Die Grenzboten. Jg. 21, 1862, II. Semester. IV. Band.Stande gewesen zu sein vorzudringen. So erwartete ich, was der Feind Als ich dem Gange des Gefechts von meiner beobachtenden Stellung in Wie dem aber auch war. die Lage erschien von der Art, daß ein entschei¬ Stande gewesen zu sein vorzudringen. So erwartete ich, was der Feind Als ich dem Gange des Gefechts von meiner beobachtenden Stellung in Wie dem aber auch war. die Lage erschien von der Art, daß ein entschei¬ <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0264" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/115116"/> <p xml:id="ID_830" prev="#ID_829"> Stande gewesen zu sein vorzudringen. So erwartete ich, was der Feind<lb/> weiter unternehmen würde. Als er gegen elf Uhr seinen Angriff auf die<lb/> Stellung wieder begann, war ich entschlossen, den entschiedensten Widerstand zu<lb/> leisten, so lange es ihm nicht gelänge, einen meiner Flügel mit seiner Ueber¬<lb/> macht zu erdrücken und so meine Position unhaltbar zu machen — ein Um¬<lb/> stand, der freilich nur zu bald und auf die für mich unerwartetste Weise eintrat.</p><lb/> <p xml:id="ID_831"> Als ich dem Gange des Gefechts von meiner beobachtenden Stellung in<lb/> der Nähe zusah und mich nur wunderte, von Solbro noch immer gar nichts zu<lb/> erfahren, hörte ich plötzlich in weiter Entfernung hinter mir gegen Schuby<lb/> Kanonenfeuer, ja der aufsteigende Rauch zeigte nur zu deutlich, daß dort ein<lb/> Gefecht stattfinde, und nun langten denn auch bald hinter einander Mel¬<lb/> dungen an. der Feind habe am frühen Morgen schon die Stellung von Solbro<lb/> wieder angegriffen, sie genommen und sei nun, vielleicht eine Division stark,<lb/> gegen Schuby vorgerückt, wodurch er mir also schon völlig im Rücken stand.<lb/> Auf den früheren absoluten Mangel an Meldungen erfolgten jetzt die übertrie¬<lb/> bensten, etwa in dem Stile wie nach der Flucht der vierten Brigade, unter<lb/> anderen eine, welche ein höherer Offizier schickte, welcher anzeigen ließ, der Feind<lb/> stehe schon mit Geschütz hinter dem Langsee. Meine Ueberraschung war eben¬<lb/> so groß als mein Zorn über den über alle Beschreibung schlechten Generalstabs¬<lb/> und Adjutantendienst, der es möglich machte, daß ich von den wichtigsten Dingen<lb/> nichts erfuhr; denn ebenso wenig war mir im ganzen Laufe der Schlacht<lb/> auch nur eine Meldung von der zweiten und dritten Brigade zugekommen.<lb/> Der Mangel an guten Offizieren trat hier auf eine entmuthigende Weise<lb/> hervor.</p><lb/> <p xml:id="ID_832" next="#ID_833"> Wie dem aber auch war. die Lage erschien von der Art, daß ein entschei¬<lb/> dender Entschluß zur Stelle gefaßt werden mußte. Eine Entscheidung über<lb/> eine der damals wichtigsten Fragen europäischer Politik drängte sich in dem<lb/> Raume zusammen, der etwa gegeben ist, um einen Zug aus dem Schachbrete<lb/> zu thun. Da gilt es Ruhe und Besonnenheit und Charakterstärke. Ich er¬<lb/> wog im schnellen Ueberblicke die ganze Lage. Vorn eben wieder heftig an¬<lb/> gegriffen, ohne Nachrichten vom rechten Flügel, die Truppen, besonders die In¬<lb/> fanterie, in der bedenklichsten, schwächlichsten Haltung, im Rücken ein Feind<lb/> vielleicht halb so stark wie ich im Ganzen, dazu die Erinnerung an die drin¬<lb/> gende Ermahnung der Statthalterschaft vor mir, ja nicht Alles auf einen Wurf<lb/> zu setzen, zweifelte ich nicht lange, daß hier das einzig Richtige sei: für heute<lb/> die Sache aufzugeben und der höchst gefährlichen Stellung mich zu entziehen. Keiner<lb/> der Anwesenden äußerte auch nur entfernt eine andere Meinung. Das Drin¬<lb/> gendste schien mir, dem drohenden Rückenangriffe sich entgegen zu werfen, und<lb/> das Tröstlichste in der Lage, daß durch die mit richtiger Voraussicht bei Missunde<lb/> geschlagene Brücke auch ein Rückzug dahin möglich wurde, da der nach Schles</p><lb/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0264]
Stande gewesen zu sein vorzudringen. So erwartete ich, was der Feind
weiter unternehmen würde. Als er gegen elf Uhr seinen Angriff auf die
Stellung wieder begann, war ich entschlossen, den entschiedensten Widerstand zu
leisten, so lange es ihm nicht gelänge, einen meiner Flügel mit seiner Ueber¬
macht zu erdrücken und so meine Position unhaltbar zu machen — ein Um¬
stand, der freilich nur zu bald und auf die für mich unerwartetste Weise eintrat.
