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Die Grenzboten. Jg. 21, 1862, II. Semester. III. Band.

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Mitwirkung eines Frauenvereins für die Armen unter den in Lyon, lebenden
zehntausend Deutschen sorgen. Von allen Seiren, strömen nach AM, dem
Mittelpunkt Südfrankreichs, Deutsche, um in der großen Stadt Nahrungs-.
quellen zu findein Viele täuschen sich darin, und diese suchen dann, von Allem
entblößt, vorzüglich Hülfe bei der deutschen Gemeinde, da'hier die Gesandtschaften
fehlen, die sich der Unglücklichen annehmen müßten. Eine Beihülfe zu diesem
Werk der Wohlthätigkeit ist dem Gustav-Adolf-Verein dringend aus Herz ge,
legt. Noch dringender aber ist gegenwärtig die Begründung einer deutschen
evangelischen Schule. Der jetzt zweimal die W>xh.e vom Pfarrer ertheilte
Religionsunterricht kann dieses Bedürfniß nicht ersetzen. Die deutsche katholische
Schule in Lyon gewährt ihren Zöglingen Unterricht im Deutschen und Fran¬
zösischen und weiß mit allen Mitteln protestantische Kinder zu sich und damit
in der Regel zu ihrer.Kirche herbeizuziehen, wie denn überhaupt die katholische
Proselytenmacherei hier sehr energisch und gewandt betrieben wird. Sind auch
die Schmähungen der speciell gegen den Gustav-Adolf-Verein gerichteten Ge¬
sellschaft des heiligen Frcmtzvis de Salle jetzt verstummt, so ist doch seit her
italienischen Bewegung die Wühlerei der katholischen Propaganda gegen die
evangelische Kirche um so fühlbarer geworden. Man hat in Lyon eigens ein
"Asyl Allemande" begründet, um deutsche Mädchen aufzunehmen und in den
Schooß der alleinseligmachenden Kirche zu führen. An den Kranken in den
Spitälern, an den Kindern in den Schulen, an Dienstmädchen und Arbeitern
werden durch Mönche, barmherzige Schwestern und Jesuiten rastlos all.e nur
erdenklichen Mittel der Ueberredung versucht und in vielen Fällen mit Erfolg.
Namentlich aber verliert die evangelische Kirche durch den katholischen Schul¬
unterricht alljährlich eine beträchtliche Anzahl ihrer Glieder. Die Begründung
einer evangelischen Schule für die Deutschen in Lyon ist tacher nicht zu um¬
gehen, und der Gustav-Adolf-Verein wird dieses Unternehmen kräftig zu u.meer>
stützen haben.

In Spanien gibt es kein.e evangelische Gemeinde, da der Uebertritt zum
Protestantismus hier als Verbrechen angesehen und mit Galeerenstrafe geahn¬
det wird.

Besser steht es in Portugal, dessen Regierung bekanntlich schon seit ge¬
raumer Zeit auf keinem guten Fuß mit dem heiligen Vater lebt. Am 2Z. Juli
1860 fand in Lissabon die Einweihung der für die dortige deutsche Protestanten¬
gemeinde erbauten Kapelle und der Amtsantritt des Pfarrers statt. Die Ge¬
meinde hat dadurch mehre neue Mitglieder gewonnen. Auch die zu derselben
gehörende Schule wirkt segensreich. Doch bedürfen die Lissaboner Protestanten
zur Erhaltung beider Anstalten noch der Beihülfe der auswärtigen Glaubens¬
genossen.

Von höchster Bedeutung ist die protestantische Bewegung, die sich seit


Mitwirkung eines Frauenvereins für die Armen unter den in Lyon, lebenden
zehntausend Deutschen sorgen. Von allen Seiren, strömen nach AM, dem
Mittelpunkt Südfrankreichs, Deutsche, um in der großen Stadt Nahrungs-.
quellen zu findein Viele täuschen sich darin, und diese suchen dann, von Allem
entblößt, vorzüglich Hülfe bei der deutschen Gemeinde, da'hier die Gesandtschaften
fehlen, die sich der Unglücklichen annehmen müßten. Eine Beihülfe zu diesem
Werk der Wohlthätigkeit ist dem Gustav-Adolf-Verein dringend aus Herz ge,
legt. Noch dringender aber ist gegenwärtig die Begründung einer deutschen
evangelischen Schule. Der jetzt zweimal die W>xh.e vom Pfarrer ertheilte
Religionsunterricht kann dieses Bedürfniß nicht ersetzen. Die deutsche katholische
Schule in Lyon gewährt ihren Zöglingen Unterricht im Deutschen und Fran¬
zösischen und weiß mit allen Mitteln protestantische Kinder zu sich und damit
in der Regel zu ihrer.Kirche herbeizuziehen, wie denn überhaupt die katholische
Proselytenmacherei hier sehr energisch und gewandt betrieben wird. Sind auch
die Schmähungen der speciell gegen den Gustav-Adolf-Verein gerichteten Ge¬
sellschaft des heiligen Frcmtzvis de Salle jetzt verstummt, so ist doch seit her
italienischen Bewegung die Wühlerei der katholischen Propaganda gegen die
evangelische Kirche um so fühlbarer geworden. Man hat in Lyon eigens ein
„Asyl Allemande" begründet, um deutsche Mädchen aufzunehmen und in den
Schooß der alleinseligmachenden Kirche zu führen. An den Kranken in den
Spitälern, an den Kindern in den Schulen, an Dienstmädchen und Arbeitern
werden durch Mönche, barmherzige Schwestern und Jesuiten rastlos all.e nur
erdenklichen Mittel der Ueberredung versucht und in vielen Fällen mit Erfolg.
Namentlich aber verliert die evangelische Kirche durch den katholischen Schul¬
unterricht alljährlich eine beträchtliche Anzahl ihrer Glieder. Die Begründung
einer evangelischen Schule für die Deutschen in Lyon ist tacher nicht zu um¬
gehen, und der Gustav-Adolf-Verein wird dieses Unternehmen kräftig zu u.meer>
stützen haben.

