Die Grenzboten. Jg. 21, 1862, II. Semester. III. Band.Das große Frankenreich mit die deutsche Nation. Ernst Dümmler. Geschichte des Ostfränkischcn Reichs. Erster Band. Ludwig Die Menschengeschichte spottet der Menschcngedanken. Was den Weisesten Es hat noch vor wenigen Jahrzehnten Schriftsteller gegeben, die unseren Grenzboten III. 1362. 41
Das große Frankenreich mit die deutsche Nation. Ernst Dümmler. Geschichte des Ostfränkischcn Reichs. Erster Band. Ludwig Die Menschengeschichte spottet der Menschcngedanken. Was den Weisesten Es hat noch vor wenigen Jahrzehnten Schriftsteller gegeben, die unseren Grenzboten III. 1362. 41
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Das große Frankenreich mit die deutsche Nation.
Ernst Dümmler. Geschichte des Ostfränkischcn Reichs. Erster Band. Ludwig
der Deutsche. Aus Veranlassung und mit Unterstützung Sr. Maj. des Königs
von Bayern Maximilian des Zweiten herausgegeben durch die historische
Commission bei der königlichen Akademie der Wissenschaften. Berlin, Verlag
von Duncker und Humblot. 1862.
Die Menschengeschichte spottet der Menschcngedanken. Was den Weisesten
und Besten der Zeit, wo es bevorstand, als äußerstes, mit jeder Kraft abzu¬
wehrendes Unheil erschien, wird von dem Andenken späterer Geschlechter als
Anfangspunkt und Bedingung fruchtbarster und segenreichster Entwickelungen
gefeiert; ja, was uns gegenwärtig als das wichtigste Resultat ausgekämpfter
Völker- und Meinungskriege sich darstellt, dafür seinen Schweiß oder sein Blut
zu vergießen ist vielleicht während der Kämpfe selbst, auf allen Parteien, keinem
Einzigen in den Sinn gekommen. Der große Glaubensstreit des 16. und 17.
Jahrhunderts hat weder zu dem Siege der einen oder der andern Partei, noch
zu einer eigentlichen Vermittelung unter denselben geführt; was wir ihm aber
verdanken, ist der Durchbruch einer modernen Bildung, die von den heftigsten
Kämpfern beider Parteien, sofern sie ihnen in einzelnen, verfrühten Erschei¬
nungen nahe trat, ungefähr mit gleichem Eifer verabscheut und zurückgestoßen
zu werden Pflegte. Daß in dieser Betrachtung kein rechtfertigendes Motiv liegt,
um in frivoler Skepsis jeden Werth oder Unwerth menschlicher, auf das All¬
gemeine gerichteter Handlungen abzuläugnen und für die eigene Person in
schlaffen Quietismus die Hand von aller öffentlichen Thätigkeit zurückzuziehen,
würde sich sogar dann von selbst verstehen, wenn überhaupt von dem Erfolge
allein der Werth oder Unwerth menschlicher Thätigkeit abhinge. Das wahrhaft
Bedeutende und Tüchtige, was in Streben und Gegenstreben geleistet worden,
bleibt für die Menschheit unverloren, auch wenn der Kampf, dem es gegolten,
längst durch andere Kämpfe abgelöst ist; es wirkt in der Menschheit fort, auch
wenn es sich umgesetzt hat in Formen und Ausdrücke, in denen der Urheber,
zu seiner Zeit, nicht das mindeste ihm Angehörige erkannt haben würde.
Es hat noch vor wenigen Jahrzehnten Schriftsteller gegeben, die unseren
deutschen Vorvätern nichts Besseres nachrühmen zu können glaubten als den
Grenzboten III. 1362. 41
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