Die Grenzboten. Jg. 21, 1862, II. Semester. IV. Band.Veilchen bedeckte, von hohen Pinien, Cypressen und Steineichenwaldungen An schönen Nachmittagen sehen wir dort buntfarbige Gruppen von aller¬ In einem thalartigen Rasengrunde, umgeben von einzelnstehenden Pinien, Der Italiener liebt leidenschaftlich das Lotto, und ein Loos ist deshalb Die Vergnügungen der Tombola beginnen nun zunächst damit, daß hier Veilchen bedeckte, von hohen Pinien, Cypressen und Steineichenwaldungen An schönen Nachmittagen sehen wir dort buntfarbige Gruppen von aller¬ In einem thalartigen Rasengrunde, umgeben von einzelnstehenden Pinien, Der Italiener liebt leidenschaftlich das Lotto, und ein Loos ist deshalb Die Vergnügungen der Tombola beginnen nun zunächst damit, daß hier <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0018" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/114874"/> <p xml:id="ID_34" prev="#ID_33"> Veilchen bedeckte, von hohen Pinien, Cypressen und Steineichenwaldungen<lb/> unterbrochene Wiesengründe und Hügel, durchschnitten von Fahr- und Fu߬<lb/> wegen und schattigen Laubgängen, zerstreut liegende Casinen und Meiereien,<lb/> zertrümmerte antike Statuen, Fontainen, halb versteckt unter Aloe-, Citronen-<lb/> und Lorbeergcbüsch, mit Epheu umrankt, murmelnde Bäche, ein Kirchlein ze.<lb/> und das Ganze Übergossen mit jenem ruinenartigen poetischen Dufte, jenem Aus¬<lb/> sehen des sich selbst überlassenen Verfalls, der allen italienischen Gärten eigen<lb/> ist — das ist Villa Borghese.</p><lb/> <p xml:id="ID_35"> An schönen Nachmittagen sehen wir dort buntfarbige Gruppen von aller¬<lb/> lei hohem und geringem Volke auf dem Rasen unter dem Schatten der Bäume<lb/> gelagert, spielend oder dem äoles tar nienw hingegeben. Die vornehme Welt<lb/> fährt oder reitet dort spazieren; die altfränkisch gekleideten Zöglinge der Con-<lb/> servatoricn schürzen ihre Talare in die Höhe, werfen die Dreimaster bei Seite,<lb/> laufen und jagen sich wie andere Knaben ihres Alters.</p><lb/> <p xml:id="ID_36"> In einem thalartigen Rasengrunde, umgeben von einzelnstehenden Pinien,<lb/> ist eine gemauerte Vertiefung, eine Arena mit mehren Reihen herumlaufender<lb/> steinerner Sitzplätze für die Zuschauer; in diesem Raume wird die Tombola abgehal¬<lb/> ten. Für den Tag derselben sind an mehren Stellen Tribünen errichtet, mit rothem<lb/> Sammet, Seite und Goldborten ausgeschlagen, für die Honoratioren und die<lb/> Schiedsrichter. Inder Arena selbst ist eine kreisförmige Rennbahn durch Buchsbaum¬<lb/> hecken für das Publicum abgegrenzt, so daß in der Mitte ein großer freier<lb/> Raum bleibt, auf welchem einige thurmartige Holzgerüste sich erheben, von denen<lb/> herab die gerufene Nummer der Tombola dem Volke gezeigt wird. Der Raum,<lb/> die Sitzplätze und weithin die Rasenflächen sind mit einer ungeheuren Volks¬<lb/> menge, meist den mittleren und niederen Classen, angehörig, besetzt. An ver¬<lb/> schiedenen Orten spielen Militärmusikcorps; französische Bataillone sind zur<lb/> Aufrechterhaltung der Ordnung aufgestellt; in der Rennbahn reiten rothe Hu¬<lb/> saren, um sie frei zu halten, auf und ab. Das lärmende Volk, die Frucht- und<lb/> Backwcrkhändler, die ihre Waaren ausrufen, die Musik, die buntfarbigen Trach¬<lb/> ten der Weiber — das alles gibt ein Bild voll Leben, voll heiterer Stimmung.</p><lb/> <p xml:id="ID_37"> Der Italiener liebt leidenschaftlich das Lotto, und ein Loos ist deshalb<lb/> schon viele Tage vorher nicht mehr zu haben; man muß sich glücklich schätzen,<lb/> noch am Thore eine Eintrittskarte für zwei Paul zu erstehen.</p><lb/> <p xml:id="ID_38" next="#ID_39"> Die Vergnügungen der Tombola beginnen nun zunächst damit, daß hier<lb/> und da Haufen von Gassenbuben hinter den auf und abreitenden Husaren unter<lb/> Jauchzen die gezogenen Schranken gewaltsam durchbrechen, welche gloriose Hand¬<lb/> lung jedes Mal von den Zuschauern mit einem Beifallsgebrüll begleitet wird.<lb/> Dann folgen drei Pferderennen, denen das Volk großes Interesse zuwendet.<lb/> Es sind elende Gäule und elende Reiter in schmutzigen Jockeijackeru Die<lb/> Sieger empfängt bedeutendes Händeklatschen, die letzten Pferde Grunzen und</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0018]
Veilchen bedeckte, von hohen Pinien, Cypressen und Steineichenwaldungen
unterbrochene Wiesengründe und Hügel, durchschnitten von Fahr- und Fu߬
wegen und schattigen Laubgängen, zerstreut liegende Casinen und Meiereien,
zertrümmerte antike Statuen, Fontainen, halb versteckt unter Aloe-, Citronen-
und Lorbeergcbüsch, mit Epheu umrankt, murmelnde Bäche, ein Kirchlein ze.
