Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 21, 1862, II. Semester. IV. Band.

Bild:
<< vorherige Seite

dem Verlangen, meine Erfahrungen unter dem schwarzen Eigenthum, das eine
solche Welterschütterung verursacht hatte, zu bereichern. -- Ich bin nie
unbedingter Abolitionist gewesen, bis ich die Schrecken der Sklaverei aus dem
Munde dieser kindisch einfachen Leute hörte, bis ich gerade an ihrer Versunken-
heit die furchtbaren Wirkungen der Unterdrückung bemessen lernte.

Der Sklave ist unbedingtes Eigenthum seines Herrn, der mit ihm
thun kann, was er will, der ihn schlagen, quälen, verkaufen, ja tödten kann,
wenn er durch das Letztere nicht gegen eine solidarische Verpflichtung der um¬
wohnenden Pflanzer verstößt. Dies schließt von vornherein das Recht der Familie
aus, und doch liegt es im Interesse des Besitzers, auch die Fähigkeit der Fort¬
pflanzung auszubeuten, welche gerade bei der schwarzen Ra^e ungemein stark
vertreten ist; er sucht also das Bedürfniß nach Gesellschaft auf eine rein thie¬
rische Function herabzudrücken, um dadurch wieder eine rein thierische Arbeits¬
kraft zu erzielen, die von ihren Urhebern jedoch durchaus unabhängig ist und
sofort wieder unter seine unmittelbare Botmäßigkeit tritt^). Um diese Kraft zu
'erhalten, muß der Nutznießer natürlich die Person, an welche sie geknüpft ist,
ernähren, wie eine Maschine geölt, wie eine Lampe unterhalten sein will. Dies
thut er aus die billigste und schlechteste Weise, welche mit seinem Vortheil in
Einklang gebracht werden kann- Jeder Feldsklave bekommt für jeden Arbeits¬
tag, also sechsmal die Woche, t Goat (ungefähr ein Quart) Welschkorn
in rohem Zustande und für jedes Kind einen entsprechenden Zusatz derselben
Qualität. Der Sonntag wird als Eßtag nicht gerechnet, und muß die Familie
sich so einrichten, daß von den übrigen sechs Tagen genug für den siebenten
übrig bleibt. Den Tag über gibt es unter Aufsicht der stets in Bereitschaft
gehaltenen Peitsche die härteste Arbeit, je nach der Disposition des Herrn von
Sonnenaufgang bis Sonnenuntergang oder andre Stunden^, jedoch fast nie
unter zwölf. Dazwischen ist keine regelmäßige Essenszeit; jeder sucht einen
Augenblick zu erHaschen, wo er, ungesehen vom Aufseher, den Maistuchen, der
während der Nacht gemahlen und gebacken worden, verschlingen kann. Des Nachts
gehen die Männer wohl auf den Fischfang, um die einförmige Kost doch wenig¬
stens hier und da einmal zu unterbrechen, oder einige Cents aus dem Verkauf
derselben zu lösen; aber seine Hiebe sind dem unglücklichen Fischer gewiß,



") "Ich erinnere mich," sagt der Gras von Paris in seinen Erinnerungen an den Feldzug
der Potomac-Armee gegen Richmond (sie erschienen in der Revue des Duex Mondes, und wir
bringen nächstens einen Auszug daraus) "eine Mulattin gesehen zu haben, die uns mit Stolz
ihren Sohn, einen hübschen Knaben von lichtgelber Farbe, mit den , bezeichnenden Worte" wies:
's ist das Kind eines Weißen, Er ist schon 400 Dollars werth. Ich habe mit fünfzehn Jahren
angefangen und habe ihrer bereits neunzehn gehabt. Ich habe ihrer schon vier aus ein Mal
D. Red. gekriegt,"

dem Verlangen, meine Erfahrungen unter dem schwarzen Eigenthum, das eine
solche Welterschütterung verursacht hatte, zu bereichern. — Ich bin nie
unbedingter Abolitionist gewesen, bis ich die Schrecken der Sklaverei aus dem
Munde dieser kindisch einfachen Leute hörte, bis ich gerade an ihrer Versunken-
heit die furchtbaren Wirkungen der Unterdrückung bemessen lernte.

