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Die Grenzboten. Jg. 21, 1862, II. Semester. IV. Band.

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die Truppen erreichte, war der Feind schon über die Treene zurückgeworfen.
Ich gab nun Befehl, den Uebergang stärker zu besetzen und am andern Tage
möglichst festzuhalten, das Gros des Angriffs aber sollte sich über Jubel auf
Gamelund zurückziehn, um dort zu jeder später zweckmäßig erscheinenden Ver¬
wendung bereit zu sein. Ich selbst eilte nach dem Jdstedter Kruge zurück,
wohin ich alle Generalstabsofsiziere der Brigaden bestellt hatte, um die Dis¬
position für den folgenden Tag zu empfangen. Nach Allem, was ich nun
gesehen und gehört hatte, hielt ich dafür, der Feind wolle den Hauptangriff
auf meinen linken Flügel machen, den falschen auf Wcdelspang, und mich
währenddem vor der Front durch mehr oder weniger ernsthafte Angriffe fest¬
halten, was bei seiner entschiedenen Überlegenheit sicher das Beste war,
was er thun konnte. Dazu aber mußte er seinen rechten Flügel stark machen,
der linke hatte sich aber auch gegen Wcdelspang gezeigt, es schien mir also,
daß ihm für die lange Linie, welche er einnahm, nicht Kräfte genug bleiben
konnten, auf allen Punkten seines Centrums genügend stark zu sein, wenn ich
ihn überraschend an einem Punkte mit allen meinen Kräften energisch angriff.
Gelänge es, dadurch ihn an dem Punkte zu erdrücken und so seine Linie zu
sprengen, so hoffte ich ihn theilweise zu schlagen, namentlich seinen verstärkten
rechten Flügel', der so weit entfernt war, zu isoliren und zuletzt in die schlimmste
Lage zu bringen. Es handelte sich bei solcher allgemeinen Absicht um die Wahl
des Punktes für den ersten stürmischen Angriff. Ich konnte den wählen, wo
ich meinte, daß sich etwa die Verbindung mit seinem linken Flügel befände,
also Stoll, oder den, wo mir die Verbindung mit seinem rechten Flügel zu
liegen schien, also Helligbek. Ich wählte Stoll, weil mir der feindliche linke Flügel
der schwächere zu sein schien, der Angriff ^also weniger gefährlich, rveil meine
Truppen gegen diesen Punkt leichter zusammenzubringen waren, und weil der
Angriff selbst dem Terrain nach leichter erschien. Gelang es, die feindliche Linie
da zu sprengen, so konnte ich Helligbek umgehen und von hinten angreifen. Der
Feind, der etwa bei Solbro wieder angegriffen hätte, würde zuletzt in die aller-
schlimmste Lage gekommen sein.

Nachdem am Abende des 24. Juli im Kruge zu Jdstedt die Disposition
zum Angriff, wie sie bekannt ist, ausgegeben war, ritt ich noch spät die halbe
Meile nach Falkenberg in mein Hauptquartier zurück, um etwas zu genießen
und womöglich etwas zu schlafen, um am Morgen mit Tagesanbruch gestärkt
auf dem Platze der Entscheidung zu sein. In der Nacht nun kamen einige
Meldungen, welche mich in meinen Voraussetzungen unsicher machten. Die Dänen
schienen danach bei Solbro nicht so stark zu sein, als ich vorausgesetzt hatte,
dagegen viel stärker auf der Straße von Flensburg nach Missunde, also gegen
meinen rechten Flügel, und vor der Front auf der Chaussee nach Helligbek schien
auch noch nicht viel vom Feinde zu sein. So befahl ich denn, woraus am


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die Truppen erreichte, war der Feind schon über die Treene zurückgeworfen.
Ich gab nun Befehl, den Uebergang stärker zu besetzen und am andern Tage
möglichst festzuhalten, das Gros des Angriffs aber sollte sich über Jubel auf
Gamelund zurückziehn, um dort zu jeder später zweckmäßig erscheinenden Ver¬
wendung bereit zu sein. Ich selbst eilte nach dem Jdstedter Kruge zurück,
wohin ich alle Generalstabsofsiziere der Brigaden bestellt hatte, um die Dis¬
position für den folgenden Tag zu empfangen. Nach Allem, was ich nun
gesehen und gehört hatte, hielt ich dafür, der Feind wolle den Hauptangriff
auf meinen linken Flügel machen, den falschen auf Wcdelspang, und mich
währenddem vor der Front durch mehr oder weniger ernsthafte Angriffe fest¬
halten, was bei seiner entschiedenen Überlegenheit sicher das Beste war,
was er thun konnte. Dazu aber mußte er seinen rechten Flügel stark machen,
der linke hatte sich aber auch gegen Wcdelspang gezeigt, es schien mir also,
daß ihm für die lange Linie, welche er einnahm, nicht Kräfte genug bleiben
konnten, auf allen Punkten seines Centrums genügend stark zu sein, wenn ich
ihn überraschend an einem Punkte mit allen meinen Kräften energisch angriff.
Gelänge es, dadurch ihn an dem Punkte zu erdrücken und so seine Linie zu
sprengen, so hoffte ich ihn theilweise zu schlagen, namentlich seinen verstärkten
rechten Flügel', der so weit entfernt war, zu isoliren und zuletzt in die schlimmste
Lage zu bringen. Es handelte sich bei solcher allgemeinen Absicht um die Wahl
des Punktes für den ersten stürmischen Angriff. Ich konnte den wählen, wo
ich meinte, daß sich etwa die Verbindung mit seinem linken Flügel befände,
also Stoll, oder den, wo mir die Verbindung mit seinem rechten Flügel zu
liegen schien, also Helligbek. Ich wählte Stoll, weil mir der feindliche linke Flügel
der schwächere zu sein schien, der Angriff ^also weniger gefährlich, rveil meine
Truppen gegen diesen Punkt leichter zusammenzubringen waren, und weil der
Angriff selbst dem Terrain nach leichter erschien. Gelang es, die feindliche Linie
da zu sprengen, so konnte ich Helligbek umgehen und von hinten angreifen. Der
Feind, der etwa bei Solbro wieder angegriffen hätte, würde zuletzt in die aller-
schlimmste Lage gekommen sein.

Nachdem am Abende des 24. Juli im Kruge zu Jdstedt die Disposition
zum Angriff, wie sie bekannt ist, ausgegeben war, ritt ich noch spät die halbe
Meile nach Falkenberg in mein Hauptquartier zurück, um etwas zu genießen
und womöglich etwas zu schlafen, um am Morgen mit Tagesanbruch gestärkt
auf dem Platze der Entscheidung zu sein. In der Nacht nun kamen einige
Meldungen, welche mich in meinen Voraussetzungen unsicher machten. Die Dänen
schienen danach bei Solbro nicht so stark zu sein, als ich vorausgesetzt hatte,
dagegen viel stärker auf der Straße von Flensburg nach Missunde, also gegen
meinen rechten Flügel, und vor der Front auf der Chaussee nach Helligbek schien
auch noch nicht viel vom Feinde zu sein. So befahl ich denn, woraus am


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 21, 1862, II. Semester. IV. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341795_114855/259>, abgerufen am 20.10.2024.