Die Grenzboten. Jg. 21, 1862, II. Semester. III. Band.fafsung von 1831 und zur Anerkennung des gekränkten Volksrechts bewogen, Die letzten Marschbefehle zeigen, wie unzufrieden man in Berlin mit der Die politische Lage Europa's ist so günstig als möglich. Die orientalische Aber wird, was möglich ist, auch ihm ausführbar sein? Auf die fröhliche GltNjboten II. 1662. 5
fafsung von 1831 und zur Anerkennung des gekränkten Volksrechts bewogen, Die letzten Marschbefehle zeigen, wie unzufrieden man in Berlin mit der Die politische Lage Europa's ist so günstig als möglich. Die orientalische Aber wird, was möglich ist, auch ihm ausführbar sein? Auf die fröhliche GltNjboten II. 1662. 5
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fafsung von 1831 und zur Anerkennung des gekränkten Volksrechts bewogen,
sie selbst hatten dann Oestreich die Waffen des Widerstandes aus der Hand
geschlagen, wenn etwa das hessische Volk sich erhob, den Schutz Preußens an-
rief und wenn preußische Bataillone als Wiederhersteller und Schützer der
Verfassung einzogen. Hat das Ministerium in Berlin einen Augenblick an
solche Möglichkeit gedacht, vielleicht darauf gehofft? Wenn das der Fall
war, was wir kaum glauben, so hatte es vergessen, daß seine eigene Existenz
und die innern Zustände Preußens ein solches vertrauensvolles Zuwenden des
hessischen Volkes sehr erschwerte. Dergleichen wäre im Jahre l860 leicht mög¬
lich gewesen, im Jahre 1862 ist es fraglich, ob selbst die jetzige Wahl eines
unpopulären Ministeriums in Cassel dergleichen Wirkungen ausüben könne.
Die letzten Marschbefehle zeigen, wie unzufrieden man in Berlin mit der
Entwicklung der Ministerkrisis in Kassel ist und daß man die wahrscheinlich
unbestimmte Vorstellung hat, es müsse jetzt etwas Entscheidendes geschehen. Nun
ist die Angelegenheit bereits sehr verfahren, aber es ist doch nicht unmöglich
einen Ausweg zu finden, wenn man noch jetzt von dem betretenen Wege der
Bundespression, auf welchem gar nicht weiter zu kommen ist, heruntergeht.
Wenn Preußen erklärt, daß das Ministerium zu Kassel durch seine Persönlich¬
keiten keine Garantie für eine ehrliche Wiederherstellung verfassungsmäßiger Zu¬
stände gäbe, daß Preußen darauf verzichten müsse, durch Oestreich und den
Bund dieselben hergestellt zu sehen, daß es sich genöthigt sehe, das Recht der
freien Hand wieder in Anspruch zu nehmen und selbstthätig einzugreifen. Man
bewege die Truppen vorwärts, erkläre jedes Einrücken nichtpreußischer Truppen
in das Land für einen nasus belli und bereite sich auf jede Eventualität.
Die politische Lage Europa's ist so günstig als möglich. Die orientalische
Aufregung nimmt Dimensionen an, welche die Interessen der Großmächte nach
Belgrad. Bukarest, Konstantinopel und Jerusalem ziehen. Oestreich ist in Ita¬
lien und selbst im Orient ohne Bundesgenossen, es vermag den Streit mit
Preußen nicht über die Grenzen diplomatischer Noten herauszuheben, ohne einen
europäischen Krieg zu veranlassen, der ihm größeres auf das Spiel setzt, als
seinen Einfluß in Hessen. Preußens Stellung ist bei dem bevorstehenden Con¬
flict den großen Mächten Europa's wieder einmal die günstigste. Eine Besetzung
Kurhesseus, nicht zu einer Eroberung, sondern zu ehrlicher Wiederherstellung
gesetzlicher Zustände würde weder Frankreich noch England zu mehr als einer
Anfrage veranlassen. Die Verbindung deutscher Mittelstaaten mit Oestreich aber
ist nur so lange lästig, bis Preußen in guter Sache Ernst zeigt. So ist dem
Ministerium immer noch die Möglichkeit gegeben, die Wege einer Achtung er¬
zwingenden Politik zu betreten.
Aber wird, was möglich ist, auch ihm ausführbar sein? Auf die fröhliche
Beistimmung der Preußen sowol als der Hessen hat es beim Beginn seiner
GltNjboten II. 1662. 5
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