Der Sklave ist unbedingtes Eigenthum seines Herrn, der mit ihm
thun kann, was er will, der ihn schlagen, quälen, verkaufen, ja tödten kann,
wenn er durch das Letztere nicht gegen eine solidarische Verpflichtung der um¬
wohnenden Pflanzer verstößt. Dies schließt von vornherein das Recht der Familie
aus, und doch liegt es im Interesse des Besitzers, auch die Fähigkeit der Fort¬
pflanzung auszubeuten, welche gerade bei der schwarzen Ra^e ungemein stark
vertreten ist; er sucht also das Bedürfniß nach Gesellschaft auf eine rein thie¬
rische Function herabzudrücken, um dadurch wieder eine rein thierische Arbeits¬
kraft zu erzielen, die von ihren Urhebern jedoch durchaus unabhängig ist und
sofort wieder unter seine unmittelbare Botmäßigkeit tritt^). Um diese Kraft zu
'erhalten, muß der Nutznießer natürlich die Person, an welche sie geknüpft ist,
ernähren, wie eine Maschine geölt, wie eine Lampe unterhalten sein will. Dies
thut er aus die billigste und schlechteste Weise, welche mit seinem Vortheil in
Einklang gebracht werden kann- Jeder Feldsklave bekommt für jeden Arbeits¬
tag, also sechsmal die Woche, t Goat (ungefähr ein Quart) Welschkorn
in rohem Zustande und für jedes Kind einen entsprechenden Zusatz derselben
Qualität. Der Sonntag wird als Eßtag nicht gerechnet, und muß die Familie
sich so einrichten, daß von den übrigen sechs Tagen genug für den siebenten
übrig bleibt. Den Tag über gibt es unter Aufsicht der stets in Bereitschaft
gehaltenen Peitsche die härteste Arbeit, je nach der Disposition des Herrn von
Sonnenaufgang bis Sonnenuntergang oder andre Stunden^, jedoch fast nie
unter zwölf. Dazwischen ist keine regelmäßige Essenszeit; jeder sucht einen
Augenblick zu erHaschen, wo er, ungesehen vom Aufseher, den Maistuchen, der
während der Nacht gemahlen und gebacken worden, verschlingen kann. Des Nachts
gehen die Männer wohl auf den Fischfang, um die einförmige Kost doch wenig¬
stens hier und da einmal zu unterbrechen, oder einige Cents aus dem Verkauf
derselben zu lösen; aber seine Hiebe sind dem unglücklichen Fischer gewiß,



