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Die Grenzboten. Jg. 21, 1862, II. Semester. IV. Band.

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und als solche zeigte sich die von Jdstedt in ihren bedenklichsten und drohend¬
sten Folgen bald nachdem der Rückzug befohlen war. Ich blieb, um die
nöthige Ruhe in die Bewegung zu bringen, selbst bei der allerletzten Arriere-
garde, und so gelang es auch, sobald ich nur sah. daß der Feind, dessen Zu¬
stand kurz vorher ihm wohl ebenso bedenklich erschienen war wie mir nun der
meinige, und dessen Kräfte auch auf das Aeußerste erschöpft waren, nicht heftig
drängend verfolgte, wieder einige Ruhe und Haltung in die Truppen zu brin¬
gen, so daß schon der Rückzug durch die Stadt Schleswig in guter Ordnung
von Statten ging. Der Rückzug der zweiten, dritten und vierten Brigade nach
Missunbe war in nichts gestört und bedroht und ging deshalb auch ohne den ge¬
ringsten Verlust vor sich. Nur die am wenigsten gefährdeten Truppen, die,
welche über Schuby gehen sollten, wurden spät am Abend von feindlicher
Cavallerie erreicht, hielten sich schleckt und verloren Gefangene. Die Re-
servecavallerie hatte sie verlassen und ihren Rückzug eilig gegen Rendsburg fort¬
gesetzt.

Als ich Schleswig erreicht, beschloß ich mit dem, was ich bei mir hatte,
jenseits der Stadt auszubiegen und die starke Stellung bei Fahrdorf zu be¬
ziehen. Ich hatte alle meine Parks da hindirigirt. es war eine excentrische
Ausbiegung, den Weg nach Rendsburg zu vertheidigen. Die Stellung war
nur auf ihrem linken Flügel zu umgehen, bei nicht zu ungleichen Kräften lag
hier die einzig richtige Vertheidigung. Ich hatte, als ich schon vor der Schlacht
mir diesen Punkt ausgewählt, die Absicht, hier, wenn es sein könnte, eine
zweite Schlacht zu liefern, und wollte auch jetzt meine kleine Armee hier wie¬
der zusammenzieht,. Ich blieb selbst den ganzen Nachmittag in der Stellung,
sammelte und ordnete, was ich konnte, befahl, daß die beiden Bataillone der ersten
Brigade, welche ich der feindlichen Umgehung entgegengeworfen hatte, die noth¬
dürftige Besatzung von Rendsburg bilden, die Cavallerie sich an mich anschlie¬
ßen sollte. Mein Gros wollte ich von Missunde heranziehen. Am Mittage
des 2l>. konnte Alles in der Stellung vereinigt sein. Im schlimmsten Falle
schien mir ein Rückzug nach der Eider auch von hier noch nicht zu schwierig,
wenn schon die nahe Nachbarschaft des Meeres gegen einen unternehmenden
übermächtigen Feind höchst bedenklich schien. Ich hielt es nicht für möglich,
daß die Dänen ihre große Ueberlegenheit und die eben gewonnene Schlacht
nicht dazu benutzen würden", ihre Vortheile in den nächsten Tagen bis zu einem
vollständigen Siege zu steigern, und erwartete also bestimmt, wenn ich stehen
bliebe, am folgenden Tag in der Stellung von Fahrdorf angegriffen zu werden.
Die Natur des Terrains und die Stärkeverhältnisse wiesen den Feind in diesem
Falle ganz entschieden darauf hin, meinen linken Flügel von Kroppendorf her zu
umgehen, ich wußte noch gar nichts Bestimmtes über den Zustand der Truppen,
welche aus Missunde zurückgegangen waren, sie hatten einen Marsch zu machen,


und als solche zeigte sich die von Jdstedt in ihren bedenklichsten und drohend¬
sten Folgen bald nachdem der Rückzug befohlen war. Ich blieb, um die
nöthige Ruhe in die Bewegung zu bringen, selbst bei der allerletzten Arriere-
garde, und so gelang es auch, sobald ich nur sah. daß der Feind, dessen Zu¬
stand kurz vorher ihm wohl ebenso bedenklich erschienen war wie mir nun der
meinige, und dessen Kräfte auch auf das Aeußerste erschöpft waren, nicht heftig
drängend verfolgte, wieder einige Ruhe und Haltung in die Truppen zu brin¬
gen, so daß schon der Rückzug durch die Stadt Schleswig in guter Ordnung
von Statten ging. Der Rückzug der zweiten, dritten und vierten Brigade nach
Missunbe war in nichts gestört und bedroht und ging deshalb auch ohne den ge¬
ringsten Verlust vor sich. Nur die am wenigsten gefährdeten Truppen, die,
welche über Schuby gehen sollten, wurden spät am Abend von feindlicher
Cavallerie erreicht, hielten sich schleckt und verloren Gefangene. Die Re-
servecavallerie hatte sie verlassen und ihren Rückzug eilig gegen Rendsburg fort¬
gesetzt.

