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Die Grenzboten. Jg. 21, 1862, II. Semester. III. Band.

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Männer, die zur Guitarre und Mandoline ein Lied singen, dessen oft wieder¬
kehrender Refrain ist:


Oeelri" mordln, morino, moreto
illa t-leto ni0elriett(i, da äotto all si!

d. h. "das schwarze Auge hat mir zugenickt und mir Ja gesagt". Vermuthlich
gilt dieses Ständchen einer von jenen Frauengestalten, die sich dort auf dem
Balkone erkennen lassen, vielleicht ist es eine von ihnen, die dem glücklichen
Amoroso das oeeliietto gemacht hat.

Noch einmal "leliee molte!"




Siegels griechische Marinorbiiiche.

Zu den interessantesten Persönlichkeiten, deren Bekanntschaft der in Grie¬
chenland reisende Deutsche zu machen pflegt, gehört der schon seit zwei Jahr¬
zehnten dort ansässige Bildhauer Siegel, ein geborner Hamburger. Vom König
Ludwig hicrhergcsandt, um den Löwen auszuführen, der auf einem Felsblock
hei dem vor den Thoren Nauplia's gelegenen Dorfe Pronia das Andenken an
die in Griechenland gefallenen Bayern verewigt, entledigte er sich dieses Auf¬
trags, trotz der von den Griechen gegen das Unternehmen gesponnenen Ränke
mit Glück. Später fand er Anstellung als Professor der'Sculptur an dem
polytechnischen Institut zu Athen, in welcher Eigenschaft er mehre tüchtige
Schüler, unter andern Dorsch, bildete, der zu großen Erwartungen berechtigt.
Vor allem aber' erwarb er sich Verdienste durch die Streifzüge) die er durch
das Land und seine Inseln machte, und auf welchen er die seit Jahrhunderten
verlorenen und vergessenen Brüche wiedcrauffand. aus denen die Alten, na¬
mentlich die Römer, ihren bunten Marmor bezogen.

Von großem Werth war unter diesen Funden des deutschen Professors
besonders die Wiedermtdeckung des Bruches, der den einst hochgeschätzten Ophi-
les liefert. Noch wichtiger aber war seine Wiederauffindung anderer alter
Brüche, aus denen Rom seinen grünen und seinen rothen Marmor -- verckö und
rosso siiiieo --- erhielt, und die, von Siegel angekauft, jetzt schon seit Jahren
ihr prächtiges Gestein wieder nach dem Abendlande senden.

Die Brüche, von welchen der grüne Marmor kommt, befinden sich auf der
Insel Tinos; der, welcher den rothen liefert, liegt in der Nähe von Kakobule,
am Kap Matapan, dem alten Tänaron. Tinos, einst Tenos, die vevölkertste
der Cykladen, ist von Syra, dem Haupthandelsplatz Griechenlands und Cen-
tralpunkt aller Dampferlinien der Levante, nur zehn Seemeilen entfernt und
kann daher von hier mit Dampfschiffen in einer Stunde erreicht werden, und
die betreffenden Marmorbrüche liegen äußerst günstig für eine Ausbeutung und
Verwerthung in großem Maßstab/ Man trifft sie auf der nördlichen Seite der


Männer, die zur Guitarre und Mandoline ein Lied singen, dessen oft wieder¬
kehrender Refrain ist:


Oeelri« mordln, morino, moreto
illa t-leto ni0elriett(i, da äotto all si!

d. h. „das schwarze Auge hat mir zugenickt und mir Ja gesagt". Vermuthlich
gilt dieses Ständchen einer von jenen Frauengestalten, die sich dort auf dem
Balkone erkennen lassen, vielleicht ist es eine von ihnen, die dem glücklichen
Amoroso das oeeliietto gemacht hat.

Noch einmal „leliee molte!"




Siegels griechische Marinorbiiiche.

Zu den interessantesten Persönlichkeiten, deren Bekanntschaft der in Grie¬
chenland reisende Deutsche zu machen pflegt, gehört der schon seit zwei Jahr¬
zehnten dort ansässige Bildhauer Siegel, ein geborner Hamburger. Vom König
Ludwig hicrhergcsandt, um den Löwen auszuführen, der auf einem Felsblock
hei dem vor den Thoren Nauplia's gelegenen Dorfe Pronia das Andenken an
die in Griechenland gefallenen Bayern verewigt, entledigte er sich dieses Auf¬
trags, trotz der von den Griechen gegen das Unternehmen gesponnenen Ränke
mit Glück. Später fand er Anstellung als Professor der'Sculptur an dem
polytechnischen Institut zu Athen, in welcher Eigenschaft er mehre tüchtige
Schüler, unter andern Dorsch, bildete, der zu großen Erwartungen berechtigt.
Vor allem aber' erwarb er sich Verdienste durch die Streifzüge) die er durch
das Land und seine Inseln machte, und auf welchen er die seit Jahrhunderten
verlorenen und vergessenen Brüche wiedcrauffand. aus denen die Alten, na¬
mentlich die Römer, ihren bunten Marmor bezogen.

