Die Grenzboten. Jg. 22, 1863, II. Semester. III. Band.Stockmars erstes Zusammenstoßen mit Stein war nicht allzufreundlich. Im Herbst 1814 kehrte er nach Coburg zurück. Wieder zog er 1815 mit Aber die Feldzüge wurden nach anderer Richtung für das spätere Leben In welchem Grade Stockmar in dieser neuen Stellung Vertrauen und Stockmars erstes Zusammenstoßen mit Stein war nicht allzufreundlich. Im Herbst 1814 kehrte er nach Coburg zurück. Wieder zog er 1815 mit Aber die Feldzüge wurden nach anderer Richtung für das spätere Leben In welchem Grade Stockmar in dieser neuen Stellung Vertrauen und <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0173" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/115565"/> <p xml:id="ID_449"> Stockmars erstes Zusammenstoßen mit Stein war nicht allzufreundlich.<lb/> Das Militärhvspital zu Worms war längere Zeit nicht mit Kranken besetzt<lb/> und Stockmar that alö Arzt seine Pflicht, indem er blessirte französische Ge¬<lb/> fangene aufnahm. Da strömten auf einmal die deutschen Verwundeten zu,<lb/> aber das Hospital war gefüllt. Darüber brauste Stein in seiner starken Weise<lb/> auf, und es gab einen heftigen Wortwechsel, wobei Stockmar ihm nichts schul¬<lb/> dig blieb.. Seine Bekanntschaft mit Stein hinterließ ihm doch den Eindruck<lb/> einer großen Persönlichkeit, wie verschieden auch das Leben in den beiden Na¬<lb/> turen sich spiegelte, und noch Viele Jahre später, als Stockmar von England<lb/> aus auf der Reise den gewaltigen Mann besuchte, erstaunte er, wie genau<lb/> Stein in den englischen Geschäften orientirt war.</p><lb/> <p xml:id="ID_450"> Im Herbst 1814 kehrte er nach Coburg zurück. Wieder zog er 1815 mit<lb/> dem Herzvglich sächsischen Regiment als Regimentsarzt nach dem Elsaß, erst im De¬<lb/> cember des Jahres kam er von dort wieder in die Heimath. Diese Feldzüge zweier<lb/> Jahre gaben ihm außer der thätigen Theilnahme an dem Getriebe eines großen<lb/> Krieges gerade bei seiner Stellung einen guten Einblick in die administrativen<lb/> Arbeiten einer chaotischen Zeit, in welcher jeder Wirt'enslustigc sich zu schicken<lb/> und' wieder gewaltthätig zu disponiren genöthigt ist.</p><lb/> <p xml:id="ID_451"> Aber die Feldzüge wurden nach anderer Richtung für das spätere Leben<lb/> Stockmars entscheidend. Während derselben war er mit dem Prinzen Leopold<lb/> von Eoburg bekannt worden. Der Prinz gewann Zuneigung zu ihm, und als<lb/> die Vermählung desselben mit der Prinzeß Charlotte von England entschieden<lb/> war, engagirte er Stockmar als Leibarzt, und dieser gingj kurz vor der Ver¬<lb/> mählung, Ende März 1816, nach England, um seine Stelle anzutreten.</p><lb/> <p xml:id="ID_452" next="#ID_453"> In welchem Grade Stockmar in dieser neuen Stellung Vertrauen und<lb/> Zuneigung des Prinzen gewann, zeigte sich beim Tode der Prinzessin, der<lb/> schon am 6. November 1817 erfolgte. An dem Lager der geliebten Todten<lb/> umarmte der Prinz den treuen Mann und forderte von ihm das Versprechen,<lb/> ihn nie zu verlassen. Das gelobte ihm Stockmar. Und treu hat er dies Ver¬<lb/> sprechen dem Prinzen und seinem Hause gehalten. Schon in dieser Stunde<lb/> leidenschaftlicher Bewegung und eines großen Entschlusses übersah der dreißig¬<lb/> jährige Mann mit schöner Klarheit das neue Verhältniß, in welches er zu<lb/> seinem Fürsten getreten war, die Pflichten/welche es ihm auferlegte, und die<lb/> Haltung, weiche ihm selbst dabei vorgeschrieben war. Er hatte in den letzten<lb/> Jahren sich gewöhnt, in ungewöhnlicher Weise für Andere zu leben und das<lb/> eigene Dasein größeren Interessen hinzugeben. Gerade deshalb war sein Leben<lb/> immer wieder durch unerwartete Wendungen bestimmt worden. „Ich scheine<lb/> mehr da zu sein, für Andere zu sorgen als für mich selbst und bin mit dieser<lb/> Bestimmung gar wohl zufrieden", schrieb er wenige Tage nach jenem Ver¬<lb/> sprechen an eine Freundin. Mit heiterer Sicherheit, frei von jeder Schwär-</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0173]
Stockmars erstes Zusammenstoßen mit Stein war nicht allzufreundlich.
