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Die Grenzboten. Jg. 21, 1862, II. Semester. IV. Band.

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Dies war die Basis, von wo Sherman gegen Charleston und Savannah
operiren sollte, deren er sich jedoch erst bemächtigt hatte, als die Conföderirten
ihre Maßregeln zu Verhinderung seines weiteren Vordringens bereits getroffen.
Nach der Eroberung von Hilton-Head waren sie in aller Eile über Beaufort
hierher geflohen, da sie sich auf den Inseln doch nicht halten konnten, hatten
die Fähre zerstört, auf der andern Seite des Creeks ein Fort aufgeworfen und
alle disponiblen Truppen von Charleston und Savannah, welche sofort durch Ver¬
stärkungen aus dem Norden ersetzt und verstärkt wurden, dort concentrirt.
Sherman landete mit circa 15,000 Mann in Hilton-Head; sein Erfolg konnte
also nur das Resultat einer kühnen, überraschenden Bewegung sein, wie sie bei
der eiligen Flucht der Conföderirten durchaus geboten war. Er brauchte nur
ihren Spuren zu folgen, um zur Junction zu gelangen, und mußte von dort
entweder auf das ungeschützte Charleston losgehen, wo er von der Seeseite aus
sofort verstärkt werden konnte, oder wenigstens die Eisenbahn besetzen und so
die große Pulsader des Südostens abschneiden; damit hätte er zugleich die Ver¬
stärkungen von Savannah abgehalten. Statt dessen dauerte es drei ganze
Wochen, ehe der General das verlassene Beaufort besetzte, und es ist erwiesen,
daß die Rebellen während dieser Zeit noch fortwährend eine lebhafte Verbin¬
dung zwischen der Stadt und dem Festlande unterhielten und vieles Werthvolle
auf die Seite schafften. Wieder ging eine geraume Zeit darauf hin, ehe die
Vedetten bis Port Royal-Ferry ausgedehnt wurden, und als dies geschehen
war, stand ihm der Feind mit einer gleichen Macht auf einem bedeutend günsti¬
geren Terrain gegenüber. General Stevens hatte stricte Ordre, nichts zu unter¬
nehmen, und Vorsicht ist die Mutter der Weisheit; aber Kühnheit und Energie
sind zwei unerläßliche Eigenschaften für einen General, welcher sich einen so
wichtigen und folgereichen Handstreich zur Aufgabe gestellt hatte. An der feind¬
lichen Seite stiegen die Ufer des Creeks, sumpfig in der unmittelbaren Nähe
des Wassers, allmälig an bis zu einem Waldsäume, an welchem die Vorposten
der Conföderirten standen. Wenn man also einen Uebergang bewerkstelligen
wollte, wie am 1. Januar d. I., so waren die Bundestruppen eine ganze
Strecke dem mörderischen Feuer des vom Walde gedeckten Feindes ausgesetzt,
und so war die unglückliche Situation lediglich auf Shermans Saumselig¬
keit zurückzuführen, welcher noch immer mit seiner Hauptmacht auf Hilton-
Head lag.

Natürlich war auf diese Weise an einen Angriff auf Charleston oder Sa¬
vannah nicht mehr zu denken, zumal beide Städte jetzt stark besetzt und befestigt
waren, und man mußte an die kostspielige und zeitraubende Eroberung des starken
Fort Pulasky denken, welches an der Mündung des Savannah-River die Stadt
nach der Seeseite zu schützt. Der Angriffspunkt war die Insel Tybee, dem
Fort gerade gegenüber und an dem nächsten Punkte nicht mehr als circa iooo


Dies war die Basis, von wo Sherman gegen Charleston und Savannah
operiren sollte, deren er sich jedoch erst bemächtigt hatte, als die Conföderirten
ihre Maßregeln zu Verhinderung seines weiteren Vordringens bereits getroffen.
Nach der Eroberung von Hilton-Head waren sie in aller Eile über Beaufort
hierher geflohen, da sie sich auf den Inseln doch nicht halten konnten, hatten
die Fähre zerstört, auf der andern Seite des Creeks ein Fort aufgeworfen und
alle disponiblen Truppen von Charleston und Savannah, welche sofort durch Ver¬
stärkungen aus dem Norden ersetzt und verstärkt wurden, dort concentrirt.
Sherman landete mit circa 15,000 Mann in Hilton-Head; sein Erfolg konnte
also nur das Resultat einer kühnen, überraschenden Bewegung sein, wie sie bei
der eiligen Flucht der Conföderirten durchaus geboten war. Er brauchte nur
ihren Spuren zu folgen, um zur Junction zu gelangen, und mußte von dort
entweder auf das ungeschützte Charleston losgehen, wo er von der Seeseite aus
sofort verstärkt werden konnte, oder wenigstens die Eisenbahn besetzen und so
die große Pulsader des Südostens abschneiden; damit hätte er zugleich die Ver¬
stärkungen von Savannah abgehalten. Statt dessen dauerte es drei ganze
Wochen, ehe der General das verlassene Beaufort besetzte, und es ist erwiesen,
daß die Rebellen während dieser Zeit noch fortwährend eine lebhafte Verbin¬
dung zwischen der Stadt und dem Festlande unterhielten und vieles Werthvolle
auf die Seite schafften. Wieder ging eine geraume Zeit darauf hin, ehe die
Vedetten bis Port Royal-Ferry ausgedehnt wurden, und als dies geschehen
war, stand ihm der Feind mit einer gleichen Macht auf einem bedeutend günsti¬
geren Terrain gegenüber. General Stevens hatte stricte Ordre, nichts zu unter¬
nehmen, und Vorsicht ist die Mutter der Weisheit; aber Kühnheit und Energie
sind zwei unerläßliche Eigenschaften für einen General, welcher sich einen so
wichtigen und folgereichen Handstreich zur Aufgabe gestellt hatte. An der feind¬
lichen Seite stiegen die Ufer des Creeks, sumpfig in der unmittelbaren Nähe
des Wassers, allmälig an bis zu einem Waldsäume, an welchem die Vorposten
der Conföderirten standen. Wenn man also einen Uebergang bewerkstelligen
wollte, wie am 1. Januar d. I., so waren die Bundestruppen eine ganze
Strecke dem mörderischen Feuer des vom Walde gedeckten Feindes ausgesetzt,
und so war die unglückliche Situation lediglich auf Shermans Saumselig¬
keit zurückzuführen, welcher noch immer mit seiner Hauptmacht auf Hilton-
Head lag.

Natürlich war auf diese Weise an einen Angriff auf Charleston oder Sa¬
vannah nicht mehr zu denken, zumal beide Städte jetzt stark besetzt und befestigt
waren, und man mußte an die kostspielige und zeitraubende Eroberung des starken
Fort Pulasky denken, welches an der Mündung des Savannah-River die Stadt
nach der Seeseite zu schützt. Der Angriffspunkt war die Insel Tybee, dem
Fort gerade gegenüber und an dem nächsten Punkte nicht mehr als circa iooo


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 21, 1862, II. Semester. IV. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341795_114855/280>, abgerufen am 20.10.2024.