Als ich Schleswig erreicht, beschloß ich mit dem, was ich bei mir hatte,
jenseits der Stadt auszubiegen und die starke Stellung bei Fahrdorf zu be¬
ziehen. Ich hatte alle meine Parks da hindirigirt. es war eine excentrische
Ausbiegung, den Weg nach Rendsburg zu vertheidigen. Die Stellung war
nur auf ihrem linken Flügel zu umgehen, bei nicht zu ungleichen Kräften lag
hier die einzig richtige Vertheidigung. Ich hatte, als ich schon vor der Schlacht
mir diesen Punkt ausgewählt, die Absicht, hier, wenn es sein könnte, eine
zweite Schlacht zu liefern, und wollte auch jetzt meine kleine Armee hier wie¬
der zusammenzieht,. Ich blieb selbst den ganzen Nachmittag in der Stellung,
sammelte und ordnete, was ich konnte, befahl, daß die beiden Bataillone der ersten
Brigade, welche ich der feindlichen Umgehung entgegengeworfen hatte, die noth¬
dürftige Besatzung von Rendsburg bilden, die Cavallerie sich an mich anschlie¬
ßen sollte. Mein Gros wollte ich von Missunde heranziehen. Am Mittage
des 2l>. konnte Alles in der Stellung vereinigt sein. Im schlimmsten Falle
schien mir ein Rückzug nach der Eider auch von hier noch nicht zu schwierig,
wenn schon die nahe Nachbarschaft des Meeres gegen einen unternehmenden
übermächtigen Feind höchst bedenklich schien. Ich hielt es nicht für möglich,
daß die Dänen ihre große Ueberlegenheit und die eben gewonnene Schlacht
nicht dazu benutzen würden", ihre Vortheile in den nächsten Tagen bis zu einem
vollständigen Siege zu steigern, und erwartete also bestimmt, wenn ich stehen
bliebe, am folgenden Tag in der Stellung von Fahrdorf angegriffen zu werden.
Die Natur des Terrains und die Stärkeverhältnisse wiesen den Feind in diesem
Falle ganz entschieden darauf hin, meinen linken Flügel von Kroppendorf her zu
umgehen, ich wußte noch gar nichts Bestimmtes über den Zustand der Truppen,
welche aus Missunde zurückgegangen waren, sie hatten einen Marsch zu machen,


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[0266] und als solche zeigte sich die von Jdstedt in ihren bedenklichsten und drohend¬ sten Folgen bald nachdem der Rückzug befohlen war. Ich blieb, um die nöthige Ruhe in die Bewegung zu bringen, selbst bei der allerletzten Arriere- garde, und so gelang es auch, sobald ich nur sah. daß der Feind, dessen Zu¬ stand kurz vorher ihm wohl ebenso bedenklich erschienen war wie mir nun der meinige, und dessen Kräfte auch auf das Aeußerste erschöpft waren, nicht heftig drängend verfolgte, wieder einige Ruhe und Haltung in die Truppen zu brin¬ gen, so daß schon der Rückzug durch die Stadt Schleswig in guter Ordnung von Statten ging. Der Rückzug der zweiten, dritten und vierten Brigade nach Missunbe war in nichts gestört und bedroht und ging deshalb auch ohne den ge¬ ringsten Verlust vor sich. Nur die am wenigsten gefährdeten Truppen, die, welche über Schuby gehen sollten, wurden spät am Abend von feindlicher Cavallerie erreicht, hielten sich schleckt und verloren Gefangene. Die Re- servecavallerie hatte sie verlassen und ihren Rückzug eilig gegen Rendsburg fort¬ gesetzt. Als ich Schleswig erreicht, beschloß ich mit dem, was ich bei mir hatte, jenseits der Stadt auszubiegen und die starke Stellung bei Fahrdorf zu be¬ ziehen. Ich hatte alle meine Parks da hindirigirt. es war eine excentrische Ausbiegung, den Weg nach Rendsburg zu vertheidigen. Die Stellung war nur auf ihrem linken Flügel zu umgehen, bei nicht zu ungleichen Kräften lag hier die einzig richtige Vertheidigung. Ich hatte, als ich schon vor der Schlacht mir diesen Punkt ausgewählt, die Absicht, hier, wenn es sein könnte, eine zweite Schlacht zu liefern, und wollte auch jetzt meine kleine Armee hier wie¬ der zusammenzieht,. Ich blieb selbst den ganzen Nachmittag in der Stellung, sammelte und ordnete, was ich konnte, befahl, daß die beiden Bataillone der ersten Brigade, welche ich der feindlichen Umgehung entgegengeworfen hatte, die noth¬ dürftige Besatzung von Rendsburg bilden, die Cavallerie sich an mich anschlie¬ ßen sollte. Mein Gros wollte ich von Missunde heranziehen. Am Mittage des 2l>. konnte Alles in der Stellung vereinigt sein. Im schlimmsten Falle schien mir ein Rückzug nach der Eider auch von hier noch nicht zu schwierig, wenn schon die nahe Nachbarschaft des Meeres gegen einen unternehmenden übermächtigen Feind höchst bedenklich schien. Ich hielt es nicht für möglich, daß die Dänen ihre große Ueberlegenheit und die eben gewonnene Schlacht nicht dazu benutzen würden", ihre Vortheile in den nächsten Tagen bis zu einem vollständigen Siege zu steigern, und erwartete also bestimmt, wenn ich stehen bliebe, am folgenden Tag in der Stellung von Fahrdorf angegriffen zu werden. Die Natur des Terrains und die Stärkeverhältnisse wiesen den Feind in diesem Falle ganz entschieden darauf hin, meinen linken Flügel von Kroppendorf her zu umgehen, ich wußte noch gar nichts Bestimmtes über den Zustand der Truppen, welche aus Missunde zurückgegangen waren, sie hatten einen Marsch zu machen,

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 21, 1862, II. Semester. IV. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341795_114855/266>, abgerufen am 21.10.2024.