In Spanien gibt es kein.e evangelische Gemeinde, da der Uebertritt zum
Protestantismus hier als Verbrechen angesehen und mit Galeerenstrafe geahn¬
det wird.

Besser steht es in Portugal, dessen Regierung bekanntlich schon seit ge¬
raumer Zeit auf keinem guten Fuß mit dem heiligen Vater lebt. Am 2Z. Juli
1860 fand in Lissabon die Einweihung der für die dortige deutsche Protestanten¬
gemeinde erbauten Kapelle und der Amtsantritt des Pfarrers statt. Die Ge¬
meinde hat dadurch mehre neue Mitglieder gewonnen. Auch die zu derselben
gehörende Schule wirkt segensreich. Doch bedürfen die Lissaboner Protestanten
zur Erhaltung beider Anstalten noch der Beihülfe der auswärtigen Glaubens¬
genossen.

Von höchster Bedeutung ist die protestantische Bewegung, die sich seit


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[0114] Mitwirkung eines Frauenvereins für die Armen unter den in Lyon, lebenden zehntausend Deutschen sorgen. Von allen Seiren, strömen nach AM, dem Mittelpunkt Südfrankreichs, Deutsche, um in der großen Stadt Nahrungs-. quellen zu findein Viele täuschen sich darin, und diese suchen dann, von Allem entblößt, vorzüglich Hülfe bei der deutschen Gemeinde, da'hier die Gesandtschaften fehlen, die sich der Unglücklichen annehmen müßten. Eine Beihülfe zu diesem Werk der Wohlthätigkeit ist dem Gustav-Adolf-Verein dringend aus Herz ge, legt. Noch dringender aber ist gegenwärtig die Begründung einer deutschen evangelischen Schule. Der jetzt zweimal die W>xh.e vom Pfarrer ertheilte Religionsunterricht kann dieses Bedürfniß nicht ersetzen. Die deutsche katholische Schule in Lyon gewährt ihren Zöglingen Unterricht im Deutschen und Fran¬ zösischen und weiß mit allen Mitteln protestantische Kinder zu sich und damit in der Regel zu ihrer.Kirche herbeizuziehen, wie denn überhaupt die katholische Proselytenmacherei hier sehr energisch und gewandt betrieben wird. Sind auch die Schmähungen der speciell gegen den Gustav-Adolf-Verein gerichteten Ge¬ sellschaft des heiligen Frcmtzvis de Salle jetzt verstummt, so ist doch seit her italienischen Bewegung die Wühlerei der katholischen Propaganda gegen die evangelische Kirche um so fühlbarer geworden. Man hat in Lyon eigens ein „Asyl Allemande" begründet, um deutsche Mädchen aufzunehmen und in den Schooß der alleinseligmachenden Kirche zu führen. An den Kranken in den Spitälern, an den Kindern in den Schulen, an Dienstmädchen und Arbeitern werden durch Mönche, barmherzige Schwestern und Jesuiten rastlos all.e nur erdenklichen Mittel der Ueberredung versucht und in vielen Fällen mit Erfolg. Namentlich aber verliert die evangelische Kirche durch den katholischen Schul¬ unterricht alljährlich eine beträchtliche Anzahl ihrer Glieder. Die Begründung einer evangelischen Schule für die Deutschen in Lyon ist tacher nicht zu um¬ gehen, und der Gustav-Adolf-Verein wird dieses Unternehmen kräftig zu u.meer> stützen haben. In Spanien gibt es kein.e evangelische Gemeinde, da der Uebertritt zum Protestantismus hier als Verbrechen angesehen und mit Galeerenstrafe geahn¬ det wird. Besser steht es in Portugal, dessen Regierung bekanntlich schon seit ge¬ raumer Zeit auf keinem guten Fuß mit dem heiligen Vater lebt. Am 2Z. Juli 1860 fand in Lissabon die Einweihung der für die dortige deutsche Protestanten¬ gemeinde erbauten Kapelle und der Amtsantritt des Pfarrers statt. Die Ge¬ meinde hat dadurch mehre neue Mitglieder gewonnen. Auch die zu derselben gehörende Schule wirkt segensreich. Doch bedürfen die Lissaboner Protestanten zur Erhaltung beider Anstalten noch der Beihülfe der auswärtigen Glaubens¬ genossen. Von höchster Bedeutung ist die protestantische Bewegung, die sich seit

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 21, 1862, II. Semester. III. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341795_114313/114>, abgerufen am 25.08.2024.