Die Grenzboten. Jg. 21, 1862, II. Semester. III. Band.den Vortheil, einen Freund zu haben, den die Natur selbst für uns bildete, und Habt Ihr nicht einen Brief von mir erhalten, der ohngefähr im Februar Ich ging mit den weitaussehendsten Aussichten und Plänen von Zürich: den Vortheil, einen Freund zu haben, den die Natur selbst für uns bildete, und Habt Ihr nicht einen Brief von mir erhalten, der ohngefähr im Februar Ich ging mit den weitaussehendsten Aussichten und Plänen von Zürich: <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0101" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/114415"/> <p xml:id="ID_378" prev="#ID_377"> den Vortheil, einen Freund zu haben, den die Natur selbst für uns bildete, und<lb/> den sie uns so wunderbar ähnlich schuf. Ich werde Dich immer lieben; nichts<lb/> hat mein Herz gegen Dich erkältet, denn die lehtern Vorfälle habe ich nickt aus<lb/> Rechnung Deines Herzens, sondern auf Rechnung Deiner Jugend, und Deines<lb/> Mangels an Welt- und Menschenkenntnis geschrieben.' Und wenn ich solche<lb/> Fehler nicht verzeihen könnte?</p><lb/> <p xml:id="ID_379"> Habt Ihr nicht einen Brief von mir erhalten, der ohngefähr im Februar<lb/> Vongen Jahres aus Zürich geschrieben war, und worinn ich meinen Entschluß<lb/> wieder nach Sachsen zu kommen, ankündigte? Ich hoffe nickt, daß Fritsche aus<lb/> seiner sehr knauscrigten' Oekonomie auch diesen zurükbehalten hat. Hat er das,<lb/> so habe ich freilich bisher Unrecht zu haben geschienen; aber es nicht gehabt.<lb/> Aber da niemand allwißend ist, so bitte ich, aber nur in diesem Falle, um<lb/> Verzeihung. — Ich werde inzwischen die Sache mit den Briefen untersuchen.<lb/> Ich verlies Zürich, weil es mir, wie ich mehrmals nach Hause geschrieben habe,<lb/> in dem Hause, in welchen, ich war. nicht ganz gefiel. Ich hatte von Anfange<lb/> an eine Menge Vorurtheile zu bekämpfen; ich hatte mit starrköpsigten Leuten<lb/> zu thun. Endlich, da ich durchgedrungen, und sie gewaltiger Weise gezwungen<lb/> hatte, mich zu verehren, hatte ich meinen Abschied schon angekündigt; welchen<lb/> zu widerrufen ich zu stolz, und sie zu furchtsam waren, da sie nicht wißen<lb/> konnten, ob ich ihre Vorschläge anhören würde. .Ich hätte sie aber angehört.<lb/> Uebrigens bin ich mit großer Ehre von ihnen weggegangen : man hat mich<lb/> dringend empfohlen; und »och-jezt stehe ich mit dem Hause im Briefwechsel.</p><lb/> <p xml:id="ID_380" next="#ID_381"> Ich ging mit den weitaussehendsten Aussichten und Plänen von Zürich:<lb/> nicht um in Sachsen zu bleiben, sondern um in Leipzig den Erfolg meiner<lb/> großen Pläne abzuwarten. Ich hatte . . . sLücke) .... und war daselbst<lb/> höher . . . ^Lücke) . . . Auf meiner Reise lernte ich große Personen kennen,<lb/> die alle mich zu ehren schienen. Bewegungsgründe genug, um mir viel zuzu¬<lb/> trauen. Ich war von Zürich aus dringend an den ?remi<zr Nimstrs in Däne¬<lb/> mark, Graf von Bernstorf, an den großen Klopstok, u. s. w. empfohlen. Ich<lb/> erwartete nichts weniger, als eine Minister Stelle in Eoppenhagcn. — Zu glei¬<lb/> cher Zeit schrieb mir eine vornehme Dame aus Weimar: sie arbeite, und habe<lb/> Hofnung, mich an einen Hof zu bringen. — Im kurzen scheiterten alle diese<lb/> Aussichten, und ich war der Verzweiflung nahe. Aus Verdruß warf ich mich<lb/> in die Kantische Philosophie (vielleicht ist Dir der Name einmal in einem der<lb/> Bücher, die Du liesest, vorgekommen) die eben so herzerhebend, als kopfbrechend<lb/> ist. Ich fand darin eine Beschäftigung, die Herz und Kopf füllte; mein unge¬<lb/> stümer Ausbreitungs Geist schwieg: das waren die glüklichsten Tage, die ich<lb/> je verlebt habe. Von einem Tage zum andern verlegen um Brod war ich<lb/> dennoch damals vielleicht einer der glüklichsten Menschen auf dem weiten Runde<lb/> der Erden. — Ich sing eine Schrift an, über diese Philosophie, die zwar war-</p><lb/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0101]
den Vortheil, einen Freund zu haben, den die Natur selbst für uns bildete, und
den sie uns so wunderbar ähnlich schuf. Ich werde Dich immer lieben; nichts
hat mein Herz gegen Dich erkältet, denn die lehtern Vorfälle habe ich nickt aus
Rechnung Deines Herzens, sondern auf Rechnung Deiner Jugend, und Deines
Mangels an Welt- und Menschenkenntnis geschrieben.' Und wenn ich solche
Fehler nicht verzeihen könnte?
