. Ihr Aus¬<lb/>
gangspunkt war, wie früher, die ostafrckanische Küste. Gleich zu Anfang<lb/>
hatten sie mit allerlei Hindernissen zu kämpfen. Die Länder, welche sie durch¬<lb/>
zogen, waren von Regenmangel heimgesucht. Unter den Eingebornen waren<lb/>
Kriege ausgebrochen. Ueberdies erkrankte Speke, und so bedürfte man fast ein<lb/>
volles Jahr, um Käses zu erreichen, das, unter dem S" f. B. und 33&lt;&gt; östlich<lb/>
von Greenwich gelegen, der größte Handelsplatz Ostafrikas ist.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_612" next="#ID_613"> Die Weiterreise wurde unter günstigeren Umständen angetreten, und noch<lb/>
vor Ablauf des Jahres 1861 blickten die Reisenden auf das nächste Ziel ihrer<lb/>
Wanderung von Käses aus, auf den Nyanza-See hinab. Armanika, der Kö¬<lb/>
nig des Reichs Karagweh, welches «in westlichen Gestade dieses Binnenmeeres<lb/>
liegt, bis nahe an das südliche Ende desselben reicht und ein Bergland ist,<lb/>
von dessen kegelförmigen Gipfeln einer die Höhe von 10,000 Fuß hat, wäh¬<lb/>
rend das umliegende Gebiet sich durchschnittlich 6000 Fuß über dem Meere be¬<lb/>
findet, erwies sich als verständiger Fürst, war den Fremdlingen zur Lösung<lb/>
ihrer Aufgaben behilflich, bestritt sogar ihre Auslagen und gab ihnen schlie߬<lb/>
lich, als sie seine Hauptstadt verließen, Empfehlungen an seinen Nachbar, den<lb/>
Beherrscher von Uganda mit. Auch das Volk desselben zeichnete sich vor den<lb/>
Stämmen, welche mehr nach der Meeresküste hin wohnen, durch größere Ge¬<lb/>
sittung und sanfteren Charakter aus. Noch besser gefielen den Reisenden die<lb/>
Bewohner von Uganda, obwohl die Maximen, nach denen hier regiert wird,<lb/>
von ziemlich barbarischer Natur sind. Kleidung und Wohnung dieses Stammes</p><lb/>
          <fw type="sig" place="bottom"> 28*</fw><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0227] Quelle des ersteren sei und daß er das Austreten dieses Stroms verursache. Das Schwellen des Nil finde in derselben Zeit mit dem großen Regenfalle nördlich vom Aequator statt, der vom Juli bis zum September, in einigen Gegenden sogar vom Februar bis zum October dauere. Sie finde nur in diesem tropischen Regen ihre Erklärung. „Wahrscheinlich wird," so schloß Burton sein Raisonnement, „sich einst herausstellen, daß die spröde» verschämten Nilquellen in .einer Verflechtung klei¬ ner Wasserläufe bestehen, welche der Monsunregen füllt; vielleicht kommt dazu auch Schneewasser vom Nordabhänge der Mondgebirge." Speke hatte bei seiner Tour nach dem Nyanza nicht Gelegenheit gehabt, Material zu gründlicher Widerlegung solcher Einwürfe zu sammeln. Er blieb indeß bei seiner Meinung, und Untersuchungen, welche er bei einer zweiten Reise anstellte, haben seine Vermuthung vollkommen bestätigt. Zwischen dem von ihm erreichten Punkte und dem, bis zu welchem Knoblecher, Petherick und Andere von Norden her am Weißen Nil vorgedrungen waren, lag noch eine Strecke von etwa hundert deutschen Meilen, und diese zu durchmessen, war bei der Natur des Landes und seiner Bewohner keine leichte Aufgabe; indeß fand Speke in Grant einen passenden Begleiter, sowie die erforderlichen Mittel, und am 1. October 1860 machten sich die beiden Reisenden auf den Weg. Ihr Aus¬ gangspunkt war, wie früher, die ostafrckanische Küste. Gleich zu Anfang hatten sie mit allerlei Hindernissen zu kämpfen. Die Länder, welche sie durch¬ zogen, waren von Regenmangel heimgesucht. Unter den Eingebornen waren Kriege ausgebrochen. Ueberdies erkrankte Speke, und so bedürfte man fast ein volles Jahr, um Käses zu erreichen, das, unter dem S" f. B. und 33<> östlich von Greenwich gelegen, der größte Handelsplatz Ostafrikas ist. Die Weiterreise wurde unter günstigeren Umständen angetreten, und noch vor Ablauf des Jahres 1861 blickten die Reisenden auf das nächste Ziel ihrer Wanderung von Käses aus, auf den Nyanza-See hinab. Armanika, der Kö¬ nig des Reichs Karagweh, welches «in westlichen Gestade dieses Binnenmeeres liegt, bis nahe an das südliche Ende desselben reicht und ein Bergland ist, von dessen kegelförmigen Gipfeln einer die Höhe von 10,000 Fuß hat, wäh¬ rend das umliegende Gebiet sich durchschnittlich 6000 Fuß über dem Meere be¬ findet, erwies sich als verständiger Fürst, war den Fremdlingen zur Lösung ihrer Aufgaben behilflich, bestritt sogar ihre Auslagen und gab ihnen schlie߬ lich, als sie seine Hauptstadt verließen, Empfehlungen an seinen Nachbar, den Beherrscher von Uganda mit. Auch das Volk desselben zeichnete sich vor den Stämmen, welche mehr nach der Meeresküste hin wohnen, durch größere Ge¬ sittung und sanfteren Charakter aus. Noch besser gefielen den Reisenden die Bewohner von Uganda, obwohl die Maximen, nach denen hier regiert wird, von ziemlich barbarischer Natur sind. Kleidung und Wohnung dieses Stammes 28*

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341797_115393
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341797_115393/227
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 22, 1863, II. Semester. III. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341797_115393/227>, abgerufen am 28.07.2024.