Die Grenzboten. Jg. 21, 1862, II. Semester. III. Band.einzigen Bestandtheil derselben ausgenommen, immer eine vortreffliche Truppe Zum Mindesten aber ist die östreichische Reiterei besser als die italienische Die wichtigste Eigenschaft jedoch, wodurch sich die östreichische Reiterei Zwar hat sich die Artillerie von jeher ebenfalls durch ihre Treue aus¬ Grenjbotm III. 1SK2. 49
einzigen Bestandtheil derselben ausgenommen, immer eine vortreffliche Truppe Zum Mindesten aber ist die östreichische Reiterei besser als die italienische Die wichtigste Eigenschaft jedoch, wodurch sich die östreichische Reiterei Zwar hat sich die Artillerie von jeher ebenfalls durch ihre Treue aus¬ Grenjbotm III. 1SK2. 49
<TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0393" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/114707"/> <p xml:id="ID_1541" prev="#ID_1540"> einzigen Bestandtheil derselben ausgenommen, immer eine vortreffliche Truppe<lb/> und, wenn man die wirklich ausgezeichneten Jäger abrechnet, das Beste des<lb/> ganzen Heeres. Die Infanterie, obschon einige Regimenter sich von jeher durch<lb/> Treue und Tapferkeit ausgezeichnet haben, bezieht im Allgemeinen ein zu un¬<lb/> gleiches und mittelmäßiges Material und ist auch nationalen Einflüssen mehr<lb/> als jede andere Truppe unterworfen, wie es 1859 die italienischen Regimenter<lb/> bewiesen haben. Die Artillerie hat wohl an taktischer Ausbildung und auch<lb/> hinsichtlich der Brauchbarkeit ihres todten Materials gewonnen, dagegen aber,<lb/> was die gründliche Ausbildung und Auswahl der Mannschaften und Unteroffiziere<lb/> betrifft, ersichtlich verloren und ist keinesfalls mit der östreichischen Artillerie zu<lb/> vergleichen, welche unter Liechtensteins und Colloredo's Leitung sich über alle<lb/> ihre Schwestern in Europa erhob und auch noch 1848 und 1849 zum Siege<lb/> der östreichischen Waffen wesentlich beitrug. Die Specialtruppcngattungen end¬<lb/> lich sind zu unbedeutend, um hier in Betracht gezogen zu werden.</p><lb/> <p xml:id="ID_1542"> Zum Mindesten aber ist die östreichische Reiterei besser als die italienische<lb/> und die französische, und es lassen auch noch jetzt die wichtigsten Reformen eine<lb/> Aenderung dieses Qualitätsverhältnisses zu Frankreichs Gunsten nicht erwarten.<lb/> Es fehlt nur an einem neuen Pappenheim, um diese Ueberlegenheit auch in<lb/> dem Kampfe großer Massen aus das entschiedenste herzustellen.</p><lb/> <p xml:id="ID_1543"> Die wichtigste Eigenschaft jedoch, wodurch sich die östreichische Reiterei<lb/> auszeichnet, ist ihre rein östreichische Gesinnung. Läßt man den hauptsächlich<lb/> durch eigene Schuld und eine sich vielleicht nie wieder wiederholende Verknüp¬<lb/> fung aller widrigen Umstände herbeigeführten Abfall der Husaren außer Be¬<lb/> achtung, so muß die östreichische Reiterei in den ersten Rang derjenigen Truppen,<lb/> welche der Dynastie unter allen Umständen treu anhängen werden, gesetzt wer¬<lb/> den. Die Kürassiere, Dragoner und Ulanen, sowie auch selbst die Husaren —<lb/> wofern die letzteren nicht etwa in Ungarn gegen ihre eigenen Landsleute ge¬<lb/> führt werden — vergessen, daß sie Deutsche, Böhmen, Ungarn oder Polen<lb/> sind, sie wollen nur „kaiserliche Reiter" sein und gehen nur dorthin, wohin sie<lb/> die Standarte mit dem Doppeladler ruft. Bei den Truppen, welche im Som¬<lb/> mer des Jahres 1848 gegen die Südslaven geschickt wurden, befanden sich auch<lb/> Zwei Kürassierregimenter und das Ulanenregiment Schwarzenberg. Als aber<lb/> die wahren Absichten der Ungarn offen an den Tag traten, trabten die Reiter<lb/> ohne Säumen in das kaiserliche Heerlager hinüber, während die in gleicher<lb/> Lage befindlichen nichtungarischen Jnfanteriebataillone und Artilleriecvmpag-<lb/> nien zögerten, bis es zu spät war, und in Gefangenschaft geriethen, wobei<lb/> sie den Uebertritt vieler Einzelner nicht verhindern konnten.