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Die Grenzboten. Jg. 21, 1862, II. Semester. III. Band.

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was für die befreiten Negersklaven von den Vereinigten Staaten gezahlt und
für jene von der Regierung Liberia'"! verwendet wurde, Haupteinnahmequellen
sind die Ein- und Ausfuhrzölle, die in dem genannten Jahre zusammen
44.000 Dollars in die Staatskasse lieferten. Für die Gesetzgebung wurden
4.050. für die Gerichtshöfe 7,900 ausgegeben. Die Civilliste des Präsidenten
beträgt 6,400 Dollars.

Für die Zwecke der Verwaltung und der Justiz ist die Republik in Coun-
ties abgetheilt, die wieder in Townships zerfallen. Counties gibt es vier:
Montserrado, Grand Bassa, Sinoe und Maryland. Die Townships sind in
der Regel acht Quadratmeilen groß. Jeder Ort bildet eine besondre, von selbst¬
gewählten Behörden verwaltete Gemeinde. Die oberste Leitung der Admini¬
stration ist in den Händen von Superintendenten, welche der Präsident der
Republik wählt und der Senat bestätigt.

Die Sprache der aus Amerika stammenden Bewohner Liberia's ist die eng¬
lische. Die Eingebornen sprechen ihre Negeridiome, doch nimmt auch unter
ihnen das Englische mehr und mehr überHand. Nichts ist gewöhnlicher, als
daß die Häuptlinge und alle Leute von Wichtigkeit unter den Stämmen inner¬
halb der Grenzen der Republik und selbst weit über dieselben hinaus ihre Kin¬
der für mehre Jahre nach Monrovia schicken, um in dortigen Familien Englisch
zu lernen und sich Bildung und Gesittung anzueignen, und schon wird unter al¬
len Negern der Küste die Kenntniß des Englischen als nothwendiges Erforder-
niß für die Beherrscher der hauptsächlichsten Orte betrachtet.

Monrovia, die Hauptstadt Liberia's, hat ihren Namen von Monroe, dem
fünften Präsidenten der Vereinigten Staaten von Nordamerika, der ein leb¬
haftes Interesse für die Besiedelung von Liberia an den Tag legte. Der Ort
liegt recht anmutlfig am Cap Mesurado. 75 Fuß über dem Meeresspiegel, und
hat 3,500 Einwohner. Seine Lage ist für den Verkehr sehr günstig, da letz¬
terer durch die Flüsse Mesurado und Stockton, Se. Pauls und Junk gute
Wasserstraßen in das Innere erhält. Hier ist der Sitz des Obergerichts, des
Präsidenten und der Gesetzgebung. Man findet hier ferner mehre Kirchen, ver¬
schiedene Schulen und Missionsanstalten und eine Zeitung, den "Liberia Herald",
die schon seit 1826 erscheint. Endlich ist hier auch die obenerwähnte Universität.
Die letztere wurde großentheils durch die Freigebigkeit der Bewohner von Bo¬
ston in Amerika gegründet, welche nicht nur das Geld zur Erbauung des Ge¬
bäudes hergaben, sondern auch die Bibliothek und ein geologisches Cabinet
schenkten. Die Regierung von Liberia dotirte die Anstalt mit 4,000 Ackern
Land, je tausend in den vier CountieS des Staates. Präsident oder Rector
der Universität und Professor der Jurisprudenz und des Völkerrechts ist der
frühere Staatspräsident Roberts, Moral, Philosophie, englische Sprache und
Literatur trägt ein Herr Alexander Crummell vor, der auf der Universität


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was für die befreiten Negersklaven von den Vereinigten Staaten gezahlt und
für jene von der Regierung Liberia'«! verwendet wurde, Haupteinnahmequellen
sind die Ein- und Ausfuhrzölle, die in dem genannten Jahre zusammen
44.000 Dollars in die Staatskasse lieferten. Für die Gesetzgebung wurden
4.050. für die Gerichtshöfe 7,900 ausgegeben. Die Civilliste des Präsidenten
beträgt 6,400 Dollars.

Für die Zwecke der Verwaltung und der Justiz ist die Republik in Coun-
ties abgetheilt, die wieder in Townships zerfallen. Counties gibt es vier:
Montserrado, Grand Bassa, Sinoe und Maryland. Die Townships sind in
der Regel acht Quadratmeilen groß. Jeder Ort bildet eine besondre, von selbst¬
gewählten Behörden verwaltete Gemeinde. Die oberste Leitung der Admini¬
stration ist in den Händen von Superintendenten, welche der Präsident der
Republik wählt und der Senat bestätigt.

Die Sprache der aus Amerika stammenden Bewohner Liberia's ist die eng¬
lische. Die Eingebornen sprechen ihre Negeridiome, doch nimmt auch unter
ihnen das Englische mehr und mehr überHand. Nichts ist gewöhnlicher, als
daß die Häuptlinge und alle Leute von Wichtigkeit unter den Stämmen inner¬
halb der Grenzen der Republik und selbst weit über dieselben hinaus ihre Kin¬
der für mehre Jahre nach Monrovia schicken, um in dortigen Familien Englisch
zu lernen und sich Bildung und Gesittung anzueignen, und schon wird unter al¬
len Negern der Küste die Kenntniß des Englischen als nothwendiges Erforder-
niß für die Beherrscher der hauptsächlichsten Orte betrachtet.

Monrovia, die Hauptstadt Liberia's, hat ihren Namen von Monroe, dem
fünften Präsidenten der Vereinigten Staaten von Nordamerika, der ein leb¬
haftes Interesse für die Besiedelung von Liberia an den Tag legte. Der Ort
liegt recht anmutlfig am Cap Mesurado. 75 Fuß über dem Meeresspiegel, und
hat 3,500 Einwohner. Seine Lage ist für den Verkehr sehr günstig, da letz¬
terer durch die Flüsse Mesurado und Stockton, Se. Pauls und Junk gute
Wasserstraßen in das Innere erhält. Hier ist der Sitz des Obergerichts, des
Präsidenten und der Gesetzgebung. Man findet hier ferner mehre Kirchen, ver¬
schiedene Schulen und Missionsanstalten und eine Zeitung, den „Liberia Herald",
die schon seit 1826 erscheint. Endlich ist hier auch die obenerwähnte Universität.
Die letztere wurde großentheils durch die Freigebigkeit der Bewohner von Bo¬
ston in Amerika gegründet, welche nicht nur das Geld zur Erbauung des Ge¬
bäudes hergaben, sondern auch die Bibliothek und ein geologisches Cabinet
schenkten. Die Regierung von Liberia dotirte die Anstalt mit 4,000 Ackern
Land, je tausend in den vier CountieS des Staates. Präsident oder Rector
der Universität und Professor der Jurisprudenz und des Völkerrechts ist der
frühere Staatspräsident Roberts, Moral, Philosophie, englische Sprache und
Literatur trägt ein Herr Alexander Crummell vor, der auf der Universität


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 21, 1862, II. Semester. III. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341795_114313/403>, abgerufen am 22.07.2024.