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Die Grenzboten. Jg. 21, 1862, II. Semester. IV. Band.

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Confödenrten stärkere Verluste erlitten als die Bundestruppen, so war der
Stoß doch für die letztem verhängnißvoll. Sie hatten die Gelegenheit verloren,
den in ihrer Lage sehr nothwendigen entscheidenden Schlag zu führen.

Nach dieser Schlacht nahm die Bundesarmee genau die Stellung ein, die
sie vor derselben inne gehabt, und blieb fast einen ganzen Monat in derselben
unbeweglich stehen. Diese Zeit wurde-von ihr zu gewaltigen Arbeiten nach
zwei Seiten hin benutzt. Einmal wurden die Brücken, welche die beiden Flü¬
gel verbinden sollten, vollendet und zwar sehr solid und in einer Ausdehnung
über die ganze Thalsohle, so daß man die Überschwemmungen nicht mehr zu fürch¬
ten hatte. Dann beeilte man sich, den linsen Flügel gegen einen erneuten
Angriff des Feindes durch starke Schanzen und andere Vertheidigungswerke zu
sichern.

Befallen diesen Arbeiten entwickelten die Truppen eine bewundernswerthe
Energie und Umsicht. In dieser Beziehung ist der amerikanische Soldat ohne
Gleichen: abgehärtet gegen Anstrengungen, nie um Hülfsmittel verlegen, ein
vortrefflicher Schanzgräber, ein ausgezeichneter Holzschläger, ein geschickter
Zimmermann und selbst ein wenig Civilingenieur. Es geschah wiederholt im
Lauf des Feldzugs, daß man eine Mehl- oder Sägemühle antraf, die durch ein
hydraulisches Rad oder eine Dampfmaschine in Bewegung gesetzt wurde, und
welche der Feind bei seinem Rückzug arbeitsunfähig gemacht hatte. Man fand
sofort, im ersten besten Regiment, welches ankam, Leute, welche im Stande
waren, sie auszubessern, wieder in Gang zu setzen und dem Nutzen der Armee
dienstbar zu machen. Vor Allem merkwürdig aber war, ein Commando Sol¬
daten sich im Walde an die Arbeit machen zu sehen, um einen Verhau zu er¬
richten. "Ich erinnere mich," sagt unser Berichterstatter, "daß einmal ein einziges
Bataillon in einem einzigen Tage vierzig Hectaren uralten Hochwalds von Ei¬
chen und anderm harten Holz umhieb."' Und dabei wurden diese Arbeiten
keineswegs in Ruhe und Bequemlichkeit ausgeführt. Vom Himmel brannte
eine glühende Sonne herab, sehr häufig fiel wolkenbruchartiger Regen, und fast
unaufhörlich erfolgten mehr oder minder ernste Angriffe von Seiten des Feindes.

Die beiderseitigen Feldwachen und Vorposten beschränkten sich in der Re>
gel darauf, daß sie einander beobachteten. Bisweilen kam es zwischen ihnen
zu freundschaftlichen Mittheilungen, und man tauschte Kleinigkeiten, z. B. Zei-
tungen mit einander aus. Ja es geschah eines Tages, daß die föderalistischen
Offiziere von ihren confödenrten Kameraden auf einen Ball nach Richmond
eingeladen wurden, wobei nur die Bedingung gestellt wurde, daß sie sich für
die Hin- und Rückfahrt die Augen verbinden ließen. Aber ein zufällig abge¬
feuerter Schuß reichte hin, diese guten Beziehungen plötzlich zu unterbrechen,
man beschoß sich eine Viertelstunde und tödtete oder verwundete gegen hundert
Mann, ehe die Ruhe wiederkehrte.


Confödenrten stärkere Verluste erlitten als die Bundestruppen, so war der
Stoß doch für die letztem verhängnißvoll. Sie hatten die Gelegenheit verloren,
den in ihrer Lage sehr nothwendigen entscheidenden Schlag zu führen.

Nach dieser Schlacht nahm die Bundesarmee genau die Stellung ein, die
sie vor derselben inne gehabt, und blieb fast einen ganzen Monat in derselben
unbeweglich stehen. Diese Zeit wurde-von ihr zu gewaltigen Arbeiten nach
zwei Seiten hin benutzt. Einmal wurden die Brücken, welche die beiden Flü¬
gel verbinden sollten, vollendet und zwar sehr solid und in einer Ausdehnung
über die ganze Thalsohle, so daß man die Überschwemmungen nicht mehr zu fürch¬
ten hatte. Dann beeilte man sich, den linsen Flügel gegen einen erneuten
Angriff des Feindes durch starke Schanzen und andere Vertheidigungswerke zu
sichern.

