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Die Grenzboten. Jg. 21, 1862, II. Semester. IV. Band.

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Während der letzten Schüsse dieses Treffens vernahm man lebhaftes Ge-
wehrfeuer bei Fairoaks auf der andern Seite des Flusses. Die Conföderirten
griffen die Schanzen der Bundesarmee an, doch war dies nur eine Demon¬
stration, die kräftig zurückgewiesen wurde. Es war ein heißer Tag gewesen-
35,000 Föderalisten hatten 60,000 Conföderirte nicht schlagen können, aber sie
hatten sie aufgehalten. In der Nacht ging die Bundesarmee in größter Ord¬
nung über die Brücken des Chikahominy, die sie hinter sich zerstörte. Sie ließ
auf dem Wahlplatz eine Menge Todte und Schwerverwundete, ein Dutzend
Kanonen und etliche Gefangne zurück, unter letztern den General Reynolds.
Das Corps von Keyes, welches die Vorhut gebildet, richtete seinen Marsch
ebenfalls nach dem Jamesriver und besetzte die Pässe über den White Oak
Swamp, einen großen Sumpf, welcher sich quer über den Weg der Armee
und ihrer Verfolger streckte.

Da nur ein Weg vorhanden war, so war es sehr schwierig, den großen
Convoi von 5000 Wagen, den Belagerungspark, die Heerde von 2500 Schlacht¬
ochsen und andere derartige Gegenstände rasch fortzubringen. Doch lag zwi¬
schen dem Heer Mac Clellans und den Conföderirten jetzt der Chikahominy,
die Brücken über denselben waren zerstört, und die Verfolger mußten entweder
neue bauen, oder einen weiten Umweg über Mechanics Bridge machen. So
kam es, daß die Colonnen des Südens erst am 29. vor der Nachhut der Bun¬
destruppen erschienen. Sie eröffneten sofort den Kampf bei Savage Station
an der Norkriver-Eisenbcchn, wurden aber kräftig empfangen und nachdem sie
zurückgeworfen, setzte man in der Nacht die Bewegung fort. Die letzte Nach¬
richt des nun die Arbeit einstellenden Telegraphen war, daß die Conföderirten
sich in den Besitz von White House gesetzt, nachdem die Bundestruppen dasselbe
geräumt und Alles, was von dem Material nicht fortzubringen, bis auf drei
Belagerungsgeschütze, zerstört hatten. Der ganze übrige Belagerungspark kam
wohlbehalten am Jamesriver an. Das einzige Unglück war, daß man sowohl
bei Gaues HiU als bei Savage Station und weiterhin auf der Nückzugslinie
eine Anzahl Schwerverwundert zurücklassen mußte.

Der Rückzug hatte seine großen Beschwerden. Die Hitze war erdrückend,
der Sumpf eine sehr fühlbare Unbequemlichkeit. Aber nichts vermochte die
Heiterkeit Mac Clellans zu stören. Am 29. hielt er an, um sich in einem Land¬
haus ein wenig auszuruhen, und als er hier unter der Veranda saß, kam die
Besitzerin und beklagte sich, daß die Soldaten ihre Kirschen äßen. Lächelnd
erhob er sich und ging selbst, um dieser Plünderung zu steuern, aber die Hau¬
bitzen des Feindes konnte er nicht hindern, bald nachher das Haus seiner hüb¬
schen Wirthin in Brand zu schießen. Am 30. hatte der Generat die Genug¬
thuung, sämmtliche Truppen, das ganze Material und das gesammte Gepäck
Über den Sumpf geschafft zu sehen. Den Abend vorher waren die Corps von


Während der letzten Schüsse dieses Treffens vernahm man lebhaftes Ge-
wehrfeuer bei Fairoaks auf der andern Seite des Flusses. Die Conföderirten
griffen die Schanzen der Bundesarmee an, doch war dies nur eine Demon¬
stration, die kräftig zurückgewiesen wurde. Es war ein heißer Tag gewesen-
35,000 Föderalisten hatten 60,000 Conföderirte nicht schlagen können, aber sie
hatten sie aufgehalten. In der Nacht ging die Bundesarmee in größter Ord¬
nung über die Brücken des Chikahominy, die sie hinter sich zerstörte. Sie ließ
auf dem Wahlplatz eine Menge Todte und Schwerverwundete, ein Dutzend
Kanonen und etliche Gefangne zurück, unter letztern den General Reynolds.
Das Corps von Keyes, welches die Vorhut gebildet, richtete seinen Marsch
ebenfalls nach dem Jamesriver und besetzte die Pässe über den White Oak
Swamp, einen großen Sumpf, welcher sich quer über den Weg der Armee
und ihrer Verfolger streckte.

