Die Grenzboten. Jg. 21, 1862, II. Semester. III. Band.der gläubigen Welt. Das Verschwinden aller höhern Bestrebungen unter den Da>.' Dümmlersche Werk gibt, von seinem zweiten Buche an, eine voll¬ 43*
der gläubigen Welt. Das Verschwinden aller höhern Bestrebungen unter den Da>.' Dümmlersche Werk gibt, von seinem zweiten Buche an, eine voll¬ 43*
<TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0347" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/114661"/> <p xml:id="ID_1371" prev="#ID_1370"> der gläubigen Welt. Das Verschwinden aller höhern Bestrebungen unter den<lb/> Königen, ihre Zänkereien und Umtriebe gegen einander, ihre willenlose Hingebung<lb/> an die Factionen ihrer Großen oder an grobe Sinnengenüsse bietet dem Statt¬<lb/> halter Petri die Gelegenheit zu dem mannigfachsten Eingreifen und den glän¬<lb/> zendsten Triumphen. Die Geistlichkeit aber, indem sie sich nicht mehr einheit¬<lb/> lich geleitet sieht durch einen Fürsten nach Art Karls des Großen, sucht sich<lb/> ihrer Einheit um so entschiedener im Gegensatze zu der zerfahrenen Weltlichkeit<lb/> bewußt zu werden, indem sie sich straff und stolz unter dem Oberpriester zu¬<lb/> sammennimmt, der Kaisern und Königen Gehorsam gegen ewige Gesetze lehrt. —<lb/> Freilich, auch diese glorreiche Anspannung des Kirchenthums dauert nur bis in<lb/> die letzten Decennien des Jahrhunderts; dann wird in die Zerfahrenheit der<lb/> weltlichen Zustände auch die Kirche hineingerissen, und alles bedeckt ein tolles<lb/> Wursal, unter welchem auch die Keime höherer Bildung und geistlicher Herr¬<lb/> schaft, welche das 9. Jahrhundert gehegt hatte, fast bis zur Unsichtbarkeit ver¬<lb/> schüttet werden, um erst mühsam sich wieder durchzuarbeiten und nach Jahr¬<lb/> hunderten in ganz neuen und mächtigen Gestaltungen zu Tage zu treten.</p><lb/> <p xml:id="ID_1372" next="#ID_1373"> Da>.' Dümmlersche Werk gibt, von seinem zweiten Buche an, eine voll¬<lb/> ständige Geschichte der 32, auf die Verduner Theilung folgenden Jahre. Es<lb/> macht sich keineswegs blos mit Ludwig und seiner Herrschaft zu thun; eine<lb/> solche Beschränkung würde bei der Dürftigkeit der Nachrichten, die sich speciell<lb/> auf das ostsräntische Reich beziehen, das Werk auf ein ziemlich enges Maß<lb/> reducirt, überdies aber auch, bei dem innigen Zusammenhange, der unter den<lb/> Begebenheiten aller Königreiche obwaltet, nur Abgerissenes, der Ergänzung Be¬<lb/> dürftiges zu Wege gebracht haben. Auf die Angelegenheiten des gesammten<lb/> Karolingerreiches erstreckt sich die Arbeit des Verfassers. Nur was ganz aus¬<lb/> schließlich für die Geschichte des westfränkischen oder lotharischen Gebietes ein<lb/> Interesse haben würde, bleibt bei Seite, während in dem Gesammtgemälde die<lb/> ostfränkischen Dinge, bis in die localen Verhältnisse der einzelnen Landschaften<lb/> und bedeutenderen Orte hinein, die speciellst Ausführung erfahren. Daß da¬<lb/> bei der Verfasser .durch die Ausnahme seines Werkes unter die „Jahrbücher"<lb/> der deutschen Könige und Kaiser, deren Herausgabe die Münchener Akademie<lb/> übernommen hat, nicht bestimmt worden ist, die strenge Form von Jahrbüchern<lb/> wirklich inne zu halten, kann man ihm nur Dank wissen. So wie das Buch jetzt<lb/> vorliegt, wird es auch Solchen, die etwas mehr als eine vollständige Samm¬<lb/> lung und kritische Sichtung des Materials suchen, nicht wenig des Interessan¬<lb/> ten und Anregenden bieten. Vorzüglich auch, weil den angedeuteten geistigen<lb/> Bestrebungen, den Bewegungen auf kirchlichem Gebiete eine rege Sorgfalt<lb/> zugewendet ist. Die Entstehung und das allmälige Eindringen jener pseudv-<lb/> isidorischen Decretalen, die eben in dieser Zeit, und als ein so merkwürdiges<lb/> Zeichen derselben, dem Papstthum ihre trefflichen Dienste zur Ausdehnung seiner</p><lb/> <fw type="sig" place="bottom"> 43*</fw><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0347]
