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Die Grenzboten. Jg. 22, 1863, II. Semester. III. Band.

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weil er wußte, daß einige von den Athleten von schlechter Herkunft wären, aus
kleinen Städten stammten und einen niedrigen Bildungsgrad besäßen. Dagegen
wandte er sich der Pferdezucht zu, die eine Beschäftigung der Reichsten ist, und
die kein geringer Mann treiben kann, und übertraf nicht nur die Mitkämpfer,
sondern die Sieger aller Zeiten." So findet man denn auch in dem Verzeichnisse
der Sieger, das bekanntlich im Jahre 776 mit dem Siege des Koröbos begann,
den König Theron von Agrigent, Getön und Hieron von Syrakus, Archelaos von
Macedonien, Agis und Pausanias von Sparta und mehre griechische Städte.

Der Schauplatz der ritterlichen Kämpfe war zu Olympia, wie ander¬
wärts, der Hippodrom, von dem Pausanias eine ziemlich detaillirte Be¬
schreibung gegeben hat. Bei dieser Rennbahn hatte man die Böschung eines
Hügels zu einer Längenseite gewählt und die zweite vielleicht erst später, als
der Hügelabhang für die Sitze der sich immer mehrenden Zuschauer nicht mehr
ausreichte, in Gestalt eines Dammes oder Erdwalles parallel aufgeführt. Auf
der einen Seite, wo sich der Ablaufstand der Rosse befand, schloß eine vom
Architekten Agnaptos erbaute Halle im rechten Winkel die beiden Langseiten.
Am entgegengesetzten Ende schloß sich der Erdwall in einem halbkreisförmigen
Bogen dem Hügel an, und in dieser Nundung befand sich, wie beim römischen
Circus, ein Durchgangsbvgen. Der Hippodrom war wahrscheinlich doppelt so
lang, als das Stadium, also 1200 Fuß; seine Breite betrug etwa 400 Fuß.
Da sich keine Andeutung dafür findet, daß im Hippodrom (wie im Circus)
mitten zwischen den beiden Längenfalten eine erhöhte Linie (spüm) sich hin¬
gezogen habe, so muß man annehmen, daß dieselbe wenigstens durch hinter einander
stehende Säulen bezeichnet war, an deren beiden Enden die von Pausanias
ausdrücklich genannten Ziele standen, von welchen das der Nundung -zunächst
befindliche die Mitte, das entgegengesetzte das eigentliche Endziel des Laufes
bezeichnete, weshalb hier auch die eherne Statue der Hippodcuneia ihre Stelle
hatte, ihren Bräutigam Pelops bekränzend. Complicirt und deshalb immer
noch streitig ist die Einrichtung der Schranken beim Ablausspuntte. Dieselben
bildeten nämlich nicht eine gerade Linie wie beim römischen Circus, sondern
ragten "wie das Vordertheil eines Schiffes", also ungefähr wie die beiden
gleichen Seiten eines rechtwinkligen Dreiecks, dessen Hypotenuse dann die Halle
des Agnaptos bildete, in die Bahn hinein. An diesen beiden Seiten waren
staffelförmig die Schuppen für Wagen und Pferde angebracht, die den einzelnen
Concurrenten durchs Loos zufielen, bevor das Rennen begann. Auf ein Trom¬
petensignal, wobei gleichzeitig von einem in der Mitte des Ablaufdrciecks stehen¬
den Altare ein eherner Adler sich durch einen besonderen Mechanismus zu sol¬
cher Höhe erhob, daß er von allen Anwesenden erblickt werden konnte, während
ein an der Spitze des Dreiecks auf einem Balken ruhender Delphin herabsank,
sielen die die Schranken absperrenden Stricke und zwar so präcis nach einander,


weil er wußte, daß einige von den Athleten von schlechter Herkunft wären, aus
kleinen Städten stammten und einen niedrigen Bildungsgrad besäßen. Dagegen
wandte er sich der Pferdezucht zu, die eine Beschäftigung der Reichsten ist, und
die kein geringer Mann treiben kann, und übertraf nicht nur die Mitkämpfer,
sondern die Sieger aller Zeiten." So findet man denn auch in dem Verzeichnisse
der Sieger, das bekanntlich im Jahre 776 mit dem Siege des Koröbos begann,
den König Theron von Agrigent, Getön und Hieron von Syrakus, Archelaos von
Macedonien, Agis und Pausanias von Sparta und mehre griechische Städte.

Der Schauplatz der ritterlichen Kämpfe war zu Olympia, wie ander¬
wärts, der Hippodrom, von dem Pausanias eine ziemlich detaillirte Be¬
schreibung gegeben hat. Bei dieser Rennbahn hatte man die Böschung eines
Hügels zu einer Längenseite gewählt und die zweite vielleicht erst später, als
der Hügelabhang für die Sitze der sich immer mehrenden Zuschauer nicht mehr
ausreichte, in Gestalt eines Dammes oder Erdwalles parallel aufgeführt. Auf
der einen Seite, wo sich der Ablaufstand der Rosse befand, schloß eine vom
Architekten Agnaptos erbaute Halle im rechten Winkel die beiden Langseiten.
Am entgegengesetzten Ende schloß sich der Erdwall in einem halbkreisförmigen
Bogen dem Hügel an, und in dieser Nundung befand sich, wie beim römischen
Circus, ein Durchgangsbvgen. Der Hippodrom war wahrscheinlich doppelt so
lang, als das Stadium, also 1200 Fuß; seine Breite betrug etwa 400 Fuß.
Da sich keine Andeutung dafür findet, daß im Hippodrom (wie im Circus)
mitten zwischen den beiden Längenfalten eine erhöhte Linie (spüm) sich hin¬
gezogen habe, so muß man annehmen, daß dieselbe wenigstens durch hinter einander
stehende Säulen bezeichnet war, an deren beiden Enden die von Pausanias
ausdrücklich genannten Ziele standen, von welchen das der Nundung -zunächst
befindliche die Mitte, das entgegengesetzte das eigentliche Endziel des Laufes
bezeichnete, weshalb hier auch die eherne Statue der Hippodcuneia ihre Stelle
hatte, ihren Bräutigam Pelops bekränzend. Complicirt und deshalb immer
noch streitig ist die Einrichtung der Schranken beim Ablausspuntte. Dieselben
bildeten nämlich nicht eine gerade Linie wie beim römischen Circus, sondern
ragten „wie das Vordertheil eines Schiffes", also ungefähr wie die beiden
gleichen Seiten eines rechtwinkligen Dreiecks, dessen Hypotenuse dann die Halle
des Agnaptos bildete, in die Bahn hinein. An diesen beiden Seiten waren
staffelförmig die Schuppen für Wagen und Pferde angebracht, die den einzelnen
Concurrenten durchs Loos zufielen, bevor das Rennen begann. Auf ein Trom¬
petensignal, wobei gleichzeitig von einem in der Mitte des Ablaufdrciecks stehen¬
den Altare ein eherner Adler sich durch einen besonderen Mechanismus zu sol¬
cher Höhe erhob, daß er von allen Anwesenden erblickt werden konnte, während
ein an der Spitze des Dreiecks auf einem Balken ruhender Delphin herabsank,
sielen die die Schranken absperrenden Stricke und zwar so präcis nach einander,


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 22, 1863, II. Semester. III. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341797_115393/141>, abgerufen am 28.07.2024.