Befallen diesen Arbeiten entwickelten die Truppen eine bewundernswerthe
Energie und Umsicht. In dieser Beziehung ist der amerikanische Soldat ohne
Gleichen: abgehärtet gegen Anstrengungen, nie um Hülfsmittel verlegen, ein
vortrefflicher Schanzgräber, ein ausgezeichneter Holzschläger, ein geschickter
Zimmermann und selbst ein wenig Civilingenieur. Es geschah wiederholt im
Lauf des Feldzugs, daß man eine Mehl- oder Sägemühle antraf, die durch ein
hydraulisches Rad oder eine Dampfmaschine in Bewegung gesetzt wurde, und
welche der Feind bei seinem Rückzug arbeitsunfähig gemacht hatte. Man fand
sofort, im ersten besten Regiment, welches ankam, Leute, welche im Stande
waren, sie auszubessern, wieder in Gang zu setzen und dem Nutzen der Armee
dienstbar zu machen. Vor Allem merkwürdig aber war, ein Commando Sol¬
daten sich im Walde an die Arbeit machen zu sehen, um einen Verhau zu er¬
richten. „Ich erinnere mich," sagt unser Berichterstatter, „daß einmal ein einziges
Bataillon in einem einzigen Tage vierzig Hectaren uralten Hochwalds von Ei¬
chen und anderm harten Holz umhieb."' Und dabei wurden diese Arbeiten
keineswegs in Ruhe und Bequemlichkeit ausgeführt. Vom Himmel brannte
eine glühende Sonne herab, sehr häufig fiel wolkenbruchartiger Regen, und fast
unaufhörlich erfolgten mehr oder minder ernste Angriffe von Seiten des Feindes.

Die beiderseitigen Feldwachen und Vorposten beschränkten sich in der Re>
gel darauf, daß sie einander beobachteten. Bisweilen kam es zwischen ihnen
zu freundschaftlichen Mittheilungen, und man tauschte Kleinigkeiten, z. B. Zei-
tungen mit einander aus. Ja es geschah eines Tages, daß die föderalistischen
Offiziere von ihren confödenrten Kameraden auf einen Ball nach Richmond
eingeladen wurden, wobei nur die Bedingung gestellt wurde, daß sie sich für
die Hin- und Rückfahrt die Augen verbinden ließen. Aber ein zufällig abge¬
feuerter Schuß reichte hin, diese guten Beziehungen plötzlich zu unterbrechen,
man beschoß sich eine Viertelstunde und tödtete oder verwundete gegen hundert
Mann, ehe die Ruhe wiederkehrte.


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[0472] Confödenrten stärkere Verluste erlitten als die Bundestruppen, so war der Stoß doch für die letztem verhängnißvoll. Sie hatten die Gelegenheit verloren, den in ihrer Lage sehr nothwendigen entscheidenden Schlag zu führen. Nach dieser Schlacht nahm die Bundesarmee genau die Stellung ein, die sie vor derselben inne gehabt, und blieb fast einen ganzen Monat in derselben unbeweglich stehen. Diese Zeit wurde-von ihr zu gewaltigen Arbeiten nach zwei Seiten hin benutzt. Einmal wurden die Brücken, welche die beiden Flü¬ gel verbinden sollten, vollendet und zwar sehr solid und in einer Ausdehnung über die ganze Thalsohle, so daß man die Überschwemmungen nicht mehr zu fürch¬ ten hatte. Dann beeilte man sich, den linsen Flügel gegen einen erneuten Angriff des Feindes durch starke Schanzen und andere Vertheidigungswerke zu sichern. Befallen diesen Arbeiten entwickelten die Truppen eine bewundernswerthe Energie und Umsicht. In dieser Beziehung ist der amerikanische Soldat ohne Gleichen: abgehärtet gegen Anstrengungen, nie um Hülfsmittel verlegen, ein vortrefflicher Schanzgräber, ein ausgezeichneter Holzschläger, ein geschickter Zimmermann und selbst ein wenig Civilingenieur. Es geschah wiederholt im Lauf des Feldzugs, daß man eine Mehl- oder Sägemühle antraf, die durch ein hydraulisches Rad oder eine Dampfmaschine in Bewegung gesetzt wurde, und welche der Feind bei seinem Rückzug arbeitsunfähig gemacht hatte. Man fand sofort, im ersten besten Regiment, welches ankam, Leute, welche im Stande waren, sie auszubessern, wieder in Gang zu setzen und dem Nutzen der Armee dienstbar zu machen. Vor Allem merkwürdig aber war, ein Commando Sol¬ daten sich im Walde an die Arbeit machen zu sehen, um einen Verhau zu er¬ richten. „Ich erinnere mich," sagt unser Berichterstatter, „daß einmal ein einziges Bataillon in einem einzigen Tage vierzig Hectaren uralten Hochwalds von Ei¬ chen und anderm harten Holz umhieb."' Und dabei wurden diese Arbeiten keineswegs in Ruhe und Bequemlichkeit ausgeführt. Vom Himmel brannte eine glühende Sonne herab, sehr häufig fiel wolkenbruchartiger Regen, und fast unaufhörlich erfolgten mehr oder minder ernste Angriffe von Seiten des Feindes. Die beiderseitigen Feldwachen und Vorposten beschränkten sich in der Re> gel darauf, daß sie einander beobachteten. Bisweilen kam es zwischen ihnen zu freundschaftlichen Mittheilungen, und man tauschte Kleinigkeiten, z. B. Zei- tungen mit einander aus. Ja es geschah eines Tages, daß die föderalistischen Offiziere von ihren confödenrten Kameraden auf einen Ball nach Richmond eingeladen wurden, wobei nur die Bedingung gestellt wurde, daß sie sich für die Hin- und Rückfahrt die Augen verbinden ließen. Aber ein zufällig abge¬ feuerter Schuß reichte hin, diese guten Beziehungen plötzlich zu unterbrechen, man beschoß sich eine Viertelstunde und tödtete oder verwundete gegen hundert Mann, ehe die Ruhe wiederkehrte.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 21, 1862, II. Semester. IV. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341795_114855/472>, abgerufen am 20.10.2024.