Die Grenzboten. Jg. 21, 1862, II. Semester. IV. Band.Gebirgslandes, versteigen sich zuweilen sogar in die wilden neapolitanischen Wenngleich nun der Ankömmling im deutschen "Vereine" alsbald eine Wenden wir uns zurück zu den deutschen Malerateliers in Rom und be¬ Von dem König der Nazarener wenden wir uns zum Fürsten der Natura¬ Gebirgslandes, versteigen sich zuweilen sogar in die wilden neapolitanischen Wenngleich nun der Ankömmling im deutschen „Vereine" alsbald eine Wenden wir uns zurück zu den deutschen Malerateliers in Rom und be¬ Von dem König der Nazarener wenden wir uns zum Fürsten der Natura¬ <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0522" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/115374"/> <p xml:id="ID_1699" prev="#ID_1698"> Gebirgslandes, versteigen sich zuweilen sogar in die wilden neapolitanischen<lb/> Abruzzen. das noir plus ultrg. aller landschaftlichen Schönheit und Volks¬<lb/> originalität. Oft mischt sich unter sie irgend ein „famoser Kerl", der da auf<lb/> kurze Zeit herübergekommen ist, um Stufen und Skizzen zu sammeln,<lb/> welche er im nächsten Winter in seiner nordischen Heimath verarbeiten will.</p><lb/> <p xml:id="ID_1700"> Wenngleich nun der Ankömmling im deutschen „Vereine" alsbald eine<lb/> Art von „zu Hause" mit gemüthlichem geselligen Verkehr findet, so darf er doch<lb/> von den einheimischen Künstlern keine Förderung in Bezug auf die Kunst er¬<lb/> warten. Jeder von letzteren geht seinen eigenen Weg, bekümmert sich wenig<lb/> um den Anderen, und so gern er dem anklopfenden Kauflustigen seine Thür<lb/> öffnet, wird er eine enttäuschte Miene machen, wenn er statt dessen einen<lb/> Lernbegieriger eintreten sieht. Keiner hält in Rom ein Atelier, in welchem er<lb/> Schüler heranbildet, mit Ausnahme Lindemann Frommelts, doch dieser auch<lb/> nur für reiche Dilettanten, welche im Stande sind monatlich die Summe von<lb/> 30 Scudi d. s. 45 Thlr. zu erlegen, eine Summe, die dem Kunstjünger meist<lb/> unerschwinglich ist. In dieselbe Kategorie gehören auch die Unterrichtsstunden,<lb/> welche Andere außerhalb des Hauses ertheilen. Läßt man sich aber im Som¬<lb/> mer in,einer von den Künstlerherbergcn zu Olevano oder Subiaco nieder, so<lb/> wird man in eine jugendlich frische Malergesellschaft hineingerathen, in welcher<lb/> doch immer Einige sich befinden, welche Tüchtiges leisten und durch ihr Bei¬<lb/> spiel anregend und fördernd auf die Genossen wirken.</p><lb/> <p xml:id="ID_1701"> Wenden wir uns zurück zu den deutschen Malerateliers in Rom und be¬<lb/> ginnen wir mit dem Overbecks. Er wohnt auf der Höhe von' S.' Maria<lb/> Maggiore, gegenüber der Kaserne Ravenna, in einem alten Palaste mit zau¬<lb/> berischer Aussicht auf die Albaner Gebirge. Jeden Sonntag von elf bis zwei<lb/> Uhr hat er seine Ateliers dem Publicum geöffnet und macht dann mit unermüd¬<lb/> licher Liebenswürdigkeit selbst den erklärenden Cicecone. Er ist der König der<lb/> „Nazarener". der, wie Cornelius bei seinem Abschiede von Rom sagte, vermöge<lb/> der Milde und Güte seines Gemüths nur Engel malen könne. Overbecks<lb/> Cartons sind erhaben über jede Kritik, und Hoch und Gering pilgert zu ihm,<lb/> die Darstellung der sieben Sacramente >zu bewundern, welche, im Auftrage des<lb/> Kaisers von Oestreich für den Stephansdom entworfen, in Folge des durch<lb/> den letzten italienischen Krieg hervorgerufenen Geldmangels nicht zur Aus¬<lb/> führung gelangt sind. Ebenso großartig und vollendet, wie diese Compositionen<lb/> selbst, erschienen uns lieblich und sinnig die in die umschließenden Arabesken<lb/> eingeflochtenen Darstellungen aus dem menschlichen Leben.</p><lb/> <p xml:id="ID_1702" next="#ID_1703"> Von dem König der Nazarener wenden wir uns zum Fürsten der Natura¬<lb/> listen, zum alten Riedel; von Overbecks ernsten, von tief religiösen Gedanken<lb/> getragenen Figuren, von seinem kreidigen, farblosen Colorit. wie wir es an<lb/> einer kleine» Madonna sahen, springen wir plötzlich über in das jugendlich.</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0522]
Gebirgslandes, versteigen sich zuweilen sogar in die wilden neapolitanischen
Abruzzen. das noir plus ultrg. aller landschaftlichen Schönheit und Volks¬
originalität. Oft mischt sich unter sie irgend ein „famoser Kerl", der da auf
kurze Zeit herübergekommen ist, um Stufen und Skizzen zu sammeln,
welche er im nächsten Winter in seiner nordischen Heimath verarbeiten will.
