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Die Grenzboten. Jg. 21, 1862, II. Semester. IV. Band.

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um so schwerer werden könnte, ich vergaß in dem Eifer einen entscheidenden
Schlag zu thun das Nächste, was nöthig war, der vierten Brigade Terrain jen¬
seits des Hindernisses zu schaffen und die Verbindung mit der dritten herzu¬
stellen. Einen anderen Fehler beging ich zugleich dadurch. daß ich auf wieder¬
holtes, völlig unmotivirtes Andringen der Avantgarde ein Bataillon der vierten
Brigade wegnahm und es jener zur Reserve gab.

Als nun die vierte Brigade gegen Jdstedt herankam, wurde von dem
Chef der Angriff so ungeschickt geleitet, die Truppen wurden durch das heftige
Feuer, was sie bei dem Versuche des Vorbrechens erhielten, so außer Fassung
gebracht, daß sie in größter Unordnung zurückwichen und nur theilweise wieder
zum Stehen gebracht werden konnten; an der Masse scheiterte selbst meine An¬
strengung, als ich mich zuletzt selbst bemühte sie zum Stehen und Wiedervor-
gchen zu bringen. Diese Wahrnehmung aber gab meinem Vertrauen zu den
Truppen den ersten heftigen Stoß. Kurz vorher hatte ich meinen zweiten
Generalstabsofsizier, Major Wyneken abgeschickt mit dem Auftrage, der zweiten
Brigade den wiederholten Befehl zum energischen Vorgehen zu bringen, und
zugleich zu sehen, wie es denn eigentlich auf dem rechten Flügel stehe. Auf
seinem Ritt dahin hatte er nun zuerst die ungeordnete Flucht der vierten Bri¬
gade gesehen, und als er auf seinem weiteren Wege hinter der fechtenden
dritten Brigade fast nach Süderfahrenstedt kommt, wo er die zweite Brigade
spätestens zu finden hofft, stößt er statt auf diese auf dänische Truppen, wo¬
durch ihm nun die dritte Brigade gänzlich auf sich angewiesen und zusammen¬
gehalten mit dem, was er eben bei der vierten Brigade gesehen, in höchster Ge¬
fahr zu sein scheint, wie es denn auch wirklich der Fall war. Das veranlaßte
ihn nicht nur, der dritten Brigade ihr Reservebataillon aufzuhalten, um es
gegen Süderfahrenstedt auszustellen, sondern auch diese Brigade selbst in meinem
Namen, wenn schon ohne meinen Auftrag, aufzufordern, ihren Angriff, der
Anfangs mit so großem Erfolge gemacht worden war, daß er die ganze feindliche
Division Schleppegrell, also den linken Flügel der Dänen und einen Theil
ihres Centrums gesprengt hatte, auszugeben und den Rückzug nach dem Gruber
Holz anzutreten.

Der Feind war hier so erschüttert und zersprengt, daß er nicht daran
dachte, diesem Rückzüge zu folgen, der also unbelästigt vor sich ging.

Unterdessen hatte sich die vierte Brigade doch wenigstens so weit wieder
ermannt, daß sie die Linie des Baches von der steinernen Brücke bis zum Langsee
festgehalten hatte, und als sich nun die dritte Brigade auf ihrem Rückzüge dem
Gruber Holze näherte, wurden die Dänen dort zum Theil im Rücken gefaßt
und fast ein ganzes Bataillon gefangen.

Nicht viel besser als die vierte Brigade betrug sich die zweite an diesem
','iitscheldenden Tage. Sie sollte einen Hauptstoß führen und kam so wenig


um so schwerer werden könnte, ich vergaß in dem Eifer einen entscheidenden
Schlag zu thun das Nächste, was nöthig war, der vierten Brigade Terrain jen¬
seits des Hindernisses zu schaffen und die Verbindung mit der dritten herzu¬
stellen. Einen anderen Fehler beging ich zugleich dadurch. daß ich auf wieder¬
holtes, völlig unmotivirtes Andringen der Avantgarde ein Bataillon der vierten
Brigade wegnahm und es jener zur Reserve gab.

Als nun die vierte Brigade gegen Jdstedt herankam, wurde von dem
Chef der Angriff so ungeschickt geleitet, die Truppen wurden durch das heftige
Feuer, was sie bei dem Versuche des Vorbrechens erhielten, so außer Fassung
gebracht, daß sie in größter Unordnung zurückwichen und nur theilweise wieder
zum Stehen gebracht werden konnten; an der Masse scheiterte selbst meine An¬
strengung, als ich mich zuletzt selbst bemühte sie zum Stehen und Wiedervor-
gchen zu bringen. Diese Wahrnehmung aber gab meinem Vertrauen zu den
Truppen den ersten heftigen Stoß. Kurz vorher hatte ich meinen zweiten
Generalstabsofsizier, Major Wyneken abgeschickt mit dem Auftrage, der zweiten
Brigade den wiederholten Befehl zum energischen Vorgehen zu bringen, und
zugleich zu sehen, wie es denn eigentlich auf dem rechten Flügel stehe. Auf
seinem Ritt dahin hatte er nun zuerst die ungeordnete Flucht der vierten Bri¬
gade gesehen, und als er auf seinem weiteren Wege hinter der fechtenden
dritten Brigade fast nach Süderfahrenstedt kommt, wo er die zweite Brigade
spätestens zu finden hofft, stößt er statt auf diese auf dänische Truppen, wo¬
durch ihm nun die dritte Brigade gänzlich auf sich angewiesen und zusammen¬
gehalten mit dem, was er eben bei der vierten Brigade gesehen, in höchster Ge¬
fahr zu sein scheint, wie es denn auch wirklich der Fall war. Das veranlaßte
ihn nicht nur, der dritten Brigade ihr Reservebataillon aufzuhalten, um es
gegen Süderfahrenstedt auszustellen, sondern auch diese Brigade selbst in meinem
Namen, wenn schon ohne meinen Auftrag, aufzufordern, ihren Angriff, der
Anfangs mit so großem Erfolge gemacht worden war, daß er die ganze feindliche
Division Schleppegrell, also den linken Flügel der Dänen und einen Theil
ihres Centrums gesprengt hatte, auszugeben und den Rückzug nach dem Gruber
Holz anzutreten.

