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Die Grenzboten. Jg. 21, 1862, II. Semester. III. Band.

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welche im stillen Kampfe und Sehnsucht um die großen politischen Ideen dahin¬
schwand, für welche wir in Gemeinschaft auf offenem Markte zu ringen das
Glück haben.




Piemont in den Zähren 1846 und 1847.
' ^

Die beständigen Schwankungen, denen Karl Alberts Entschlüsse unterlagen,
und die noch mehr, als sie sich in den äußeren Beziehungen zeigten, auf die
Verhältnisse im Innern, auf Censur, Polizei und Verwaltung zurückwirkten, ver¬
anlaßten die Freunde des Fortschritts zu einer eigenthümlichen Art von Kon¬
spiration, welche zum Zweck hatte, die Mittel, durch welche man einen spor¬
nenden Einfluß auf den König auszuüben hoffen konnte, förmlich zu organisiren.
Da er namentlich auf einige größere Zeitungen des Auslands großes Gewicht
zu legen pflegte, so sollte die französische Presse dazu benutzt werden, durch Ar¬
tikel und Korrespondenzen über die Regierung des Königs seinen Muth zu be¬
leben, ihn auf dem Weg des Fortschritts zu ermuntern, seine nationale Gesin¬
nung zu bestärken. Der Gedanke entsprang im Kopfe Bcilbv's, der aber, um
sich nicht zu compromittiren. Predan die Einleitung zu dessen Verwirklichung
auftrug, und dieser wandte sich an Petitti, der bereitwilligst darauf einging,
und nicht nur seine vielseitigen literarischen und diplomatischen Verbindungen
in Paris, sondern auch seine rastlose Thätigkeit zur Verfügung stellte. In sei¬
nem Hause entstand nun eine Art Fabrik von Artikeln und Korrespondenzen,
zu deren Uebertragung ins Französische besondere Leute angestellt waren, darunter
namentlich der begabte Dichter Luigi Cicconi. der längere Zeit in Paris ge¬
lebt hatte und mit mehren Blättern, u. a. dem Journal des D6half in Ver¬
bindung stand. In Paris selbst unterstützte diese politische Propaganda det
neapolitanisch" Verbannte Glüh. Massari. Es kam nun nur noch darauf an, dem
König jedes Mal diese Artikel in die Hand zu spielen. La Margherita hatte
als Minister des Auswärtigen das Amt. die fremden Journale durchzugehen
und darüber an den König zu berichten, aber als eifrigster Vorkämpfer der reac-
tionären Partei suchte er alles, was in der auswärtigen Presse zum Lobe von
liberalen Maßregeln Karl Alberts gesagt war, diesem zu verbergen. Auf dem


Grenzboten III. 1862. 35

welche im stillen Kampfe und Sehnsucht um die großen politischen Ideen dahin¬
schwand, für welche wir in Gemeinschaft auf offenem Markte zu ringen das
Glück haben.