Von großem Werth war unter diesen Funden des deutschen Professors
besonders die Wiedermtdeckung des Bruches, der den einst hochgeschätzten Ophi-
les liefert. Noch wichtiger aber war seine Wiederauffindung anderer alter
Brüche, aus denen Rom seinen grünen und seinen rothen Marmor — verckö und
rosso siiiieo -— erhielt, und die, von Siegel angekauft, jetzt schon seit Jahren
ihr prächtiges Gestein wieder nach dem Abendlande senden.

Die Brüche, von welchen der grüne Marmor kommt, befinden sich auf der
Insel Tinos; der, welcher den rothen liefert, liegt in der Nähe von Kakobule,
am Kap Matapan, dem alten Tänaron. Tinos, einst Tenos, die vevölkertste
der Cykladen, ist von Syra, dem Haupthandelsplatz Griechenlands und Cen-
tralpunkt aller Dampferlinien der Levante, nur zehn Seemeilen entfernt und
kann daher von hier mit Dampfschiffen in einer Stunde erreicht werden, und
die betreffenden Marmorbrüche liegen äußerst günstig für eine Ausbeutung und
Verwerthung in großem Maßstab/ Man trifft sie auf der nördlichen Seite der


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[0453] Männer, die zur Guitarre und Mandoline ein Lied singen, dessen oft wieder¬ kehrender Refrain ist: Oeelri« mordln, morino, moreto illa t-leto ni0elriett(i, da äotto all si! d. h. „das schwarze Auge hat mir zugenickt und mir Ja gesagt". Vermuthlich gilt dieses Ständchen einer von jenen Frauengestalten, die sich dort auf dem Balkone erkennen lassen, vielleicht ist es eine von ihnen, die dem glücklichen Amoroso das oeeliietto gemacht hat. Noch einmal „leliee molte!" Siegels griechische Marinorbiiiche. Zu den interessantesten Persönlichkeiten, deren Bekanntschaft der in Grie¬ chenland reisende Deutsche zu machen pflegt, gehört der schon seit zwei Jahr¬ zehnten dort ansässige Bildhauer Siegel, ein geborner Hamburger. Vom König Ludwig hicrhergcsandt, um den Löwen auszuführen, der auf einem Felsblock hei dem vor den Thoren Nauplia's gelegenen Dorfe Pronia das Andenken an die in Griechenland gefallenen Bayern verewigt, entledigte er sich dieses Auf¬ trags, trotz der von den Griechen gegen das Unternehmen gesponnenen Ränke mit Glück. Später fand er Anstellung als Professor der'Sculptur an dem polytechnischen Institut zu Athen, in welcher Eigenschaft er mehre tüchtige Schüler, unter andern Dorsch, bildete, der zu großen Erwartungen berechtigt. Vor allem aber' erwarb er sich Verdienste durch die Streifzüge) die er durch das Land und seine Inseln machte, und auf welchen er die seit Jahrhunderten verlorenen und vergessenen Brüche wiedcrauffand. aus denen die Alten, na¬ mentlich die Römer, ihren bunten Marmor bezogen. Von großem Werth war unter diesen Funden des deutschen Professors besonders die Wiedermtdeckung des Bruches, der den einst hochgeschätzten Ophi- les liefert. Noch wichtiger aber war seine Wiederauffindung anderer alter Brüche, aus denen Rom seinen grünen und seinen rothen Marmor — verckö und rosso siiiieo -— erhielt, und die, von Siegel angekauft, jetzt schon seit Jahren ihr prächtiges Gestein wieder nach dem Abendlande senden. Die Brüche, von welchen der grüne Marmor kommt, befinden sich auf der Insel Tinos; der, welcher den rothen liefert, liegt in der Nähe von Kakobule, am Kap Matapan, dem alten Tänaron. Tinos, einst Tenos, die vevölkertste der Cykladen, ist von Syra, dem Haupthandelsplatz Griechenlands und Cen- tralpunkt aller Dampferlinien der Levante, nur zehn Seemeilen entfernt und kann daher von hier mit Dampfschiffen in einer Stunde erreicht werden, und die betreffenden Marmorbrüche liegen äußerst günstig für eine Ausbeutung und Verwerthung in großem Maßstab/ Man trifft sie auf der nördlichen Seite der

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 21, 1862, II. Semester. III. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341795_114313/453>, abgerufen am 27.08.2024.