Als ich dem Gange des Gefechts von meiner beobachtenden Stellung in
der Nähe zusah und mich nur wunderte, von Solbro noch immer gar nichts zu
erfahren, hörte ich plötzlich in weiter Entfernung hinter mir gegen Schuby
Kanonenfeuer, ja der aufsteigende Rauch zeigte nur zu deutlich, daß dort ein
Gefecht stattfinde, und nun langten denn auch bald hinter einander Mel¬
dungen an. der Feind habe am frühen Morgen schon die Stellung von Solbro
wieder angegriffen, sie genommen und sei nun, vielleicht eine Division stark,
gegen Schuby vorgerückt, wodurch er mir also schon völlig im Rücken stand.
Auf den früheren absoluten Mangel an Meldungen erfolgten jetzt die übertrie¬
bensten, etwa in dem Stile wie nach der Flucht der vierten Brigade, unter
anderen eine, welche ein höherer Offizier schickte, welcher anzeigen ließ, der Feind
stehe schon mit Geschütz hinter dem Langsee. Meine Ueberraschung war eben¬
so groß als mein Zorn über den über alle Beschreibung schlechten Generalstabs¬
und Adjutantendienst, der es möglich machte, daß ich von den wichtigsten Dingen
nichts erfuhr; denn ebenso wenig war mir im ganzen Laufe der Schlacht
auch nur eine Meldung von der zweiten und dritten Brigade zugekommen.
Der Mangel an guten Offizieren trat hier auf eine entmuthigende Weise
hervor.
Wie dem aber auch war. die Lage erschien von der Art, daß ein entschei¬
dender Entschluß zur Stelle gefaßt werden mußte. Eine Entscheidung über
eine der damals wichtigsten Fragen europäischer Politik drängte sich in dem
Raume zusammen, der etwa gegeben ist, um einen Zug aus dem Schachbrete
zu thun. Da gilt es Ruhe und Besonnenheit und Charakterstärke. Ich er¬
wog im schnellen Ueberblicke die ganze Lage. Vorn eben wieder heftig an¬
gegriffen, ohne Nachrichten vom rechten Flügel, die Truppen, besonders die In¬
fanterie, in der bedenklichsten, schwächlichsten Haltung, im Rücken ein Feind
vielleicht halb so stark wie ich im Ganzen, dazu die Erinnerung an die drin¬
gende Ermahnung der Statthalterschaft vor mir, ja nicht Alles auf einen Wurf
zu setzen, zweifelte ich nicht lange, daß hier das einzig Richtige sei: für heute
die Sache aufzugeben und der höchst gefährlichen Stellung mich zu entziehen. Keiner
der Anwesenden äußerte auch nur entfernt eine andere Meinung. Das Drin¬
gendste schien mir, dem drohenden Rückenangriffe sich entgegen zu werfen, und
das Tröstlichste in der Lage, daß durch die mit richtiger Voraussicht bei Missunde
geschlagene Brücke auch ein Rückzug dahin möglich wurde, da der nach Schles
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