Die Grenzboten. Jg. 21, 1862, II. Semester. III. Band.nalistik einen neuen Aufschwung gegeben. Bisher hatte nur die Anthologie ") Der jetzige Minister der auswärtigen Angelegenheiten. 3'1
nalistik einen neuen Aufschwung gegeben. Bisher hatte nur die Anthologie ") Der jetzige Minister der auswärtigen Angelegenheiten. 3'1
<TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0313" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/114627"/> <p xml:id="ID_1276" prev="#ID_1275"> nalistik einen neuen Aufschwung gegeben. Bisher hatte nur die Anthologie<lb/> die stillschweigende Erlaubniß gehabt, Gegenstände der innern und äußeren Po¬<lb/> litik zu besprechen. Die Familienbriefe und der Turiner Lote — beides demo¬<lb/> kratische Blätter, letzteres von Brosferio redigirt — hatten nie über versteckte<lb/> Anspielungen hinausgehen dürfen. Jetzt entstanden zu gleicher Zeit zwei neue<lb/> Tagcsblcitter, welche die gemäßigt Liberalen und die demokratische Partei unter<lb/> den neuen Verhältnissen vertreten sollten. Cesare Balbo und Camillo Cavour<lb/> gründecen den Nisorgimento, Valeriv und seine Freunde von der agrarischen<lb/> Gesellschaft die Concordia. Letzteres Blatt machte indeß seinem Nennen bald<lb/> wenig Ehre. Noch vor dem Entstehen brachen- Uneinigkeiten unter den Actio¬<lb/> nären aus, und einer derselben, der Arzt Lanza, war bemüht, für ein neues<lb/> Blatt einen Redacteur zu finden, der nicht nur der Regierung, sondern auch<lb/> Valerio gegenüber die nöthige Unabhängigkeit besäße. Predari schlug ihm<lb/> Bianchi-Giovini, den Verfasser der Lebensbeschreibung Sarpi's, der damals in<lb/> Mailand lebte, und als Lanza nach einem Namen von größerem Gewicht ver¬<lb/> langte, den Oberst Giacomo Durando^) vor, der seit einem Jahr aus der Verban¬<lb/> nung nach Piemont zurückgekehrt war, nicht amnestirt, aber geduldet. Seit seinen<lb/> Feldzügen in Portugal und Spanien, wo er vom Gemeinen allein durch feine<lb/> Tapferkeit sich bis zum Rang eines Obersten aufgeschwungen hatte, war er ein<lb/> Mann von uulitärischem Ruf, und >auch als politischer Schriftsteller hatte er sich<lb/> einen Namen gemacht durch die in Paris erschienene Schrift: „Ueber die italie¬<lb/> nische Nationalität", welche, über Vrvfferio noch hinausgehend, einen ganz repu¬<lb/> blikanischen Geist athmete, die weltliche Herrschaft des Papstthums angriff und<lb/> bereits die Abtretung von Nizza und Savoven an Frankreich befürwortete.<lb/> Diese Ideen hatten dem König nicht gefallen, weswegen sich Durando bis jetzt<lb/> in Mondovi, ziemlich verborgen, hatte aushalten müssen. Erst setzt wurde durch<lb/> Petitti's und Lazzan'ö Vermittlung vollständige Amnestie für ihn vom König<lb/> ausgewirkt. Es zei.gte sich auch, daß seine Ansichten sich inzwischen gemäßigt<lb/> hatten; als Programm für seine Zeitung stellte er die Grundsätze auf: „Natio¬<lb/> nalität, Fortschritt, Gesetzlichkeit, Monarchie". Wie in der Civilisation, sagte<lb/> er, die Nationen fortschreiten, so schreitet in seiner Entwicklung auch der Geist<lb/> des Einzelnen zur Weisheit und praktischen Einsicht fort. So entstand nun<lb/> neben der Concordia die Opinione, mit Durando als Director, und mit einem<lb/> Nedactionsrathe,' der aus Bianchi-Giovini, Montezemolo, Tvrelli, Pellati, Lanza,<lb/> Comer» und Vincis gebildet war. Später kam dazu noch Giacomo Dina, ein<lb/> junger Mann von tüchtiger Bildung, namentlich in ökonomischen Fragen, der<lb/> sich bald über die Masse der Turiner Journalisten erhob, eine wirksame, über¬<lb/> zeugende Feder führte und dann lange Jahre Director der Opinione war.</p><lb/> <note xml:id="FID_17" place="foot"> ") Der jetzige Minister der auswärtigen Angelegenheiten.</note><lb/> <fw type="sig" place="bottom"> 3'1</fw><lb/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0313]
