Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 21, 1862, II. Semester. III. Band.

Bild:
<< vorherige Seite
Die Truppen der Militärgrenze.
2j-'"

Der Wiederherstellung des Friedens folgte eine Reihe der wichtigsten Ver-
änderungen.

Die siebenbürgische Grenze wurde aufgehoben. Den Szeklern widerfuhr
solches, weil sie an dem Aufstande theilgenommen; und die Walachen sollten,
weil sie sich so aufopfernd bewiesen, durch die Aufhebung des Grenzverbandes
in den vollen Genuß aller staatsbürgerlichen Rechte treten und so den übrigen
Bewohnern ihres Vaterlandes gleichgestellt werden. Es wurde demnach eine
und dieselbe Maßregel als Belohnung und Strafe zugleich angewendet! Nur
War der Erfolg dem, was man beabsichtigte, gerade entgegengesetzt. Denn die
vermöglicheren Szekler können die auf sie entfallenden erhöhten Steuern ohne
übermäßige Anstrengung erschwingen und genießen den Vortheil, weniger Re¬
kruten stellen zu müssen. Aber die armen und übervölkerten Districte der Walachen,
denen ehedem die Löhnung, welche die Unteroffiziere auch im Inlande und
während des Friedens bezogen, eine Wohlthat dünkte, werden jetzt von den
Abgaben fast erdrückt und müssen, wenn nicht mehr, so doch mindestens eben¬
so viele Soldaten als früher stellen.

Anstatt der aufgelösten Grenztruppen wurden vier neue Linienregimenter
und ein Husarenregiment errichtet, welche jedoch nicht allein aus den bestande¬
nen Grenzgebieten ergänzt wurden.

Das Csaikistenbataillon wurde seiner bisherigen Bestimmung entzogen
und in ein "Titler Jnfanteriebataillon" umgewandelt.

Das Reglement, die Dienstordnung und die Adjustirungsvorschrift der
Linientruppen wurde ohne Abänderung auch bei allen Grenzregimentern ein¬
geführt, nur die Farbe der Uniform blieb dieselbe. Braune Waffenröcke und
schwarzes Lederwerk unterschieden auch jetzt die Grenzer von der ungarischen
Linieninfanterie, mit welcher sie alle übrigen Bctleidungs- und Rüstungsgegen-
ftände gemein hatten. Was aber dem ohnehin armen und durch den zwei¬
jährigen Krieg noch mehr herabgekommnen Lande besonders schwer fiel, war.
daß man, wo es nur anging, die verschiedenen Taxen und Gefälle, wenn
auch nur um einige Kreuzer, erhöhte und - das Tabakmonopol ein¬
führte.

Von noch empfindlicheren Folgen aber waren die Germanisirungs- und
Centralisirungsbestrebungen. welche durch das neue Grundgesetz vom Jahre
1850 den vollen Ausdruck erlangten. "Die Sprache des Reichsheeres hat als


Die Truppen der Militärgrenze.
2j-'"

Der Wiederherstellung des Friedens folgte eine Reihe der wichtigsten Ver-
änderungen.

Die siebenbürgische Grenze wurde aufgehoben. Den Szeklern widerfuhr
solches, weil sie an dem Aufstande theilgenommen; und die Walachen sollten,
weil sie sich so aufopfernd bewiesen, durch die Aufhebung des Grenzverbandes
in den vollen Genuß aller staatsbürgerlichen Rechte treten und so den übrigen
Bewohnern ihres Vaterlandes gleichgestellt werden. Es wurde demnach eine
und dieselbe Maßregel als Belohnung und Strafe zugleich angewendet! Nur
War der Erfolg dem, was man beabsichtigte, gerade entgegengesetzt. Denn die
vermöglicheren Szekler können die auf sie entfallenden erhöhten Steuern ohne
übermäßige Anstrengung erschwingen und genießen den Vortheil, weniger Re¬
kruten stellen zu müssen. Aber die armen und übervölkerten Districte der Walachen,
denen ehedem die Löhnung, welche die Unteroffiziere auch im Inlande und
während des Friedens bezogen, eine Wohlthat dünkte, werden jetzt von den
Abgaben fast erdrückt und müssen, wenn nicht mehr, so doch mindestens eben¬
so viele Soldaten als früher stellen.