und das Ganze Übergossen mit jenem ruinenartigen poetischen Dufte, jenem Aus¬
sehen des sich selbst überlassenen Verfalls, der allen italienischen Gärten eigen
ist — das ist Villa Borghese.
An schönen Nachmittagen sehen wir dort buntfarbige Gruppen von aller¬
lei hohem und geringem Volke auf dem Rasen unter dem Schatten der Bäume
gelagert, spielend oder dem äoles tar nienw hingegeben. Die vornehme Welt
fährt oder reitet dort spazieren; die altfränkisch gekleideten Zöglinge der Con-
servatoricn schürzen ihre Talare in die Höhe, werfen die Dreimaster bei Seite,
laufen und jagen sich wie andere Knaben ihres Alters.
In einem thalartigen Rasengrunde, umgeben von einzelnstehenden Pinien,
ist eine gemauerte Vertiefung, eine Arena mit mehren Reihen herumlaufender
steinerner Sitzplätze für die Zuschauer; in diesem Raume wird die Tombola abgehal¬
ten. Für den Tag derselben sind an mehren Stellen Tribünen errichtet, mit rothem
Sammet, Seite und Goldborten ausgeschlagen, für die Honoratioren und die
Schiedsrichter. Inder Arena selbst ist eine kreisförmige Rennbahn durch Buchsbaum¬
hecken für das Publicum abgegrenzt, so daß in der Mitte ein großer freier
Raum bleibt, auf welchem einige thurmartige Holzgerüste sich erheben, von denen
herab die gerufene Nummer der Tombola dem Volke gezeigt wird. Der Raum,
die Sitzplätze und weithin die Rasenflächen sind mit einer ungeheuren Volks¬
menge, meist den mittleren und niederen Classen, angehörig, besetzt. An ver¬
schiedenen Orten spielen Militärmusikcorps; französische Bataillone sind zur
Aufrechterhaltung der Ordnung aufgestellt; in der Rennbahn reiten rothe Hu¬
saren, um sie frei zu halten, auf und ab. Das lärmende Volk, die Frucht- und
Backwcrkhändler, die ihre Waaren ausrufen, die Musik, die buntfarbigen Trach¬
ten der Weiber — das alles gibt ein Bild voll Leben, voll heiterer Stimmung.
Der Italiener liebt leidenschaftlich das Lotto, und ein Loos ist deshalb
schon viele Tage vorher nicht mehr zu haben; man muß sich glücklich schätzen,
noch am Thore eine Eintrittskarte für zwei Paul zu erstehen.
Die Vergnügungen der Tombola beginnen nun zunächst damit, daß hier
und da Haufen von Gassenbuben hinter den auf und abreitenden Husaren unter
Jauchzen die gezogenen Schranken gewaltsam durchbrechen, welche gloriose Hand¬
lung jedes Mal von den Zuschauern mit einem Beifallsgebrüll begleitet wird.
Dann folgen drei Pferderennen, denen das Volk großes Interesse zuwendet.
Es sind elende Gäule und elende Reiter in schmutzigen Jockeijackeru Die
Sieger empfängt bedeutendes Händeklatschen, die letzten Pferde Grunzen und
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