<lb/> ^</p><lb/> <p xml:id="ID_1544" next="#ID_1545"> Zwar hat sich die Artillerie von jeher ebenfalls durch ihre Treue aus¬<lb/> gezeichnet, aber dennoch haben bei ihr, da sie ein rein bürgerliches Corps ist,<lb/> liberale Ansichten Eingang gefunden und die Freiheitsbestrebungen des Jahres</p><lb/> <fw type="sig" place="bottom"> Grenjbotm III. 1SK2. 49</fw><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0393]
einzigen Bestandtheil derselben ausgenommen, immer eine vortreffliche Truppe
und, wenn man die wirklich ausgezeichneten Jäger abrechnet, das Beste des
ganzen Heeres. Die Infanterie, obschon einige Regimenter sich von jeher durch
Treue und Tapferkeit ausgezeichnet haben, bezieht im Allgemeinen ein zu un¬
gleiches und mittelmäßiges Material und ist auch nationalen Einflüssen mehr
als jede andere Truppe unterworfen, wie es 1859 die italienischen Regimenter
bewiesen haben. Die Artillerie hat wohl an taktischer Ausbildung und auch
hinsichtlich der Brauchbarkeit ihres todten Materials gewonnen, dagegen aber,
was die gründliche Ausbildung und Auswahl der Mannschaften und Unteroffiziere
betrifft, ersichtlich verloren und ist keinesfalls mit der östreichischen Artillerie zu
vergleichen, welche unter Liechtensteins und Colloredo's Leitung sich über alle
ihre Schwestern in Europa erhob und auch noch 1848 und 1849 zum Siege
der östreichischen Waffen wesentlich beitrug. Die Specialtruppcngattungen end¬
lich sind zu unbedeutend, um hier in Betracht gezogen zu werden.
Zum Mindesten aber ist die östreichische Reiterei besser als die italienische
und die französische, und es lassen auch noch jetzt die wichtigsten Reformen eine
Aenderung dieses Qualitätsverhältnisses zu Frankreichs Gunsten nicht erwarten.
Es fehlt nur an einem neuen Pappenheim, um diese Ueberlegenheit auch in
dem Kampfe großer Massen aus das entschiedenste herzustellen.
Die wichtigste Eigenschaft jedoch, wodurch sich die östreichische Reiterei
auszeichnet, ist ihre rein östreichische Gesinnung. Läßt man den hauptsächlich
durch eigene Schuld und eine sich vielleicht nie wieder wiederholende Verknüp¬
fung aller widrigen Umstände herbeigeführten Abfall der Husaren außer Be¬
achtung, so muß die östreichische Reiterei in den ersten Rang derjenigen Truppen,
welche der Dynastie unter allen Umständen treu anhängen werden, gesetzt wer¬
den. Die Kürassiere, Dragoner und Ulanen, sowie auch selbst die Husaren —
wofern die letzteren nicht etwa in Ungarn gegen ihre eigenen Landsleute ge¬
führt werden — vergessen, daß sie Deutsche, Böhmen, Ungarn oder Polen
sind, sie wollen nur „kaiserliche Reiter" sein und gehen nur dorthin, wohin sie
die Standarte mit dem Doppeladler ruft. Bei den Truppen, welche im Som¬
mer des Jahres 1848 gegen die Südslaven geschickt wurden, befanden sich auch
Zwei Kürassierregimenter und das Ulanenregiment Schwarzenberg. Als aber
die wahren Absichten der Ungarn offen an den Tag traten, trabten die Reiter
ohne Säumen in das kaiserliche Heerlager hinüber, während die in gleicher
Lage befindlichen nichtungarischen Jnfanteriebataillone und Artilleriecvmpag-
nien zögerten, bis es zu spät war, und in Gefangenschaft geriethen, wobei
sie den Uebertritt vieler Einzelner nicht verhindern konnten.
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Zwar hat sich die Artillerie von jeher ebenfalls durch ihre Treue aus¬
gezeichnet, aber dennoch haben bei ihr, da sie ein rein bürgerliches Corps ist,
liberale Ansichten Eingang gefunden und die Freiheitsbestrebungen des Jahres
Grenjbotm III. 1SK2. 49
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