Wenngleich nun der Ankömmling im deutschen „Vereine" alsbald eine
Art von „zu Hause" mit gemüthlichem geselligen Verkehr findet, so darf er doch
von den einheimischen Künstlern keine Förderung in Bezug auf die Kunst er¬
warten. Jeder von letzteren geht seinen eigenen Weg, bekümmert sich wenig
um den Anderen, und so gern er dem anklopfenden Kauflustigen seine Thür
öffnet, wird er eine enttäuschte Miene machen, wenn er statt dessen einen
Lernbegieriger eintreten sieht. Keiner hält in Rom ein Atelier, in welchem er
Schüler heranbildet, mit Ausnahme Lindemann Frommelts, doch dieser auch
nur für reiche Dilettanten, welche im Stande sind monatlich die Summe von
30 Scudi d. s. 45 Thlr. zu erlegen, eine Summe, die dem Kunstjünger meist
unerschwinglich ist. In dieselbe Kategorie gehören auch die Unterrichtsstunden,
welche Andere außerhalb des Hauses ertheilen. Läßt man sich aber im Som¬
mer in,einer von den Künstlerherbergcn zu Olevano oder Subiaco nieder, so
wird man in eine jugendlich frische Malergesellschaft hineingerathen, in welcher
doch immer Einige sich befinden, welche Tüchtiges leisten und durch ihr Bei¬
spiel anregend und fördernd auf die Genossen wirken.
Wenden wir uns zurück zu den deutschen Malerateliers in Rom und be¬
ginnen wir mit dem Overbecks. Er wohnt auf der Höhe von' S.' Maria
Maggiore, gegenüber der Kaserne Ravenna, in einem alten Palaste mit zau¬
berischer Aussicht auf die Albaner Gebirge. Jeden Sonntag von elf bis zwei
Uhr hat er seine Ateliers dem Publicum geöffnet und macht dann mit unermüd¬
licher Liebenswürdigkeit selbst den erklärenden Cicecone. Er ist der König der
„Nazarener". der, wie Cornelius bei seinem Abschiede von Rom sagte, vermöge
der Milde und Güte seines Gemüths nur Engel malen könne. Overbecks
Cartons sind erhaben über jede Kritik, und Hoch und Gering pilgert zu ihm,
die Darstellung der sieben Sacramente >zu bewundern, welche, im Auftrage des
Kaisers von Oestreich für den Stephansdom entworfen, in Folge des durch
den letzten italienischen Krieg hervorgerufenen Geldmangels nicht zur Aus¬
führung gelangt sind. Ebenso großartig und vollendet, wie diese Compositionen
selbst, erschienen uns lieblich und sinnig die in die umschließenden Arabesken
eingeflochtenen Darstellungen aus dem menschlichen Leben.
Von dem König der Nazarener wenden wir uns zum Fürsten der Natura¬
listen, zum alten Riedel; von Overbecks ernsten, von tief religiösen Gedanken
getragenen Figuren, von seinem kreidigen, farblosen Colorit. wie wir es an
einer kleine» Madonna sahen, springen wir plötzlich über in das jugendlich.
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