Die Grenzboten. Jg. 21, 1862, II. Semester. III. Band.Dir Süddeutsche Zeitung in ihrer neuen Gestalt. In einem uns soeben zugekommenen Schriftchen: "Die deutsche Presse Der gegenwärtige Zustand der deutschen Presse erscheint sehr befriedigend, Aber diese Gegensätze, diese Einseitigkeiten der preußischen Presse hier, der ') Verfasser des Schriftchens, welches wir warm empfehlen, ist Prof. Hermann Baum¬
garte", Verleger H. L. Brönner in Frankfurt a. M. Dir Süddeutsche Zeitung in ihrer neuen Gestalt. In einem uns soeben zugekommenen Schriftchen: „Die deutsche Presse Der gegenwärtige Zustand der deutschen Presse erscheint sehr befriedigend, Aber diese Gegensätze, diese Einseitigkeiten der preußischen Presse hier, der ') Verfasser des Schriftchens, welches wir warm empfehlen, ist Prof. Hermann Baum¬
garte», Verleger H. L. Brönner in Frankfurt a. M. <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0031" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/114345"/> </div> <div n="1"> <head> Dir Süddeutsche Zeitung in ihrer neuen Gestalt.</head><lb/> <p xml:id="ID_99"> In einem uns soeben zugekommenen Schriftchen: „Die deutsche Presse<lb/> und die Frankfurter Pfingstversammlung", welches wol als eine Art<lb/> Programm der von jetzt ab in Frankfurt a. M. unter Redaction von Lammers<lb/> und Brater erscheinenden „Süddeutschen Zeitung" anzusehen ihn) finden<lb/> wir eine Charakteristik der deutschen Tagespresse, der wir folgende Sätze im<lb/> Auszug entnehmen:</p><lb/> <p xml:id="ID_100"> Der gegenwärtige Zustand der deutschen Presse erscheint sehr befriedigend,<lb/> wenn man vierzehn, ja wenn man nur drei Jahre zurückblickt; er erscheint<lb/> ebenso unbefriedigend, wenn man ihn mit den Aufgaben der Gegenwart Zu¬<lb/> sammenhalt und vergleichend die Presse anderer großer Nationen betrachtet.<lb/> Unsere Presse ist ein genaues Bild unseres politischen Lebens, unseres aus¬<lb/> schweifenden Particularismus und Individualismus. Sie ist ein Product unserer<lb/> politischen Lage und wirkt auf diese Lage zurück. Es fehlt ihr jeder Sammel¬<lb/> punkt, es ist bei dem heutigen Stand unseres Journalismus absolut unmöglich,<lb/> eine auch nur einigermaßen anschauliche Kenntniß des gesammten deutschen<lb/> Lebens zu gewinnen. Die preußische Bevölkerung gewinnt aus ihrer sonst sehr<lb/> entwickelten Presse von dem nichtpreußischen Deutschland eine so mangelhafte<lb/> Kenntniß, daß man sich nicht wundern darf, wenn die preußische Regierung<lb/> mit dem Abgeordnetenhaus^ um die Wette in der Behandlung der deutschen<lb/> Angelegenheiten höchst beklagenswerthe Mißgriffe gemacht hat. Wer sich längere<lb/> Zeit in Berlin aufhält, wird öfter bei recht unterrichteten Politikern eine über¬<lb/> raschende Unkenntnis; der Stimmungen, der Persönlichkeiten und Zustände nicht<lb/> Nur im Süden, sondern auch im nichtpreußischen Norden antreffen. Geht er<lb/> nach Schwabe» und Baiern, so macht er die entgegengesetzte, nicht weniger<lb/> traurige Beobachtung. Die süddeutsche Presse widmet freilich, wie es in der<lb/> Natur der Sache liegt, den preußischen Dingen eine weit größere Aufmerksam¬<lb/> keit, als die preußische dem Süden, aber die Grundstimmung der süddeutschen<lb/> Presse steht dem preußischen Wesen fremd gegenüber.</p><lb/> <p xml:id="ID_101" next="#ID_102"> Aber diese Gegensätze, diese Einseitigkeiten der preußischen Presse hier, der<lb/> süddeutschen Presse da, sind nur ein Theil des Uebels. Die maßlose Zersplitte¬<lb/> rung unseres Zeitungswesens wirkt ebenso schlimm. Jede größere deutsch^</p><lb/> <note xml:id="FID_2" place="foot"> ') Verfasser des Schriftchens, welches wir warm empfehlen, ist Prof. Hermann Baum¬<lb/> garte», Verleger H. L. Brönner in Frankfurt a. M.</note><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0031]
Dir Süddeutsche Zeitung in ihrer neuen Gestalt.
In einem uns soeben zugekommenen Schriftchen: „Die deutsche Presse
und die Frankfurter Pfingstversammlung", welches wol als eine Art
Programm der von jetzt ab in Frankfurt a. M. unter Redaction von Lammers
und Brater erscheinenden „Süddeutschen Zeitung" anzusehen ihn) finden
wir eine Charakteristik der deutschen Tagespresse, der wir folgende Sätze im
Auszug entnehmen:
Der gegenwärtige Zustand der deutschen Presse erscheint sehr befriedigend,
wenn man vierzehn, ja wenn man nur drei Jahre zurückblickt; er erscheint
ebenso unbefriedigend, wenn man ihn mit den Aufgaben der Gegenwart Zu¬
sammenhalt und vergleichend die Presse anderer großer Nationen betrachtet.
Unsere Presse ist ein genaues Bild unseres politischen Lebens, unseres aus¬
schweifenden Particularismus und Individualismus. Sie ist ein Product unserer
politischen Lage und wirkt auf diese Lage zurück. Es fehlt ihr jeder Sammel¬
punkt, es ist bei dem heutigen Stand unseres Journalismus absolut unmöglich,
eine auch nur einigermaßen anschauliche Kenntniß des gesammten deutschen
Lebens zu gewinnen. Die preußische Bevölkerung gewinnt aus ihrer sonst sehr
entwickelten Presse von dem nichtpreußischen Deutschland eine so mangelhafte
Kenntniß, daß man sich nicht wundern darf, wenn die preußische Regierung
mit dem Abgeordnetenhaus^ um die Wette in der Behandlung der deutschen
Angelegenheiten höchst beklagenswerthe Mißgriffe gemacht hat. Wer sich längere
Zeit in Berlin aufhält, wird öfter bei recht unterrichteten Politikern eine über¬
raschende Unkenntnis; der Stimmungen, der Persönlichkeiten und Zustände nicht
Nur im Süden, sondern auch im nichtpreußischen Norden antreffen. Geht er
nach Schwabe» und Baiern, so macht er die entgegengesetzte, nicht weniger
traurige Beobachtung. Die süddeutsche Presse widmet freilich, wie es in der
Natur der Sache liegt, den preußischen Dingen eine weit größere Aufmerksam¬
keit, als die preußische dem Süden, aber die Grundstimmung der süddeutschen
Presse steht dem preußischen Wesen fremd gegenüber.
Aber diese Gegensätze, diese Einseitigkeiten der preußischen Presse hier, der
süddeutschen Presse da, sind nur ein Theil des Uebels. Die maßlose Zersplitte¬
rung unseres Zeitungswesens wirkt ebenso schlimm. Jede größere deutsch^
') Verfasser des Schriftchens, welches wir warm empfehlen, ist Prof. Hermann Baum¬
garte», Verleger H. L. Brönner in Frankfurt a. M.
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