Die Grenzboten. Jg. 21, 1862, II. Semester. III. Band.1451, nach welchem letzteres aus den Salzhandel mit dem Kanton Tessin ver¬ Oestreich hoffte mit diesem Schreckschuß den König wie gewöhnlich einzu¬ Als nächste Antwort an Oestreich schloß Karl Albert einen neuen Handels¬ 1451, nach welchem letzteres aus den Salzhandel mit dem Kanton Tessin ver¬ Oestreich hoffte mit diesem Schreckschuß den König wie gewöhnlich einzu¬ Als nächste Antwort an Oestreich schloß Karl Albert einen neuen Handels¬ <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0244" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/114558"/> <p xml:id="ID_1062" prev="#ID_1061"> 1451, nach welchem letzteres aus den Salzhandel mit dem Kanton Tessin ver¬<lb/> zichtete, weigeren Oestreich dem Salz, welches Piemont aus der Republik<lb/> Venedig bezog, freie Durchfuhr durch sein Gebiet gestattete. Der Vertrag<lb/> wurde auch nacb >8l4 von Piemont gewissenhaft beobachtet, obwohl dessen<lb/> Rechtskrästigkeit seitdem zweifelhaft geworden war, da die Ursache aufgehört<lb/> hatte, d. h. Piemont kein Salz mehr aus Venedig bezog. Indessen zog der<lb/> Kanton Tessin es vor, sein Salz anderswoher zu beziehen als aus den östrei¬<lb/> chischen Staaten und wandte sich an Piemont um Gestattung der S"lzdurch-<lb/> suhr durch dieses Land. Die piemontesische Regierung, ausgehend von dem<lb/> Satze, daß Durchfuhr nicht activer Handel sei, ertheilte die Concession, die als<lb/> ein Recht der Krone erschien, auf weiches, ohne die eigene Ehre und Unab¬<lb/> hängigkeit zu verletzen, nicht verzichtet werden konnte. Oestreich dagegen<lb/> klagte Piemont des Vertragsbruches an und ließ durch seinen Gesandten in<lb/> Turin lebhafte Vorstellungen machen. Die Antwort war ohne Ostentation,<lb/> besonnen, doch fest: der König hatte die Angelegenheit als Ehrensache aufge¬<lb/> faßt. Dieser unerwartete Widerstand reizte das Wiener Cabinet, ohne weitere<lb/> Bedenken traf es Anstalten zu Repressivmaßregeln, und am 20. April verkündete<lb/> die Mailänder Zeitung ein Decret, welches einen der blühendsten Handelszweige<lb/> der piemontesischen Provinzen fast tödtlich treffen mußte; der Zoll auf die<lb/> namentlich in Mailand viel verbrauchten piemontesischen Weine, der bisher<lb/> 9,10 öfter. Lire das Hektoliter betragen hatte, wurde plötzlich auf 2l,45 erhöht.</p><lb/> <p xml:id="ID_1063"> Oestreich hoffte mit diesem Schreckschuß den König wie gewöhnlich einzu¬<lb/> schüchtern. Aber diesmal hatte es sich getäuscht. Die Einflüsterungen der<lb/> Reactionäre, es nicht zum Bruch mit Oestreich zu treiben, fanden kein<lb/> Gehör, der König war aufs äußerste entrüstet und fest entschlossen zum Wider¬<lb/> stand. Eine Note wurde aufgesetzt, im Ministelrath lange discutirt und dann<lb/> in die officielle Zeitung gesetzt, worin die Frage mit Mäßigung auseinander¬<lb/> gesetzt und der öffentlichen Meinung zur Beurtheilung übergeben wurde. Eine<lb/> Wendung in dieser Note, nämlich, daß Oestreich mit jenem Decrete eine Re-<lb/> pressalie ausgeübt habe, erregte die lebhafteste Sensation. Die Bevölkerung<lb/> jauchzte auf wie bei einem Sieg, und die kühnsten Hoffnungen wurden durch<lb/> dies eine Wort mit einem Mal wieder lebendig. In Prosa und Versen machte<lb/> sich die erregte Stimmung Luft. Die Stadt Turin brachte dem König lärmende<lb/> Ovationen, und am freudigsten schienen gerade die Provinzen, die am meisten<lb/> von der östreichischen Maßregel betroffen wurden, den Muth des Königs zu<lb/> begrüßen. Die Prvvinzialräthc, die damals eben versammelt waren, schick¬<lb/> ten Beglückwünschungen ein und erklärten sich zu allen Opfern bereit, welche<lb/> die Würde und die Interessen des Landes verlangen würden.</p><lb/> <p xml:id="ID_1064" next="#ID_1065"> Als nächste Antwort an Oestreich schloß Karl Albert einen neuen Handels¬<lb/> vertrag mit Frankreich ab, der moralisch wie materiell gegen Oestreich gerichtet</p><lb/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0244]