Anstatt der aufgelösten Grenztruppen wurden vier neue Linienregimenter
und ein Husarenregiment errichtet, welche jedoch nicht allein aus den bestande¬
nen Grenzgebieten ergänzt wurden.

Das Csaikistenbataillon wurde seiner bisherigen Bestimmung entzogen
und in ein „Titler Jnfanteriebataillon" umgewandelt.

Das Reglement, die Dienstordnung und die Adjustirungsvorschrift der
Linientruppen wurde ohne Abänderung auch bei allen Grenzregimentern ein¬
geführt, nur die Farbe der Uniform blieb dieselbe. Braune Waffenröcke und
schwarzes Lederwerk unterschieden auch jetzt die Grenzer von der ungarischen
Linieninfanterie, mit welcher sie alle übrigen Bctleidungs- und Rüstungsgegen-
ftände gemein hatten. Was aber dem ohnehin armen und durch den zwei¬
jährigen Krieg noch mehr herabgekommnen Lande besonders schwer fiel, war.
daß man, wo es nur anging, die verschiedenen Taxen und Gefälle, wenn
auch nur um einige Kreuzer, erhöhte und - das Tabakmonopol ein¬
führte.

Von noch empfindlicheren Folgen aber waren die Germanisirungs- und
Centralisirungsbestrebungen. welche durch das neue Grundgesetz vom Jahre
1850 den vollen Ausdruck erlangten. „Die Sprache des Reichsheeres hat als