Piemont in den Zähren 1846 und 1847.
' ^

Die beständigen Schwankungen, denen Karl Alberts Entschlüsse unterlagen,
und die noch mehr, als sie sich in den äußeren Beziehungen zeigten, auf die
Verhältnisse im Innern, auf Censur, Polizei und Verwaltung zurückwirkten, ver¬
anlaßten die Freunde des Fortschritts zu einer eigenthümlichen Art von Kon¬
spiration, welche zum Zweck hatte, die Mittel, durch welche man einen spor¬
nenden Einfluß auf den König auszuüben hoffen konnte, förmlich zu organisiren.
Da er namentlich auf einige größere Zeitungen des Auslands großes Gewicht
zu legen pflegte, so sollte die französische Presse dazu benutzt werden, durch Ar¬
tikel und Korrespondenzen über die Regierung des Königs seinen Muth zu be¬
leben, ihn auf dem Weg des Fortschritts zu ermuntern, seine nationale Gesin¬
nung zu bestärken. Der Gedanke entsprang im Kopfe Bcilbv's, der aber, um
sich nicht zu compromittiren. Predan die Einleitung zu dessen Verwirklichung
auftrug, und dieser wandte sich an Petitti, der bereitwilligst darauf einging,
und nicht nur seine vielseitigen literarischen und diplomatischen Verbindungen
in Paris, sondern auch seine rastlose Thätigkeit zur Verfügung stellte. In sei¬
nem Hause entstand nun eine Art Fabrik von Artikeln und Korrespondenzen,
zu deren Uebertragung ins Französische besondere Leute angestellt waren, darunter
namentlich der begabte Dichter Luigi Cicconi. der längere Zeit in Paris ge¬
lebt hatte und mit mehren Blättern, u. a. dem Journal des D6half in Ver¬
bindung stand. In Paris selbst unterstützte diese politische Propaganda det
neapolitanisch» Verbannte Glüh. Massari. Es kam nun nur noch darauf an, dem
König jedes Mal diese Artikel in die Hand zu spielen. La Margherita hatte
als Minister des Auswärtigen das Amt. die fremden Journale durchzugehen
und darüber an den König zu berichten, aber als eifrigster Vorkämpfer der reac-
tionären Partei suchte er alles, was in der auswärtigen Presse zum Lobe von
liberalen Maßregeln Karl Alberts gesagt war, diesem zu verbergen. Auf dem


Grenzboten III. 1862. 35
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[0281] welche im stillen Kampfe und Sehnsucht um die großen politischen Ideen dahin¬ schwand, für welche wir in Gemeinschaft auf offenem Markte zu ringen das Glück haben. Piemont in den Zähren 1846 und 1847. ' ^ Die beständigen Schwankungen, denen Karl Alberts Entschlüsse unterlagen, und die noch mehr, als sie sich in den äußeren Beziehungen zeigten, auf die Verhältnisse im Innern, auf Censur, Polizei und Verwaltung zurückwirkten, ver¬ anlaßten die Freunde des Fortschritts zu einer eigenthümlichen Art von Kon¬ spiration, welche zum Zweck hatte, die Mittel, durch welche man einen spor¬ nenden Einfluß auf den König auszuüben hoffen konnte, förmlich zu organisiren. Da er namentlich auf einige größere Zeitungen des Auslands großes Gewicht zu legen pflegte, so sollte die französische Presse dazu benutzt werden, durch Ar¬ tikel und Korrespondenzen über die Regierung des Königs seinen Muth zu be¬ leben, ihn auf dem Weg des Fortschritts zu ermuntern, seine nationale Gesin¬ nung zu bestärken. Der Gedanke entsprang im Kopfe Bcilbv's, der aber, um sich nicht zu compromittiren. Predan die Einleitung zu dessen Verwirklichung auftrug, und dieser wandte sich an Petitti, der bereitwilligst darauf einging, und nicht nur seine vielseitigen literarischen und diplomatischen Verbindungen in Paris, sondern auch seine rastlose Thätigkeit zur Verfügung stellte. In sei¬ nem Hause entstand nun eine Art Fabrik von Artikeln und Korrespondenzen, zu deren Uebertragung ins Französische besondere Leute angestellt waren, darunter namentlich der begabte Dichter Luigi Cicconi. der längere Zeit in Paris ge¬ lebt hatte und mit mehren Blättern, u. a. dem Journal des D6half in Ver¬ bindung stand. In Paris selbst unterstützte diese politische Propaganda det neapolitanisch» Verbannte Glüh. Massari. Es kam nun nur noch darauf an, dem König jedes Mal diese Artikel in die Hand zu spielen. La Margherita hatte als Minister des Auswärtigen das Amt. die fremden Journale durchzugehen und darüber an den König zu berichten, aber als eifrigster Vorkämpfer der reac- tionären Partei suchte er alles, was in der auswärtigen Presse zum Lobe von liberalen Maßregeln Karl Alberts gesagt war, diesem zu verbergen. Auf dem Grenzboten III. 1862. 35

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 21, 1862, II. Semester. III. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341795_114313/281>, abgerufen am 05.02.2025.