") „Ich erinnere mich," sagt der Gras von Paris in seinen Erinnerungen an den Feldzug
der Potomac-Armee gegen Richmond (sie erschienen in der Revue des Duex Mondes, und wir
bringen nächstens einen Auszug daraus) „eine Mulattin gesehen zu haben, die uns mit Stolz
ihren Sohn, einen hübschen Knaben von lichtgelber Farbe, mit den , bezeichnenden Worte» wies:
's ist das Kind eines Weißen, Er ist schon 400 Dollars werth. Ich habe mit fünfzehn Jahren
angefangen und habe ihrer bereits neunzehn gehabt. Ich habe ihrer schon vier aus ein Mal
D. Red. gekriegt,"
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <pb facs="#f0224" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/115076"/>
          <p xml:id="ID_689" prev="#ID_688"> dem Verlangen, meine Erfahrungen unter dem schwarzen Eigenthum, das eine<lb/>
solche Welterschütterung verursacht hatte, zu bereichern. &#x2014; Ich bin nie<lb/>
unbedingter Abolitionist gewesen, bis ich die Schrecken der Sklaverei aus dem<lb/>
Munde dieser kindisch einfachen Leute hörte, bis ich gerade an ihrer Versunken-<lb/>
heit die furchtbaren Wirkungen der Unterdrückung bemessen lernte.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_690" next="#ID_691"> Der Sklave ist unbedingtes Eigenthum seines Herrn, der mit ihm<lb/>
thun kann, was er will, der ihn schlagen, quälen, verkaufen, ja tödten kann,<lb/>
wenn er durch das Letztere nicht gegen eine solidarische Verpflichtung der um¬<lb/>
wohnenden Pflanzer verstößt. Dies schließt von vornherein das Recht der Familie<lb/>
aus, und doch liegt es im Interesse des Besitzers, auch die Fähigkeit der Fort¬<lb/>
pflanzung auszubeuten, welche gerade bei der schwarzen Ra^e ungemein stark<lb/>
vertreten ist; er sucht also das Bedürfniß nach Gesellschaft auf eine rein thie¬<lb/>
rische Function herabzudrücken, um dadurch wieder eine rein thierische Arbeits¬<lb/>
kraft zu erzielen, die von ihren Urhebern jedoch durchaus unabhängig ist und<lb/>
sofort wieder unter seine unmittelbare Botmäßigkeit tritt^). Um diese Kraft zu<lb/>
'erhalten, muß der Nutznießer natürlich die Person, an welche sie geknüpft ist,<lb/>
ernähren, wie eine Maschine geölt, wie eine Lampe unterhalten sein will. Dies<lb/>
thut er aus die billigste und schlechteste Weise, welche mit seinem Vortheil in<lb/>
Einklang gebracht werden kann- Jeder Feldsklave bekommt für jeden Arbeits¬<lb/>
tag, also sechsmal die Woche, t Goat (ungefähr ein Quart) Welschkorn<lb/>
in rohem Zustande und für jedes Kind einen entsprechenden Zusatz derselben<lb/>
Qualität. Der Sonntag wird als Eßtag nicht gerechnet, und muß die Familie<lb/>
sich so einrichten, daß von den übrigen sechs Tagen genug für den siebenten<lb/>
übrig bleibt. Den Tag über gibt es unter Aufsicht der stets in Bereitschaft<lb/>
gehaltenen Peitsche die härteste Arbeit, je nach der Disposition des Herrn von<lb/>
Sonnenaufgang bis Sonnenuntergang oder andre Stunden^, jedoch fast nie<lb/>
unter zwölf. Dazwischen ist keine regelmäßige Essenszeit; jeder sucht einen<lb/>
Augenblick zu erHaschen, wo er, ungesehen vom Aufseher, den Maistuchen, der<lb/>
während der Nacht gemahlen und gebacken worden, verschlingen kann. Des Nachts<lb/>
gehen die Männer wohl auf den Fischfang, um die einförmige Kost doch wenig¬<lb/>
stens hier und da einmal zu unterbrechen, oder einige Cents aus dem Verkauf<lb/>
derselben zu lösen; aber seine Hiebe sind dem unglücklichen Fischer gewiß,</p><lb/>
          <note xml:id="FID_29" place="foot"> ") &#x201E;Ich erinnere mich," sagt der Gras von Paris in seinen Erinnerungen an den Feldzug<lb/>
der Potomac-Armee gegen Richmond (sie erschienen in der Revue des Duex Mondes, und wir<lb/>
bringen nächstens einen Auszug daraus) &#x201E;eine Mulattin gesehen zu haben, die uns mit Stolz<lb/>