nalistik einen neuen Aufschwung gegeben. Bisher hatte nur die Anthologie
die stillschweigende Erlaubniß gehabt, Gegenstände der innern und äußeren Po¬
litik zu besprechen. Die Familienbriefe und der Turiner Lote — beides demo¬
kratische Blätter, letzteres von Brosferio redigirt — hatten nie über versteckte
Anspielungen hinausgehen dürfen. Jetzt entstanden zu gleicher Zeit zwei neue
Tagcsblcitter, welche die gemäßigt Liberalen und die demokratische Partei unter
den neuen Verhältnissen vertreten sollten. Cesare Balbo und Camillo Cavour
gründecen den Nisorgimento, Valeriv und seine Freunde von der agrarischen
Gesellschaft die Concordia. Letzteres Blatt machte indeß seinem Nennen bald
wenig Ehre. Noch vor dem Entstehen brachen- Uneinigkeiten unter den Actio¬
nären aus, und einer derselben, der Arzt Lanza, war bemüht, für ein neues
Blatt einen Redacteur zu finden, der nicht nur der Regierung, sondern auch
Valerio gegenüber die nöthige Unabhängigkeit besäße. Predari schlug ihm
Bianchi-Giovini, den Verfasser der Lebensbeschreibung Sarpi's, der damals in
Mailand lebte, und als Lanza nach einem Namen von größerem Gewicht ver¬
langte, den Oberst Giacomo Durando^) vor, der seit einem Jahr aus der Verban¬
nung nach Piemont zurückgekehrt war, nicht amnestirt, aber geduldet. Seit seinen
Feldzügen in Portugal und Spanien, wo er vom Gemeinen allein durch feine
Tapferkeit sich bis zum Rang eines Obersten aufgeschwungen hatte, war er ein
Mann von uulitärischem Ruf, und >auch als politischer Schriftsteller hatte er sich
einen Namen gemacht durch die in Paris erschienene Schrift: „Ueber die italie¬
nische Nationalität", welche, über Vrvfferio noch hinausgehend, einen ganz repu¬
blikanischen Geist athmete, die weltliche Herrschaft des Papstthums angriff und
bereits die Abtretung von Nizza und Savoven an Frankreich befürwortete.
Diese Ideen hatten dem König nicht gefallen, weswegen sich Durando bis jetzt
in Mondovi, ziemlich verborgen, hatte aushalten müssen. Erst setzt wurde durch
Petitti's und Lazzan'ö Vermittlung vollständige Amnestie für ihn vom König
ausgewirkt. Es zei.gte sich auch, daß seine Ansichten sich inzwischen gemäßigt
hatten; als Programm für seine Zeitung stellte er die Grundsätze auf: „Natio¬
nalität, Fortschritt, Gesetzlichkeit, Monarchie". Wie in der Civilisation, sagte
er, die Nationen fortschreiten, so schreitet in seiner Entwicklung auch der Geist
des Einzelnen zur Weisheit und praktischen Einsicht fort. So entstand nun
neben der Concordia die Opinione, mit Durando als Director, und mit einem
Nedactionsrathe,' der aus Bianchi-Giovini, Montezemolo, Tvrelli, Pellati, Lanza,
Comer» und Vincis gebildet war. Später kam dazu noch Giacomo Dina, ein
junger Mann von tüchtiger Bildung, namentlich in ökonomischen Fragen, der
sich bald über die Masse der Turiner Journalisten erhob, eine wirksame, über¬
zeugende Feder führte und dann lange Jahre Director der Opinione war.
") Der jetzige Minister der auswärtigen Angelegenheiten.
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