Habt Ihr nicht einen Brief von mir erhalten, der ohngefähr im Februar
Vongen Jahres aus Zürich geschrieben war, und worinn ich meinen Entschluß
wieder nach Sachsen zu kommen, ankündigte? Ich hoffe nickt, daß Fritsche aus
seiner sehr knauscrigten' Oekonomie auch diesen zurükbehalten hat. Hat er das,
so habe ich freilich bisher Unrecht zu haben geschienen; aber es nicht gehabt.
Aber da niemand allwißend ist, so bitte ich, aber nur in diesem Falle, um
Verzeihung. — Ich werde inzwischen die Sache mit den Briefen untersuchen.
Ich verlies Zürich, weil es mir, wie ich mehrmals nach Hause geschrieben habe,
in dem Hause, in welchen, ich war. nicht ganz gefiel. Ich hatte von Anfange
an eine Menge Vorurtheile zu bekämpfen; ich hatte mit starrköpsigten Leuten
zu thun. Endlich, da ich durchgedrungen, und sie gewaltiger Weise gezwungen
hatte, mich zu verehren, hatte ich meinen Abschied schon angekündigt; welchen
zu widerrufen ich zu stolz, und sie zu furchtsam waren, da sie nicht wißen
konnten, ob ich ihre Vorschläge anhören würde. .Ich hätte sie aber angehört.
Uebrigens bin ich mit großer Ehre von ihnen weggegangen : man hat mich
dringend empfohlen; und »och-jezt stehe ich mit dem Hause im Briefwechsel.
Ich ging mit den weitaussehendsten Aussichten und Plänen von Zürich:
nicht um in Sachsen zu bleiben, sondern um in Leipzig den Erfolg meiner
großen Pläne abzuwarten. Ich hatte . . . sLücke) .... und war daselbst
höher . . . ^Lücke) . . . Auf meiner Reise lernte ich große Personen kennen,
die alle mich zu ehren schienen. Bewegungsgründe genug, um mir viel zuzu¬
trauen. Ich war von Zürich aus dringend an den ?remi<zr Nimstrs in Däne¬
mark, Graf von Bernstorf, an den großen Klopstok, u. s. w. empfohlen. Ich
erwartete nichts weniger, als eine Minister Stelle in Eoppenhagcn. — Zu glei¬
cher Zeit schrieb mir eine vornehme Dame aus Weimar: sie arbeite, und habe
Hofnung, mich an einen Hof zu bringen. — Im kurzen scheiterten alle diese
Aussichten, und ich war der Verzweiflung nahe. Aus Verdruß warf ich mich
in die Kantische Philosophie (vielleicht ist Dir der Name einmal in einem der
Bücher, die Du liesest, vorgekommen) die eben so herzerhebend, als kopfbrechend
ist. Ich fand darin eine Beschäftigung, die Herz und Kopf füllte; mein unge¬
stümer Ausbreitungs Geist schwieg: das waren die glüklichsten Tage, die ich
je verlebt habe. Von einem Tage zum andern verlegen um Brod war ich
dennoch damals vielleicht einer der glüklichsten Menschen auf dem weiten Runde
der Erden. — Ich sing eine Schrift an, über diese Philosophie, die zwar war-
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