der gläubigen Welt. Das Verschwinden aller höhern Bestrebungen unter den
Königen, ihre Zänkereien und Umtriebe gegen einander, ihre willenlose Hingebung
an die Factionen ihrer Großen oder an grobe Sinnengenüsse bietet dem Statt¬
halter Petri die Gelegenheit zu dem mannigfachsten Eingreifen und den glän¬
zendsten Triumphen. Die Geistlichkeit aber, indem sie sich nicht mehr einheit¬
lich geleitet sieht durch einen Fürsten nach Art Karls des Großen, sucht sich
ihrer Einheit um so entschiedener im Gegensatze zu der zerfahrenen Weltlichkeit
bewußt zu werden, indem sie sich straff und stolz unter dem Oberpriester zu¬
sammennimmt, der Kaisern und Königen Gehorsam gegen ewige Gesetze lehrt. —
Freilich, auch diese glorreiche Anspannung des Kirchenthums dauert nur bis in
die letzten Decennien des Jahrhunderts; dann wird in die Zerfahrenheit der
weltlichen Zustände auch die Kirche hineingerissen, und alles bedeckt ein tolles
Wursal, unter welchem auch die Keime höherer Bildung und geistlicher Herr¬
schaft, welche das 9. Jahrhundert gehegt hatte, fast bis zur Unsichtbarkeit ver¬
schüttet werden, um erst mühsam sich wieder durchzuarbeiten und nach Jahr¬
hunderten in ganz neuen und mächtigen Gestaltungen zu Tage zu treten.
Da>.' Dümmlersche Werk gibt, von seinem zweiten Buche an, eine voll¬
ständige Geschichte der 32, auf die Verduner Theilung folgenden Jahre. Es
macht sich keineswegs blos mit Ludwig und seiner Herrschaft zu thun; eine
solche Beschränkung würde bei der Dürftigkeit der Nachrichten, die sich speciell
auf das ostsräntische Reich beziehen, das Werk auf ein ziemlich enges Maß
reducirt, überdies aber auch, bei dem innigen Zusammenhange, der unter den
Begebenheiten aller Königreiche obwaltet, nur Abgerissenes, der Ergänzung Be¬
dürftiges zu Wege gebracht haben. Auf die Angelegenheiten des gesammten
Karolingerreiches erstreckt sich die Arbeit des Verfassers. Nur was ganz aus¬
schließlich für die Geschichte des westfränkischen oder lotharischen Gebietes ein
Interesse haben würde, bleibt bei Seite, während in dem Gesammtgemälde die
ostfränkischen Dinge, bis in die localen Verhältnisse der einzelnen Landschaften
und bedeutenderen Orte hinein, die speciellst Ausführung erfahren. Daß da¬
bei der Verfasser .durch die Ausnahme seines Werkes unter die „Jahrbücher"
der deutschen Könige und Kaiser, deren Herausgabe die Münchener Akademie
übernommen hat, nicht bestimmt worden ist, die strenge Form von Jahrbüchern
wirklich inne zu halten, kann man ihm nur Dank wissen. So wie das Buch jetzt
vorliegt, wird es auch Solchen, die etwas mehr als eine vollständige Samm¬
lung und kritische Sichtung des Materials suchen, nicht wenig des Interessan¬
ten und Anregenden bieten. Vorzüglich auch, weil den angedeuteten geistigen
Bestrebungen, den Bewegungen auf kirchlichem Gebiete eine rege Sorgfalt
zugewendet ist. Die Entstehung und das allmälige Eindringen jener pseudv-
isidorischen Decretalen, die eben in dieser Zeit, und als ein so merkwürdiges
Zeichen derselben, dem Papstthum ihre trefflichen Dienste zur Ausdehnung seiner
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