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Die Grenzboten. Jg. 21, 1862, II. Semester. III. Band.

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jetzt, daß der König es abgelehnt hatte, die genuesische Deputation zu empfan¬
gen, und daß sie vom Polizeiminister eingeladen worden waren, nach Genua
zurückzukehren, wozu sie sich eben in diesem Augenblick anschickten. Um 9 Uhr
kamen Berti, Daziani und Carutti und berichteten, daß sie bei der Abfahrt der
Genüssen zugegen gewesen, dann wurde die Berathung fortgesetzt und die
Adresse Durando's an den König verlesen, welche folgendermaßen lautete:

"Sire! Der unruhige Zustand der ersten Handelsstadt des Königreichs und
die bedauerlichen Folgen, welche hieraus entsprungen, legen den ehrenhaften
Bürgern die schwere und peinliche Pflicht auf, E. M. die Gefühle unwandel¬
barer Anhänglichkeit an die Grundprincipien der öffentlichen Ordnung zu
erneuern, indem sie zugleich vertrauen, daß die hohe Weisheit E. M,
in geeigneter Weise die Ursachen, welche dieselbe momentan stören konn¬
ten, zu beseitigen wissen wird.

Unter diesen Ursachen ist es unmöglich den Einfluß der beiden Haupt¬
fragen zu verkennen, weiche in der ehrerbietigen Adresse der Genuesen be¬
rührt sind, Fragen, auf welche schon seit einiger Zeit nicht allein die Auf¬
merksamkeit des Publicums, sondern auch die der Regierung gerichtet ist,
und deren geeignete und wohlerwogene Lösung im allgemeinen Wunsche
der Nation liegt.

Sire! In dieser folgenschweren Lage glauben die Unterzeichneten ihre
Pflicht als dem Thron und dem Staatswohl treu ergebene Unterthanen
zu erfüllen, wenn sie respectvoll ihre Meinung dahin äußern, daß die Zeit
nicht mehr fern ist, in welcher nach eingehender und freimüthiger Erwägung
aller politischen, moralischen und militärischen Bedingungen des Landes
und zu dem Zwecke, alle gesetzlichen Beziehungen, die zwischen Regierenden
und Regierten unerläßlich, zu kräftigen und zu ordnen, man zu der reif¬
licher Prüfung eines organischen Statuts (orMnieo xiovvLckimcznto)
schreiten könne, durch welches die Discussionen der gefährlichen Arena
ungeregelter Bewegungen entrückt und in die friedlichen Schränken der ge¬
setzlichen, öffentlichen und feierlichen Berathung eingeschlossen würden, und
die Regierung die Möglichkeit erzielte, ohne Gefahr sich zu schwächen oder
ihre Autorität zu compromittiren, die begonnenen Reformen besser zu be¬
festigen und zu entwickeln, und so jeden Grund oder Vorwand für eine
ungesetzliche Agitation zu beseitigen."

Diese Adresse wurde einstimmig gutgeheißen und zugleich beschlossen, mit
derselben eine Abordnung Nach Genua zu schicken, um die Genuesen der wirk¬
samsten Unterstützung der Subalpiner zu versichern, sie zu erinnern, daß dein
Ausland gegenüber die Einigung zwischen Thron und Volk mehr denn je un¬
erläßlich sei, zugleich aber sie zur Ausdauer in der Unterhaltung des patrio¬
tischen Feuers zu ernähren. Kaum war das beschlossen, so kamen noch Valerio


jetzt, daß der König es abgelehnt hatte, die genuesische Deputation zu empfan¬
gen, und daß sie vom Polizeiminister eingeladen worden waren, nach Genua
zurückzukehren, wozu sie sich eben in diesem Augenblick anschickten. Um 9 Uhr
kamen Berti, Daziani und Carutti und berichteten, daß sie bei der Abfahrt der
Genüssen zugegen gewesen, dann wurde die Berathung fortgesetzt und die
Adresse Durando's an den König verlesen, welche folgendermaßen lautete:

„Sire! Der unruhige Zustand der ersten Handelsstadt des Königreichs und
die bedauerlichen Folgen, welche hieraus entsprungen, legen den ehrenhaften
Bürgern die schwere und peinliche Pflicht auf, E. M. die Gefühle unwandel¬
barer Anhänglichkeit an die Grundprincipien der öffentlichen Ordnung zu
erneuern, indem sie zugleich vertrauen, daß die hohe Weisheit E. M,
in geeigneter Weise die Ursachen, welche dieselbe momentan stören konn¬
ten, zu beseitigen wissen wird.

Unter diesen Ursachen ist es unmöglich den Einfluß der beiden Haupt¬
fragen zu verkennen, weiche in der ehrerbietigen Adresse der Genuesen be¬
rührt sind, Fragen, auf welche schon seit einiger Zeit nicht allein die Auf¬
merksamkeit des Publicums, sondern auch die der Regierung gerichtet ist,
und deren geeignete und wohlerwogene Lösung im allgemeinen Wunsche
der Nation liegt.