Das Militärhvspital zu Worms war längere Zeit nicht mit Kranken besetzt
und Stockmar that alö Arzt seine Pflicht, indem er blessirte französische Ge¬
fangene aufnahm. Da strömten auf einmal die deutschen Verwundeten zu,
aber das Hospital war gefüllt. Darüber brauste Stein in seiner starken Weise
auf, und es gab einen heftigen Wortwechsel, wobei Stockmar ihm nichts schul¬
dig blieb.. Seine Bekanntschaft mit Stein hinterließ ihm doch den Eindruck
einer großen Persönlichkeit, wie verschieden auch das Leben in den beiden Na¬
turen sich spiegelte, und noch Viele Jahre später, als Stockmar von England
aus auf der Reise den gewaltigen Mann besuchte, erstaunte er, wie genau
Stein in den englischen Geschäften orientirt war.
Im Herbst 1814 kehrte er nach Coburg zurück. Wieder zog er 1815 mit
dem Herzvglich sächsischen Regiment als Regimentsarzt nach dem Elsaß, erst im De¬
cember des Jahres kam er von dort wieder in die Heimath. Diese Feldzüge zweier
Jahre gaben ihm außer der thätigen Theilnahme an dem Getriebe eines großen
Krieges gerade bei seiner Stellung einen guten Einblick in die administrativen
Arbeiten einer chaotischen Zeit, in welcher jeder Wirt'enslustigc sich zu schicken
und' wieder gewaltthätig zu disponiren genöthigt ist.
Aber die Feldzüge wurden nach anderer Richtung für das spätere Leben
Stockmars entscheidend. Während derselben war er mit dem Prinzen Leopold
von Eoburg bekannt worden. Der Prinz gewann Zuneigung zu ihm, und als
die Vermählung desselben mit der Prinzeß Charlotte von England entschieden
war, engagirte er Stockmar als Leibarzt, und dieser gingj kurz vor der Ver¬
mählung, Ende März 1816, nach England, um seine Stelle anzutreten.
In welchem Grade Stockmar in dieser neuen Stellung Vertrauen und
Zuneigung des Prinzen gewann, zeigte sich beim Tode der Prinzessin, der
schon am 6. November 1817 erfolgte. An dem Lager der geliebten Todten
umarmte der Prinz den treuen Mann und forderte von ihm das Versprechen,
ihn nie zu verlassen. Das gelobte ihm Stockmar. Und treu hat er dies Ver¬
sprechen dem Prinzen und seinem Hause gehalten. Schon in dieser Stunde
leidenschaftlicher Bewegung und eines großen Entschlusses übersah der dreißig¬
jährige Mann mit schöner Klarheit das neue Verhältniß, in welches er zu
seinem Fürsten getreten war, die Pflichten/welche es ihm auferlegte, und die
Haltung, weiche ihm selbst dabei vorgeschrieben war. Er hatte in den letzten
Jahren sich gewöhnt, in ungewöhnlicher Weise für Andere zu leben und das
eigene Dasein größeren Interessen hinzugeben. Gerade deshalb war sein Leben
immer wieder durch unerwartete Wendungen bestimmt worden. „Ich scheine
mehr da zu sein, für Andere zu sorgen als für mich selbst und bin mit dieser
Bestimmung gar wohl zufrieden", schrieb er wenige Tage nach jenem Ver¬
sprechen an eine Freundin. Mit heiterer Sicherheit, frei von jeder Schwär-
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