<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <pb facs="#f0071" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/114385"/>
        </div>
        <div n="1">
          <head> Die Truppen der Militärgrenze.</head><lb/>
          <div n="2">
            <head> 2j-'"</head><lb/>
            <p xml:id="ID_232"> Der Wiederherstellung des Friedens folgte eine Reihe der wichtigsten Ver-<lb/>
änderungen.</p><lb/>
            <p xml:id="ID_233"> Die siebenbürgische Grenze wurde aufgehoben. Den Szeklern widerfuhr<lb/>
solches, weil sie an dem Aufstande theilgenommen; und die Walachen sollten,<lb/>
weil sie sich so aufopfernd bewiesen, durch die Aufhebung des Grenzverbandes<lb/>
in den vollen Genuß aller staatsbürgerlichen Rechte treten und so den übrigen<lb/>
Bewohnern ihres Vaterlandes gleichgestellt werden. Es wurde demnach eine<lb/>
und dieselbe Maßregel als Belohnung und Strafe zugleich angewendet! Nur<lb/>
War der Erfolg dem, was man beabsichtigte, gerade entgegengesetzt. Denn die<lb/>
vermöglicheren Szekler können die auf sie entfallenden erhöhten Steuern ohne<lb/>
übermäßige Anstrengung erschwingen und genießen den Vortheil, weniger Re¬<lb/>
kruten stellen zu müssen. Aber die armen und übervölkerten Districte der Walachen,<lb/>
denen ehedem die Löhnung, welche die Unteroffiziere auch im Inlande und<lb/>
während des Friedens bezogen, eine Wohlthat dünkte, werden jetzt von den<lb/>
Abgaben fast erdrückt und müssen, wenn nicht mehr, so doch mindestens eben¬<lb/>
so viele Soldaten als früher stellen.</p><lb/>
            <p xml:id="ID_234"> Anstatt der aufgelösten Grenztruppen wurden vier neue Linienregimenter<lb/>
und ein Husarenregiment errichtet, welche jedoch nicht allein aus den bestande¬<lb/>
nen Grenzgebieten ergänzt wurden.</p><lb/>
            <p xml:id="ID_235"> Das Csaikistenbataillon wurde seiner bisherigen Bestimmung entzogen<lb/>
und in ein &#x201E;Titler Jnfanteriebataillon" umgewandelt.</p><lb/>
            <p xml:id="ID_236"> Das Reglement, die Dienstordnung und die Adjustirungsvorschrift der<lb/>
Linientruppen wurde ohne Abänderung auch bei allen Grenzregimentern ein¬<lb/>
geführt, nur die Farbe der Uniform blieb dieselbe. Braune Waffenröcke und<lb/>
schwarzes Lederwerk unterschieden auch jetzt die Grenzer von der ungarischen<lb/>
Linieninfanterie, mit welcher sie alle übrigen Bctleidungs- und Rüstungsgegen-<lb/>
ftände gemein hatten. Was aber dem ohnehin armen und durch den zwei¬<lb/>
jährigen Krieg noch mehr herabgekommnen Lande besonders schwer fiel, war.<lb/>
daß man, wo es nur anging, die verschiedenen Taxen und Gefälle, wenn<lb/>
auch nur um einige Kreuzer, erhöhte und - das Tabakmonopol ein¬<lb/>
führte.</p><lb/>
            <p xml:id="ID_237" next="#ID_238"> Von noch empfindlicheren Folgen aber waren die Germanisirungs- und<lb/>
Centralisirungsbestrebungen. welche durch das neue Grundgesetz vom Jahre<lb/>
1850 den vollen Ausdruck erlangten.  &#x201E;Die Sprache des Reichsheeres hat als</p><lb/>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0071] Die Truppen der Militärgrenze. 2j-'" Der Wiederherstellung des Friedens folgte eine Reihe der wichtigsten Ver- änderungen. Die siebenbürgische Grenze wurde aufgehoben. Den Szeklern widerfuhr solches, weil sie an dem Aufstande theilgenommen; und die Walachen sollten, weil sie sich so aufopfernd bewiesen, durch die Aufhebung des Grenzverbandes in den vollen Genuß aller staatsbürgerlichen Rechte treten und so den übrigen Bewohnern ihres Vaterlandes gleichgestellt werden. Es wurde demnach eine und dieselbe Maßregel als Belohnung und Strafe zugleich angewendet! Nur War der Erfolg dem, was man beabsichtigte, gerade entgegengesetzt. Denn die vermöglicheren Szekler können die auf sie entfallenden erhöhten Steuern ohne übermäßige Anstrengung erschwingen und genießen den Vortheil, weniger Re¬ kruten stellen zu müssen. Aber die armen und übervölkerten Districte der Walachen, denen ehedem die Löhnung, welche die Unteroffiziere auch im Inlande und während des Friedens bezogen, eine Wohlthat dünkte, werden jetzt von den Abgaben fast erdrückt und müssen, wenn nicht mehr, so doch mindestens eben¬ so viele Soldaten als früher stellen. Anstatt der aufgelösten Grenztruppen wurden vier neue Linienregimenter und ein Husarenregiment errichtet, welche jedoch nicht allein aus den bestande¬ nen Grenzgebieten ergänzt wurden. Das Csaikistenbataillon wurde seiner bisherigen Bestimmung entzogen und in ein „Titler Jnfanteriebataillon" umgewandelt. Das Reglement, die Dienstordnung und die Adjustirungsvorschrift der Linientruppen wurde ohne Abänderung auch bei allen Grenzregimentern ein¬ geführt, nur die Farbe der Uniform blieb dieselbe. Braune Waffenröcke und schwarzes Lederwerk unterschieden auch jetzt die Grenzer von der ungarischen Linieninfanterie, mit welcher sie alle übrigen Bctleidungs- und Rüstungsgegen- ftände gemein hatten. Was aber dem ohnehin armen und durch den zwei¬ jährigen Krieg noch mehr herabgekommnen Lande besonders schwer fiel, war. daß man, wo es nur anging, die verschiedenen Taxen und Gefälle, wenn auch nur um einige Kreuzer, erhöhte und - das Tabakmonopol ein¬ führte. Von noch empfindlicheren Folgen aber waren die Germanisirungs- und Centralisirungsbestrebungen. welche durch das neue Grundgesetz vom Jahre 1850 den vollen Ausdruck erlangten. „Die Sprache des Reichsheeres hat als

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341795_114313
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341795_114313/71
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 21, 1862, II. Semester. III. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341795_114313/71>, abgerufen am 05.02.2025.