Der Feind war hier so erschüttert und zersprengt, daß er nicht daran
dachte, diesem Rückzüge zu folgen, der also unbelästigt vor sich ging.

Unterdessen hatte sich die vierte Brigade doch wenigstens so weit wieder
ermannt, daß sie die Linie des Baches von der steinernen Brücke bis zum Langsee
festgehalten hatte, und als sich nun die dritte Brigade auf ihrem Rückzüge dem
Gruber Holze näherte, wurden die Dänen dort zum Theil im Rücken gefaßt
und fast ein ganzes Bataillon gefangen.

Nicht viel besser als die vierte Brigade betrug sich die zweite an diesem
','iitscheldenden Tage. Sie sollte einen Hauptstoß führen und kam so wenig


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[0262] um so schwerer werden könnte, ich vergaß in dem Eifer einen entscheidenden Schlag zu thun das Nächste, was nöthig war, der vierten Brigade Terrain jen¬ seits des Hindernisses zu schaffen und die Verbindung mit der dritten herzu¬ stellen. Einen anderen Fehler beging ich zugleich dadurch. daß ich auf wieder¬ holtes, völlig unmotivirtes Andringen der Avantgarde ein Bataillon der vierten Brigade wegnahm und es jener zur Reserve gab. Als nun die vierte Brigade gegen Jdstedt herankam, wurde von dem Chef der Angriff so ungeschickt geleitet, die Truppen wurden durch das heftige Feuer, was sie bei dem Versuche des Vorbrechens erhielten, so außer Fassung gebracht, daß sie in größter Unordnung zurückwichen und nur theilweise wieder zum Stehen gebracht werden konnten; an der Masse scheiterte selbst meine An¬ strengung, als ich mich zuletzt selbst bemühte sie zum Stehen und Wiedervor- gchen zu bringen. Diese Wahrnehmung aber gab meinem Vertrauen zu den Truppen den ersten heftigen Stoß. Kurz vorher hatte ich meinen zweiten Generalstabsofsizier, Major Wyneken abgeschickt mit dem Auftrage, der zweiten Brigade den wiederholten Befehl zum energischen Vorgehen zu bringen, und zugleich zu sehen, wie es denn eigentlich auf dem rechten Flügel stehe. Auf seinem Ritt dahin hatte er nun zuerst die ungeordnete Flucht der vierten Bri¬ gade gesehen, und als er auf seinem weiteren Wege hinter der fechtenden dritten Brigade fast nach Süderfahrenstedt kommt, wo er die zweite Brigade spätestens zu finden hofft, stößt er statt auf diese auf dänische Truppen, wo¬ durch ihm nun die dritte Brigade gänzlich auf sich angewiesen und zusammen¬ gehalten mit dem, was er eben bei der vierten Brigade gesehen, in höchster Ge¬ fahr zu sein scheint, wie es denn auch wirklich der Fall war. Das veranlaßte ihn nicht nur, der dritten Brigade ihr Reservebataillon aufzuhalten, um es gegen Süderfahrenstedt auszustellen, sondern auch diese Brigade selbst in meinem Namen, wenn schon ohne meinen Auftrag, aufzufordern, ihren Angriff, der Anfangs mit so großem Erfolge gemacht worden war, daß er die ganze feindliche Division Schleppegrell, also den linken Flügel der Dänen und einen Theil ihres Centrums gesprengt hatte, auszugeben und den Rückzug nach dem Gruber Holz anzutreten. Der Feind war hier so erschüttert und zersprengt, daß er nicht daran dachte, diesem Rückzüge zu folgen, der also unbelästigt vor sich ging. Unterdessen hatte sich die vierte Brigade doch wenigstens so weit wieder ermannt, daß sie die Linie des Baches von der steinernen Brücke bis zum Langsee festgehalten hatte, und als sich nun die dritte Brigade auf ihrem Rückzüge dem Gruber Holze näherte, wurden die Dänen dort zum Theil im Rücken gefaßt und fast ein ganzes Bataillon gefangen. Nicht viel besser als die vierte Brigade betrug sich die zweite an diesem ','iitscheldenden Tage. Sie sollte einen Hauptstoß führen und kam so wenig

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 21, 1862, II. Semester. IV. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341795_114855/262>, abgerufen am 20.10.2024.