1451, nach welchem letzteres aus den Salzhandel mit dem Kanton Tessin ver¬
zichtete, weigeren Oestreich dem Salz, welches Piemont aus der Republik
Venedig bezog, freie Durchfuhr durch sein Gebiet gestattete. Der Vertrag
wurde auch nacb >8l4 von Piemont gewissenhaft beobachtet, obwohl dessen
Rechtskrästigkeit seitdem zweifelhaft geworden war, da die Ursache aufgehört
hatte, d. h. Piemont kein Salz mehr aus Venedig bezog. Indessen zog der
Kanton Tessin es vor, sein Salz anderswoher zu beziehen als aus den östrei¬
chischen Staaten und wandte sich an Piemont um Gestattung der S"lzdurch-
suhr durch dieses Land. Die piemontesische Regierung, ausgehend von dem
Satze, daß Durchfuhr nicht activer Handel sei, ertheilte die Concession, die als
ein Recht der Krone erschien, auf weiches, ohne die eigene Ehre und Unab¬
hängigkeit zu verletzen, nicht verzichtet werden konnte. Oestreich dagegen
klagte Piemont des Vertragsbruches an und ließ durch seinen Gesandten in
Turin lebhafte Vorstellungen machen. Die Antwort war ohne Ostentation,
besonnen, doch fest: der König hatte die Angelegenheit als Ehrensache aufge¬
faßt. Dieser unerwartete Widerstand reizte das Wiener Cabinet, ohne weitere
Bedenken traf es Anstalten zu Repressivmaßregeln, und am 20. April verkündete
die Mailänder Zeitung ein Decret, welches einen der blühendsten Handelszweige
der piemontesischen Provinzen fast tödtlich treffen mußte; der Zoll auf die
namentlich in Mailand viel verbrauchten piemontesischen Weine, der bisher
9,10 öfter. Lire das Hektoliter betragen hatte, wurde plötzlich auf 2l,45 erhöht.
Oestreich hoffte mit diesem Schreckschuß den König wie gewöhnlich einzu¬
schüchtern. Aber diesmal hatte es sich getäuscht. Die Einflüsterungen der
Reactionäre, es nicht zum Bruch mit Oestreich zu treiben, fanden kein
Gehör, der König war aufs äußerste entrüstet und fest entschlossen zum Wider¬
stand. Eine Note wurde aufgesetzt, im Ministelrath lange discutirt und dann
in die officielle Zeitung gesetzt, worin die Frage mit Mäßigung auseinander¬
gesetzt und der öffentlichen Meinung zur Beurtheilung übergeben wurde. Eine
Wendung in dieser Note, nämlich, daß Oestreich mit jenem Decrete eine Re-
pressalie ausgeübt habe, erregte die lebhafteste Sensation. Die Bevölkerung
jauchzte auf wie bei einem Sieg, und die kühnsten Hoffnungen wurden durch
dies eine Wort mit einem Mal wieder lebendig. In Prosa und Versen machte
sich die erregte Stimmung Luft. Die Stadt Turin brachte dem König lärmende
Ovationen, und am freudigsten schienen gerade die Provinzen, die am meisten
von der östreichischen Maßregel betroffen wurden, den Muth des Königs zu
begrüßen. Die Prvvinzialräthc, die damals eben versammelt waren, schick¬
ten Beglückwünschungen ein und erklärten sich zu allen Opfern bereit, welche
die Würde und die Interessen des Landes verlangen würden.
Als nächste Antwort an Oestreich schloß Karl Albert einen neuen Handels¬
vertrag mit Frankreich ab, der moralisch wie materiell gegen Oestreich gerichtet
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