Sire! In dieser folgenschweren Lage glauben die Unterzeichneten ihre
Pflicht als dem Thron und dem Staatswohl treu ergebene Unterthanen
zu erfüllen, wenn sie respectvoll ihre Meinung dahin äußern, daß die Zeit
nicht mehr fern ist, in welcher nach eingehender und freimüthiger Erwägung
aller politischen, moralischen und militärischen Bedingungen des Landes
und zu dem Zwecke, alle gesetzlichen Beziehungen, die zwischen Regierenden
und Regierten unerläßlich, zu kräftigen und zu ordnen, man zu der reif¬
licher Prüfung eines organischen Statuts (orMnieo xiovvLckimcznto)
schreiten könne, durch welches die Discussionen der gefährlichen Arena
ungeregelter Bewegungen entrückt und in die friedlichen Schränken der ge¬
setzlichen, öffentlichen und feierlichen Berathung eingeschlossen würden, und
die Regierung die Möglichkeit erzielte, ohne Gefahr sich zu schwächen oder
ihre Autorität zu compromittiren, die begonnenen Reformen besser zu be¬
festigen und zu entwickeln, und so jeden Grund oder Vorwand für eine
ungesetzliche Agitation zu beseitigen."

Diese Adresse wurde einstimmig gutgeheißen und zugleich beschlossen, mit
derselben eine Abordnung Nach Genua zu schicken, um die Genuesen der wirk¬
samsten Unterstützung der Subalpiner zu versichern, sie zu erinnern, daß dein
Ausland gegenüber die Einigung zwischen Thron und Volk mehr denn je un¬
erläßlich sei, zugleich aber sie zur Ausdauer in der Unterhaltung des patrio¬
tischen Feuers zu ernähren. Kaum war das beschlossen, so kamen noch Valerio


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[0316] jetzt, daß der König es abgelehnt hatte, die genuesische Deputation zu empfan¬ gen, und daß sie vom Polizeiminister eingeladen worden waren, nach Genua zurückzukehren, wozu sie sich eben in diesem Augenblick anschickten. Um 9 Uhr kamen Berti, Daziani und Carutti und berichteten, daß sie bei der Abfahrt der Genüssen zugegen gewesen, dann wurde die Berathung fortgesetzt und die Adresse Durando's an den König verlesen, welche folgendermaßen lautete: „Sire! Der unruhige Zustand der ersten Handelsstadt des Königreichs und die bedauerlichen Folgen, welche hieraus entsprungen, legen den ehrenhaften Bürgern die schwere und peinliche Pflicht auf, E. M. die Gefühle unwandel¬ barer Anhänglichkeit an die Grundprincipien der öffentlichen Ordnung zu erneuern, indem sie zugleich vertrauen, daß die hohe Weisheit E. M, in geeigneter Weise die Ursachen, welche dieselbe momentan stören konn¬ ten, zu beseitigen wissen wird. Unter diesen Ursachen ist es unmöglich den Einfluß der beiden Haupt¬ fragen zu verkennen, weiche in der ehrerbietigen Adresse der Genuesen be¬ rührt sind, Fragen, auf welche schon seit einiger Zeit nicht allein die Auf¬ merksamkeit des Publicums, sondern auch die der Regierung gerichtet ist, und deren geeignete und wohlerwogene Lösung im allgemeinen Wunsche der Nation liegt. Sire! In dieser folgenschweren Lage glauben die Unterzeichneten ihre Pflicht als dem Thron und dem Staatswohl treu ergebene Unterthanen zu erfüllen, wenn sie respectvoll ihre Meinung dahin äußern, daß die Zeit nicht mehr fern ist, in welcher nach eingehender und freimüthiger Erwägung aller politischen, moralischen und militärischen Bedingungen des Landes und zu dem Zwecke, alle gesetzlichen Beziehungen, die zwischen Regierenden und Regierten unerläßlich, zu kräftigen und zu ordnen, man zu der reif¬ licher Prüfung eines organischen Statuts (orMnieo xiovvLckimcznto) schreiten könne, durch welches die Discussionen der gefährlichen Arena ungeregelter Bewegungen entrückt und in die friedlichen Schränken der ge¬ setzlichen, öffentlichen und feierlichen Berathung eingeschlossen würden, und die Regierung die Möglichkeit erzielte, ohne Gefahr sich zu schwächen oder ihre Autorität zu compromittiren, die begonnenen Reformen besser zu be¬ festigen und zu entwickeln, und so jeden Grund oder Vorwand für eine ungesetzliche Agitation zu beseitigen." Diese Adresse wurde einstimmig gutgeheißen und zugleich beschlossen, mit derselben eine Abordnung Nach Genua zu schicken, um die Genuesen der wirk¬ samsten Unterstützung der Subalpiner zu versichern, sie zu erinnern, daß dein Ausland gegenüber die Einigung zwischen Thron und Volk mehr denn je un¬ erläßlich sei, zugleich aber sie zur Ausdauer in der Unterhaltung des patrio¬ tischen Feuers zu ernähren. Kaum war das beschlossen, so kamen noch Valerio

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 21, 1862, II. Semester. III. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341795_114313/316>, abgerufen am 06.02.2025.