Da nur ein Weg vorhanden war, so war es sehr schwierig, den großen
Convoi von 5000 Wagen, den Belagerungspark, die Heerde von 2500 Schlacht¬
ochsen und andere derartige Gegenstände rasch fortzubringen. Doch lag zwi¬
schen dem Heer Mac Clellans und den Conföderirten jetzt der Chikahominy,
die Brücken über denselben waren zerstört, und die Verfolger mußten entweder
neue bauen, oder einen weiten Umweg über Mechanics Bridge machen. So
kam es, daß die Colonnen des Südens erst am 29. vor der Nachhut der Bun¬
destruppen erschienen. Sie eröffneten sofort den Kampf bei Savage Station
an der Norkriver-Eisenbcchn, wurden aber kräftig empfangen und nachdem sie
zurückgeworfen, setzte man in der Nacht die Bewegung fort. Die letzte Nach¬
richt des nun die Arbeit einstellenden Telegraphen war, daß die Conföderirten
sich in den Besitz von White House gesetzt, nachdem die Bundestruppen dasselbe
geräumt und Alles, was von dem Material nicht fortzubringen, bis auf drei
Belagerungsgeschütze, zerstört hatten. Der ganze übrige Belagerungspark kam
wohlbehalten am Jamesriver an. Das einzige Unglück war, daß man sowohl
bei Gaues HiU als bei Savage Station und weiterhin auf der Nückzugslinie
eine Anzahl Schwerverwundert zurücklassen mußte.

Der Rückzug hatte seine großen Beschwerden. Die Hitze war erdrückend,
der Sumpf eine sehr fühlbare Unbequemlichkeit. Aber nichts vermochte die
Heiterkeit Mac Clellans zu stören. Am 29. hielt er an, um sich in einem Land¬
haus ein wenig auszuruhen, und als er hier unter der Veranda saß, kam die
Besitzerin und beklagte sich, daß die Soldaten ihre Kirschen äßen. Lächelnd
erhob er sich und ging selbst, um dieser Plünderung zu steuern, aber die Hau¬
bitzen des Feindes konnte er nicht hindern, bald nachher das Haus seiner hüb¬
schen Wirthin in Brand zu schießen. Am 30. hatte der Generat die Genug¬
thuung, sämmtliche Truppen, das ganze Material und das gesammte Gepäck
Über den Sumpf geschafft zu sehen. Den Abend vorher waren die Corps von


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[0478] Während der letzten Schüsse dieses Treffens vernahm man lebhaftes Ge- wehrfeuer bei Fairoaks auf der andern Seite des Flusses. Die Conföderirten griffen die Schanzen der Bundesarmee an, doch war dies nur eine Demon¬ stration, die kräftig zurückgewiesen wurde. Es war ein heißer Tag gewesen- 35,000 Föderalisten hatten 60,000 Conföderirte nicht schlagen können, aber sie hatten sie aufgehalten. In der Nacht ging die Bundesarmee in größter Ord¬ nung über die Brücken des Chikahominy, die sie hinter sich zerstörte. Sie ließ auf dem Wahlplatz eine Menge Todte und Schwerverwundete, ein Dutzend Kanonen und etliche Gefangne zurück, unter letztern den General Reynolds. Das Corps von Keyes, welches die Vorhut gebildet, richtete seinen Marsch ebenfalls nach dem Jamesriver und besetzte die Pässe über den White Oak Swamp, einen großen Sumpf, welcher sich quer über den Weg der Armee und ihrer Verfolger streckte. Da nur ein Weg vorhanden war, so war es sehr schwierig, den großen Convoi von 5000 Wagen, den Belagerungspark, die Heerde von 2500 Schlacht¬ ochsen und andere derartige Gegenstände rasch fortzubringen. Doch lag zwi¬ schen dem Heer Mac Clellans und den Conföderirten jetzt der Chikahominy, die Brücken über denselben waren zerstört, und die Verfolger mußten entweder neue bauen, oder einen weiten Umweg über Mechanics Bridge machen. So kam es, daß die Colonnen des Südens erst am 29. vor der Nachhut der Bun¬ destruppen erschienen. Sie eröffneten sofort den Kampf bei Savage Station an der Norkriver-Eisenbcchn, wurden aber kräftig empfangen und nachdem sie zurückgeworfen, setzte man in der Nacht die Bewegung fort. Die letzte Nach¬ richt des nun die Arbeit einstellenden Telegraphen war, daß die Conföderirten sich in den Besitz von White House gesetzt, nachdem die Bundestruppen dasselbe geräumt und Alles, was von dem Material nicht fortzubringen, bis auf drei Belagerungsgeschütze, zerstört hatten. Der ganze übrige Belagerungspark kam wohlbehalten am Jamesriver an. Das einzige Unglück war, daß man sowohl bei Gaues HiU als bei Savage Station und weiterhin auf der Nückzugslinie eine Anzahl Schwerverwundert zurücklassen mußte. Der Rückzug hatte seine großen Beschwerden. Die Hitze war erdrückend, der Sumpf eine sehr fühlbare Unbequemlichkeit. Aber nichts vermochte die Heiterkeit Mac Clellans zu stören. Am 29. hielt er an, um sich in einem Land¬ haus ein wenig auszuruhen, und als er hier unter der Veranda saß, kam die Besitzerin und beklagte sich, daß die Soldaten ihre Kirschen äßen. Lächelnd erhob er sich und ging selbst, um dieser Plünderung zu steuern, aber die Hau¬ bitzen des Feindes konnte er nicht hindern, bald nachher das Haus seiner hüb¬ schen Wirthin in Brand zu schießen. Am 30. hatte der Generat die Genug¬ thuung, sämmtliche Truppen, das ganze Material und das gesammte Gepäck Über den Sumpf geschafft zu sehen. Den Abend vorher waren die Corps von

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 21, 1862, II. Semester. IV. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341795_114855/478>, abgerufen am 20.10.2024.