Die Grenzboten. Jg. 21, 1862, II. Semester. III. Band.Fortschritte, welche dieselbe macht. Es ist auch in d. Bl. oft die Ueberzeugung Wie zwingend das Bedürfniß nach einer neuen Organisation auch bei 5*
Fortschritte, welche dieselbe macht. Es ist auch in d. Bl. oft die Ueberzeugung Wie zwingend das Bedürfniß nach einer neuen Organisation auch bei 5*
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Fortschritte, welche dieselbe macht. Es ist auch in d. Bl. oft die Ueberzeugung
ausgesprochen worden, welche zu wiederholen die Presse nicht aufhören soll, daß
der nächste große Erfolg in dem innern Leben Preußens abhängig ist von der
Vereinigung der liberalen Fraktionen zu einer großen und sichern Majorität,
welche die Majorität der Volkswünsche darstellt und leitet und einem Ministerium
seines Vertrauens feste Stütze werden kann. Alles, was jetzt die Preußen stört
und aufhält, Stimmungen der höchsten Regierungsgewalt, unpopuläre Minister,
preußenfeindliche Fraktionen in der Kammer selbst, alles das wird mit Leichtigkeit
versöhnt oder überwunden, sobald die Kammer durch die erwähnte Vereinigung
einen sicheren Schwerpunkt darbietet. Nicht unbedeutend sind die Fortschritte,
welche die Parteibildung in der neuen Session gemacht hat. aber noch haben
die preußischen Abgeordneten Einiges zu lernen und zu überwinden. Der
Zerfall der altliberalen, ministeriellen Partei durste nicht überraschen, er war
die unvermeidliche Folge des ruhmlosen Sturzes, welcher dem Ministerium
unserer alten Freunde zu Theil wurde. Die neugebildete Fraktion Vincke's ist
nicht als ein? Fortsetzung der altliberalen Partei zu betrachten. sie ist vielmehr
der Anfang einer sehr berechtigten konservativen Partei unsrer Zukunft, in die¬
sem Sinne ein großer Fortschritt der neuen Kammer. Das Junkerthum, wie
es von his jetzt sich in oft grotesken Formen gebreitet hat, ist für jeden,
der näher zusieht, bereits in einer innern Auflösung begriffen, es wird unter
dieser und in den ersten Jahren einer nächsten Regierung sich allmälig ruhmlos
ausleben. Die Hanatiker der Reaction unter den Landjunkern verfallen den
Witzblätter und zuletzt den Vorstadttheatern, ,die Generäle, welche ohne große
Kriegsthaten in der Hofluft avancirt und >n Parade, Gebetbuch, Cour und
Verwünschung der Revolutionäre alt geworden sind, werden beseitigt werden,
die Gescheuteren vom Landadel aber, welche schon jetzt den kräftigeren Wellen¬
schlag unsrer Zeit nicht von sich abhalten können, werden endlich genöthigt sein,
sich neue Führer zu suchen und die alten Gegensätze, welche sie einst von ih¬
ren freier gebildeten Standesgenossen getrennt haben, zu begraben. Andererseits
ist sehr wahrscheinlich, daß auch Hr. v. Vincke und seine Freunde durch den
Gegensatz zu jüngern und rücksichtsloseren Liberalen etwas mehr nach Rechts
gedrängt werden. Es wird aber einer längeren verdienstlichen Thätigkeit dieser
Partei und großer Fehler der neuen Fraktionen bedürfen, um die Majorität
der Wähler wieder mit ihr zu befreunden.
Wie zwingend das Bedürfniß nach einer neuen Organisation auch bei
maßvollen Abgeordneten war. hat das schnelle Wachsthum der Partei Bockum-
Dolsfs gezeigt. Aus einer der kleinsten Fraktionen des Hauses ist sie zu
der zweitgrößten geworden; in ihr und der besonnenen Majorität der Fort¬
schrittspartei >liegt jetzt die Zukunft des preußischen Liberalismus. Die Fort¬
schrittspartei selbst bildet noch eine ungefüge Masse, welche sehr disparate Ele-
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