ihren Sohn, einen hübschen Knaben von lichtgelber Farbe, mit den , bezeichnenden Worte» wies:<lb/>
's ist das Kind eines Weißen, Er ist schon 400 Dollars werth. Ich habe mit fünfzehn Jahren<lb/>
angefangen und habe ihrer bereits neunzehn gehabt. Ich habe ihrer schon vier aus ein Mal<lb/><note type="byline"> D. Red.</note> gekriegt," </note><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0224] dem Verlangen, meine Erfahrungen unter dem schwarzen Eigenthum, das eine solche Welterschütterung verursacht hatte, zu bereichern. — Ich bin nie unbedingter Abolitionist gewesen, bis ich die Schrecken der Sklaverei aus dem Munde dieser kindisch einfachen Leute hörte, bis ich gerade an ihrer Versunken- heit die furchtbaren Wirkungen der Unterdrückung bemessen lernte. Der Sklave ist unbedingtes Eigenthum seines Herrn, der mit ihm thun kann, was er will, der ihn schlagen, quälen, verkaufen, ja tödten kann, wenn er durch das Letztere nicht gegen eine solidarische Verpflichtung der um¬ wohnenden Pflanzer verstößt. Dies schließt von vornherein das Recht der Familie aus, und doch liegt es im Interesse des Besitzers, auch die Fähigkeit der Fort¬ pflanzung auszubeuten, welche gerade bei der schwarzen Ra^e ungemein stark vertreten ist; er sucht also das Bedürfniß nach Gesellschaft auf eine rein thie¬ rische Function herabzudrücken, um dadurch wieder eine rein thierische Arbeits¬ kraft zu erzielen, die von ihren Urhebern jedoch durchaus unabhängig ist und sofort wieder unter seine unmittelbare Botmäßigkeit tritt^). Um diese Kraft zu 'erhalten, muß der Nutznießer natürlich die Person, an welche sie geknüpft ist, ernähren, wie eine Maschine geölt, wie eine Lampe unterhalten sein will. Dies thut er aus die billigste und schlechteste Weise, welche mit seinem Vortheil in Einklang gebracht werden kann- Jeder Feldsklave bekommt für jeden Arbeits¬ tag, also sechsmal die Woche, t Goat (ungefähr ein Quart) Welschkorn in rohem Zustande und für jedes Kind einen entsprechenden Zusatz derselben Qualität. Der Sonntag wird als Eßtag nicht gerechnet, und muß die Familie sich so einrichten, daß von den übrigen sechs Tagen genug für den siebenten übrig bleibt. Den Tag über gibt es unter Aufsicht der stets in Bereitschaft gehaltenen Peitsche die härteste Arbeit, je nach der Disposition des Herrn von Sonnenaufgang bis Sonnenuntergang oder andre Stunden^, jedoch fast nie unter zwölf. Dazwischen ist keine regelmäßige Essenszeit; jeder sucht einen Augenblick zu erHaschen, wo er, ungesehen vom Aufseher, den Maistuchen, der während der Nacht gemahlen und gebacken worden, verschlingen kann. Des Nachts gehen die Männer wohl auf den Fischfang, um die einförmige Kost doch wenig¬ stens hier und da einmal zu unterbrechen, oder einige Cents aus dem Verkauf derselben zu lösen; aber seine Hiebe sind dem unglücklichen Fischer gewiß, ") „Ich erinnere mich," sagt der Gras von Paris in seinen Erinnerungen an den Feldzug der Potomac-Armee gegen Richmond (sie erschienen in der Revue des Duex Mondes, und wir bringen nächstens einen Auszug daraus) „eine Mulattin gesehen zu haben, die uns mit Stolz ihren Sohn, einen hübschen Knaben von lichtgelber Farbe, mit den , bezeichnenden Worte» wies: 's ist das Kind eines Weißen, Er ist schon 400 Dollars werth. Ich habe mit fünfzehn Jahren angefangen und habe ihrer bereits neunzehn gehabt. Ich habe ihrer schon vier aus ein Mal D. Red. gekriegt,"

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341795_114855
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341795_114855/224
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 21, 1862, II. Semester. IV. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341795_114855/224>, abgerufen am 27.09.2024.