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Die Grenzboten. Jg. 21, 1862, II. Semester. IV. Band.

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etwas zu grellen Farben äußerte. -- Zur rechten Zeit wurde der Lärm der
Tafel durch die Nachricht: "Schiff in Lee!" unterbrochen und die Gesellschaft
begab sich auf das Deck, um den Gefährten in Augenschein zu nehmen. Es
ergab sich jedoch bald, böß es sein Gefährte, sondern die Blockadcbarke Fernan¬
dina war, welche zu dem Geschwader der nördlichen Station gehörte. -- Man
hat viel über die unwirksame Blockade der südlichen Häfen gesprochen, und
theilweise mit Recht, da eben fortwährende Durchbrechungen derselben bewiesen,
daß sie nicht den Anforderungen entsprach, welche moderne Kriegsbegriffe an eine
solche Blockade stellen. Aber man hat hier, wie in so vielen anderen Rücksichten,
wieder die ungeheuren Dimensionen, die geringen Mittel und die Schwierigkeit
des Terrains außer Augen gelassen. Wie schon oben erwähnt, bildet die ganze
Küste der südlichen Staaten ein Netz von Binnenseeen, welche durch zahllose
Einschnitte mit dem Ocean in Verbindung stehen und namentlich kleineren
Fahrzeugen bei genauer Terrainkenntniß zu allen Plätzen an der Küste Zutritt
gewähren. Wie ist es also möglich, eine solche Küste auf eine Distance von circa
1500 englischen Meilen, vom Potomac bis zum Mississippi wirksam zu blockiren,
wenn man nicht eine ungeheure Flotte, namentlich kleineren Kalibers, zur Dis¬
position hat? Jetzt nahmen aber die großartigen Expeditionen, der Transport,
welcher von den Stapelplätzen des Nordens nach den Stationen des Südens
fortwährend unterhalten werden mußte, fast alle Fahrzeuge der nördlichen Flotte
in Anspruch, und man konnte daher wenigstens im Anfang nur die schwereren
und älteren Schiffe zum Blvckadcdicnst verwenden, welche wohl zur Obser-
vation, aber gewiß nicht zur Jagd geeignet sein konnten. Ich beabsichtige
daher keineswegs, die nördliche Blockade,, welche sich später an den geeigneten
Plätzen nur zu wirksam bewiesen hat, lächerlich zu machen, wenn ich als getreuer
Berichterstatter folgendes Intermezzo erzähle.

Wir hielten als Gouverncmcntsschiff natürlich auf die Barke Fernandinä
ab, um etwaige Mittheilungen oder Posten in Empfang zu nehmen, wurden
jedoch zu unserm großen Erstaunen von dem Commandanten derselben, Lieute¬
nant Brown, aufgefordert, auf seine Verantwortung hin, obgleich wir die Post
an Bord hatten, beizudrehen und auf Ordres zu warten. Dies geschah, und
bald darauf kam Lieutenant Brown mit Depeschen zu uns an Bord. Der
berühmte Nebellendampfer "Nashville" hatte, von der Tuscarora verfolgt, die
Blockade durchbrochen und war nach Beaufort in Nordcarolina eingelaufen.
Nun ist die Nashville der schnellste amerikanische Dampfer; also konnte Lieute¬
nant Brown. der mit der Fernandina vor Anker lag, nichts thun, als zusehn,
ja nicht einmal nach der nächsten Dampfsckiffstation, behufs der Beobachtung
der Nashville, rapportiren. Hierzu hatte das Glück oder Unglück ihm die Ma-
tanzas ins Gehege gebracht, und er verlangte von uns im Namen der Negierung,
daß wir nach Wilmington, Nordcarolina zurücksteuern und den dort stationirten


etwas zu grellen Farben äußerte. — Zur rechten Zeit wurde der Lärm der
Tafel durch die Nachricht: „Schiff in Lee!" unterbrochen und die Gesellschaft
begab sich auf das Deck, um den Gefährten in Augenschein zu nehmen. Es
ergab sich jedoch bald, böß es sein Gefährte, sondern die Blockadcbarke Fernan¬
dina war, welche zu dem Geschwader der nördlichen Station gehörte. — Man
hat viel über die unwirksame Blockade der südlichen Häfen gesprochen, und
theilweise mit Recht, da eben fortwährende Durchbrechungen derselben bewiesen,
daß sie nicht den Anforderungen entsprach, welche moderne Kriegsbegriffe an eine
solche Blockade stellen. Aber man hat hier, wie in so vielen anderen Rücksichten,
wieder die ungeheuren Dimensionen, die geringen Mittel und die Schwierigkeit
des Terrains außer Augen gelassen. Wie schon oben erwähnt, bildet die ganze
Küste der südlichen Staaten ein Netz von Binnenseeen, welche durch zahllose
Einschnitte mit dem Ocean in Verbindung stehen und namentlich kleineren
Fahrzeugen bei genauer Terrainkenntniß zu allen Plätzen an der Küste Zutritt
gewähren. Wie ist es also möglich, eine solche Küste auf eine Distance von circa
1500 englischen Meilen, vom Potomac bis zum Mississippi wirksam zu blockiren,
wenn man nicht eine ungeheure Flotte, namentlich kleineren Kalibers, zur Dis¬
position hat? Jetzt nahmen aber die großartigen Expeditionen, der Transport,
welcher von den Stapelplätzen des Nordens nach den Stationen des Südens
fortwährend unterhalten werden mußte, fast alle Fahrzeuge der nördlichen Flotte
in Anspruch, und man konnte daher wenigstens im Anfang nur die schwereren
und älteren Schiffe zum Blvckadcdicnst verwenden, welche wohl zur Obser-
vation, aber gewiß nicht zur Jagd geeignet sein konnten. Ich beabsichtige
daher keineswegs, die nördliche Blockade,, welche sich später an den geeigneten
Plätzen nur zu wirksam bewiesen hat, lächerlich zu machen, wenn ich als getreuer
Berichterstatter folgendes Intermezzo erzähle.

Wir hielten als Gouverncmcntsschiff natürlich auf die Barke Fernandinä
ab, um etwaige Mittheilungen oder Posten in Empfang zu nehmen, wurden
jedoch zu unserm großen Erstaunen von dem Commandanten derselben, Lieute¬
nant Brown, aufgefordert, auf seine Verantwortung hin, obgleich wir die Post
an Bord hatten, beizudrehen und auf Ordres zu warten. Dies geschah, und
bald darauf kam Lieutenant Brown mit Depeschen zu uns an Bord. Der
berühmte Nebellendampfer „Nashville" hatte, von der Tuscarora verfolgt, die
Blockade durchbrochen und war nach Beaufort in Nordcarolina eingelaufen.
Nun ist die Nashville der schnellste amerikanische Dampfer; also konnte Lieute¬
nant Brown. der mit der Fernandina vor Anker lag, nichts thun, als zusehn,
ja nicht einmal nach der nächsten Dampfsckiffstation, behufs der Beobachtung
der Nashville, rapportiren. Hierzu hatte das Glück oder Unglück ihm die Ma-
tanzas ins Gehege gebracht, und er verlangte von uns im Namen der Negierung,
daß wir nach Wilmington, Nordcarolina zurücksteuern und den dort stationirten


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 21, 1862, II. Semester. IV. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341795_114855/150>, abgerufen am 20.10.2024.