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Die Grenzboten. Jg. 22, 1863, II. Semester. III. Band.

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gehalten. Da Nemea im Gebiet der Stadt Kleonä lag, so hatten ursprüng¬
lich die Kleonäer die Besorgung und Leitung des Festes. Bald aber bemäch¬
tigten sich die Argiver der Oberherrlichkeit und behielten mit Ausnahme einer
kurzen Zwischenperiode die Oberaufsicht. Da das politische Verhältniß zwischen
Argivern und Spartanern fast stets ein gespanntes war, so machten sich jene
bei drohendem Kriege zuweilen den Gottesfrieden zu Nutzen und ließen ihn durch
die festlich bekränzten Herolde auch zu ungesetzlicher Zeit ansagen. Der spar¬
tanische König Agesipolis fragte aber einst in einem solchen Falle (390 v. Chr.)
den olympischen Zeus und den delphischen Apollo um Rath und machte dann
mit Erlaubniß beider Götter seinen Einfall ins Land. Später, als die Achäer
unter Aratos Kleonä besetzt hielten, wurden die nemeischen Spiele doppelt,
nämlich in Nemea und in Argos gehalten. "Damals," sagt Plutarch, "geschah
es zum ersten Male, daß man die öffentliche Freiheit und Sicherheit, welche
denjenigen, die sich bei solchen Spielen in Wettstreite einließen, gewährt wurde,
verletzte, indem die Achäer Alle, die den nemeischen Spielen in Argos bei¬
gewohnt hatten und durch ihr Land zogen, auffingen und als Kriegsgefangne
verkauften/' Daß Festdeputationen von anderen Staaten nach Nemea geschickt
wurden, beweist hinreichend des Demosthenes Beispiel, der selbst Vorstand einer
nemeischen Gesandtschaft war. Die Spiele selbst bestanden, wie die pythischen,
aus musikalischen, gymnischen und ritterlichen Kämpfen. Auch hier traten
Kitharöden auf, und es war ihnen ebenfalls erlaubt, sich fremder Compositionen
zu bedienen. Wenigstens erzählt Plutarch, daß während der Anwesenheit Philo-
pömens Pylades aus Megalopolis "die Perser", ein Lied vom Milester
Timotheus, gesungen habe. Der Siegespreis war in Nemea ein Eppichkranz.

Die isthmischen Spiele endlich haben an Glanz und Ansehen wohl die
nemeischen übertroffen. Die treffliche Lage Korinths auf dem Mittelpunkte zweier
sich kreuzenden Weltstraßen, sein Reichthum und sein behäbiges Leben voll sinn¬
licher Genüsse wird natürlich die Anziehungskraft des aus der Landenge, neben
dem im heiligen Fichtenhaine liegenden Heiligthume Poseidons gefeierten Festes
verstärkt haben. Darum heißt es bei Strabo ausdrücklich, daß die Zahl der
Besucher zur Festzeit sehr groß gewesen sei, und Livius sagt vor der Schilderung
des Eindrucks, den die aus Befehl des römischen Feldherrn Quinctius Flau
m-
mus erfolgte Unabhängigkeitserklärung Griechenlands im Jahre 196 hervor¬
brachte: "Es war nun das isthmische Fest herangekommen, das immer auch
sonst zahlreich besucht war, nicht nur wegen der jenem Volke angeborenen
Schaulust, sondern auch weil wegen der günstigen Lage des Orts, der ver¬
mittelst zweier verschiedener Meere alle Bedürfnisse herbeischafft, ein Sammel¬
platz für die ganze Welt, eine Messe für Griechenland und Asien hier statt¬
findet." Dio Chrysostomos erwähnt deshalb Zuschauer aus Italien, Sicilien,
Libyen, Thessalien, Kleinasien und vom Dniepr. Selbst Sokrates. der sonst


Grenzboten III. 1L63. 19

gehalten. Da Nemea im Gebiet der Stadt Kleonä lag, so hatten ursprüng¬
lich die Kleonäer die Besorgung und Leitung des Festes. Bald aber bemäch¬
tigten sich die Argiver der Oberherrlichkeit und behielten mit Ausnahme einer
kurzen Zwischenperiode die Oberaufsicht. Da das politische Verhältniß zwischen
Argivern und Spartanern fast stets ein gespanntes war, so machten sich jene
bei drohendem Kriege zuweilen den Gottesfrieden zu Nutzen und ließen ihn durch
die festlich bekränzten Herolde auch zu ungesetzlicher Zeit ansagen. Der spar¬
tanische König Agesipolis fragte aber einst in einem solchen Falle (390 v. Chr.)
den olympischen Zeus und den delphischen Apollo um Rath und machte dann
mit Erlaubniß beider Götter seinen Einfall ins Land. Später, als die Achäer
unter Aratos Kleonä besetzt hielten, wurden die nemeischen Spiele doppelt,
nämlich in Nemea und in Argos gehalten. „Damals," sagt Plutarch, „geschah
es zum ersten Male, daß man die öffentliche Freiheit und Sicherheit, welche
denjenigen, die sich bei solchen Spielen in Wettstreite einließen, gewährt wurde,
verletzte, indem die Achäer Alle, die den nemeischen Spielen in Argos bei¬
gewohnt hatten und durch ihr Land zogen, auffingen und als Kriegsgefangne
verkauften/' Daß Festdeputationen von anderen Staaten nach Nemea geschickt
wurden, beweist hinreichend des Demosthenes Beispiel, der selbst Vorstand einer
nemeischen Gesandtschaft war. Die Spiele selbst bestanden, wie die pythischen,
aus musikalischen, gymnischen und ritterlichen Kämpfen. Auch hier traten
Kitharöden auf, und es war ihnen ebenfalls erlaubt, sich fremder Compositionen
zu bedienen. Wenigstens erzählt Plutarch, daß während der Anwesenheit Philo-
pömens Pylades aus Megalopolis „die Perser", ein Lied vom Milester
Timotheus, gesungen habe. Der Siegespreis war in Nemea ein Eppichkranz.

Die isthmischen Spiele endlich haben an Glanz und Ansehen wohl die
nemeischen übertroffen. Die treffliche Lage Korinths auf dem Mittelpunkte zweier
sich kreuzenden Weltstraßen, sein Reichthum und sein behäbiges Leben voll sinn¬
licher Genüsse wird natürlich die Anziehungskraft des aus der Landenge, neben
dem im heiligen Fichtenhaine liegenden Heiligthume Poseidons gefeierten Festes
verstärkt haben. Darum heißt es bei Strabo ausdrücklich, daß die Zahl der
Besucher zur Festzeit sehr groß gewesen sei, und Livius sagt vor der Schilderung
des Eindrucks, den die aus Befehl des römischen Feldherrn Quinctius Flau
m-
mus erfolgte Unabhängigkeitserklärung Griechenlands im Jahre 196 hervor¬
brachte: „Es war nun das isthmische Fest herangekommen, das immer auch
sonst zahlreich besucht war, nicht nur wegen der jenem Volke angeborenen
Schaulust, sondern auch weil wegen der günstigen Lage des Orts, der ver¬
mittelst zweier verschiedener Meere alle Bedürfnisse herbeischafft, ein Sammel¬
platz für die ganze Welt, eine Messe für Griechenland und Asien hier statt¬
findet." Dio Chrysostomos erwähnt deshalb Zuschauer aus Italien, Sicilien,
Libyen, Thessalien, Kleinasien und vom Dniepr. Selbst Sokrates. der sonst


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 22, 1863, II. Semester. III. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341797_115393/153>, abgerufen am 22.12.2024.