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Die Grenzboten. Jg. 21, 1862, II. Semester. IV. Band.

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Strafe im Sinne des Gesetzes nicht vorliege. Herr Trabcrt wurde. zugelassen
und damit die von der Regierung geforderte Anerkennung der Rechtmäßigkeit
des Interregnums von den Ständen verweigert. Ueberhaupt sind ins jetzt alle
Beschlüsse der Ständeversammlung einstimmig gefaßt worden, was gewiß den
besten Beweis für die in derselben herrschende Einmüthigkeit liefert. Das
Ministerium kann nicht über eine einzige Stimme verfügen; noch viel weniger
Bilmar und sein Anhang.

Der dermalige landständische Ausschuß, welchem während einer Vertagung
oder Auflösung der Ständeversammlung die Wahrung der Rechte derselben
obliegt, ist aus folgenden Personen zusammengesetzt: Nebelthau, Hartwig,
Zuschlag, Wiegand, Oetker und Henkel. Es sind dieses sämmtlich Männer
welche in Beziehung auf Umsicht, Intelligenz und Festigkeit das volle Vertrauen
des Landes verdienen und besitzen. Diesem landständischen Ausschuß kann, unter
den jetzigen Verhältnissen, eine sehr bedeutsame Aufgabe zufallen.

Die Staatsregierung hat den Ständen bis jetzt nur den Entwurf zu einem
neuen Wahlgesetz vorgelegt. Es entspricht dieses genau dem früher erwähnten
Vilmarschen Recept. Eine Aenderung des bestehenden Wahlgesetzes ist aller¬
dings durch den Bundesbeschluß vom 24. Mai in so weit geboten, als derselbe
eine Berücksichtigung der bundesrechtlich verbürgten Standschaftörechte der Me-
diatisirten und der vormaligen Neichsntterschaft fordert. Durch das Wahl¬
gesetz vom 5. April 1849 sind nämlich an die Stelle der Privilegirten -- der
.Prinzen, der Standesherrn, des Erbmarschalls, der ritterschaftlichen Obervor¬
steher, des Deputaten der Landesuniversität und der Abgeordneten des Adels
-- sechzehn Abgeordnete der Höchstbesteuerten getreten. Thatsächlich erstreckt
sich die Forderung des Bundesbeschlusses auf vier Standesherrn -- den Für¬
sten von Jsenburg-Bustein, den Grafen von Jsenburg-Wächtersbach und den
Grafen von Solms-Rödelheim -- und auf sechs vormals reichsritterschaftliche
Familien in den Provinzen Fulda und Hanau. Wenn nun die persönliche
Landstandschast der Standesherrn wiederhergestellt wird, und die reichsritter-
schaftlichen Familien durch einen aus ihrer Mitte gewählten Abgeordneten land¬
ständische Vertretung finden; so ist damit jedenfalls dem Bundesbeschluß voll¬
ständig Genüge geleistet. Daß dieses geschehen müsse, wird von allen Seiten,
sogar von der vorgeschrittenen demokratischen Partei in Hanau, anerkannt.
Die Ständeversammlung wird voraussichtlich hiernächst einen derartigen Be¬
schluß einstimmig fassen, wie dieses schon in der Antwort aus die Thronrede
angedeutet worden ist.

Nicht in gleicher Weise verhält es sich mit der durch die Regierungs¬
vorlage beabsichtigten Wiedereinsetzung der übrigen Privilegirten, insbesondere
der Ritterschaft in ihre früheren landständischen Vorrechte. Die hessische Rit¬
terschaft gehört durchgängig dem landsässigen Adel an. Auf den landsässigcn


Grenzboten IV. l362, 55

Strafe im Sinne des Gesetzes nicht vorliege. Herr Trabcrt wurde. zugelassen
und damit die von der Regierung geforderte Anerkennung der Rechtmäßigkeit
des Interregnums von den Ständen verweigert. Ueberhaupt sind ins jetzt alle
Beschlüsse der Ständeversammlung einstimmig gefaßt worden, was gewiß den
besten Beweis für die in derselben herrschende Einmüthigkeit liefert. Das
Ministerium kann nicht über eine einzige Stimme verfügen; noch viel weniger
Bilmar und sein Anhang.

Der dermalige landständische Ausschuß, welchem während einer Vertagung
oder Auflösung der Ständeversammlung die Wahrung der Rechte derselben
obliegt, ist aus folgenden Personen zusammengesetzt: Nebelthau, Hartwig,
Zuschlag, Wiegand, Oetker und Henkel. Es sind dieses sämmtlich Männer
welche in Beziehung auf Umsicht, Intelligenz und Festigkeit das volle Vertrauen
des Landes verdienen und besitzen. Diesem landständischen Ausschuß kann, unter
den jetzigen Verhältnissen, eine sehr bedeutsame Aufgabe zufallen.

Die Staatsregierung hat den Ständen bis jetzt nur den Entwurf zu einem
neuen Wahlgesetz vorgelegt. Es entspricht dieses genau dem früher erwähnten
Vilmarschen Recept. Eine Aenderung des bestehenden Wahlgesetzes ist aller¬
dings durch den Bundesbeschluß vom 24. Mai in so weit geboten, als derselbe
eine Berücksichtigung der bundesrechtlich verbürgten Standschaftörechte der Me-
diatisirten und der vormaligen Neichsntterschaft fordert. Durch das Wahl¬
gesetz vom 5. April 1849 sind nämlich an die Stelle der Privilegirten — der
.Prinzen, der Standesherrn, des Erbmarschalls, der ritterschaftlichen Obervor¬
steher, des Deputaten der Landesuniversität und der Abgeordneten des Adels
— sechzehn Abgeordnete der Höchstbesteuerten getreten. Thatsächlich erstreckt
sich die Forderung des Bundesbeschlusses auf vier Standesherrn — den Für¬
sten von Jsenburg-Bustein, den Grafen von Jsenburg-Wächtersbach und den
Grafen von Solms-Rödelheim — und auf sechs vormals reichsritterschaftliche
Familien in den Provinzen Fulda und Hanau. Wenn nun die persönliche
Landstandschast der Standesherrn wiederhergestellt wird, und die reichsritter-
schaftlichen Familien durch einen aus ihrer Mitte gewählten Abgeordneten land¬
ständische Vertretung finden; so ist damit jedenfalls dem Bundesbeschluß voll¬
ständig Genüge geleistet. Daß dieses geschehen müsse, wird von allen Seiten,
sogar von der vorgeschrittenen demokratischen Partei in Hanau, anerkannt.
Die Ständeversammlung wird voraussichtlich hiernächst einen derartigen Be¬
schluß einstimmig fassen, wie dieses schon in der Antwort aus die Thronrede
angedeutet worden ist.

Nicht in gleicher Weise verhält es sich mit der durch die Regierungs¬
vorlage beabsichtigten Wiedereinsetzung der übrigen Privilegirten, insbesondere
der Ritterschaft in ihre früheren landständischen Vorrechte. Die hessische Rit¬
terschaft gehört durchgängig dem landsässigen Adel an. Auf den landsässigcn


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 21, 1862, II. Semester. IV. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341795_114855/445>, abgerufen am 27.09.2024.