Die Grenzboten. Jg. 21, 1862, I. Semester. II. Band.betrachten sei. Schwieriger war zu entscheiden, wer für die nächste Versamm¬ Aber auch von deutschen Kammermitgliedern und solchen, welche man als betrachten sei. Schwieriger war zu entscheiden, wer für die nächste Versamm¬ Aber auch von deutschen Kammermitgliedern und solchen, welche man als <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0525" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/114305"/> <p xml:id="ID_1706" prev="#ID_1705"> betrachten sei. Schwieriger war zu entscheiden, wer für die nächste Versamm¬<lb/> lung zur Theilnahme aufzufordern sei. Die Majorität entschied sich dahin,<lb/> das Recht der Theilnahme für künftige Versammlungen auf Mitglieder deut¬<lb/> scher Ständekammern. so wie auf Mitglieder der deutschen Neichsverscnnmlung<lb/> von 1848 zu beschränken. Wenn sich auch Einzelne der Anwesenden, welche<lb/> nicht Volksvertreter sind oder waren, durch diesen Beschluß verhindert fühlten,<lb/> an den folgenden Verhandlungen thätigen Theil zu nehmen, so war der Be¬<lb/> schluß doch ohne Zweifel schon deshalb verständig, weil er eine bestimmte Klasse<lb/> von praktischen Politikern umgrenzte. Welcher andere Beschränkungsgrund<lb/> sollte gefunden werden, um die Zusammenkunft von einer Volksversammlung<lb/> zu unterscheiden? Und da es nothwendig war, daß die Mehrzahl der Anwe¬<lb/> senden aus Volksvertretern bestand, wie wollte man andere Kategorien ein¬<lb/> schließen? Es wäre allerdings wünschenswerth gewesen, die politischen Intelli¬<lb/> genzen der deutschen Presse herbeizuziehen. Aber der Vorschlag, einzelne der¬<lb/> selben zur Mitgliedschaft einzuladen, hätte in der Ausführung große Jncon-<lb/> venienzen gehabt. Die nicht eingeladene Presse hätte ein Recht gekränkt zu<lb/> sein und den Eingeladenen hätte wieder ihr Selbstgefühl verwehrt zu erscheinen;<lb/> denn sie hätten als Geladene nicht auf gleichem Boden mit denen gestanden,<lb/> welche durch ihr Mandat als Volksvertreter das Recht der Theilnahme hatten.<lb/> Eine Versammlung deutscher Redacteure, patriotischer Minister oder auch einflu߬<lb/> reicher Privatmänner kann jede in der gegenwärtigen Lage Deutschlands ^um<lb/> Heil des Vaterlandes gemeinsames Handeln beschließen, aber jede solche Gesell¬<lb/> schaft würde, sich so viel als möglich auf Männer ihres Geschäftskreises zu be¬<lb/> schränken suchen. Es ist auch dies ein Fortschritt seit 1848.</p><lb/> <p xml:id="ID_1707" next="#ID_1708"> Aber auch von deutschen Kammermitgliedern und solchen, welche man als<lb/> dazu gehörig betrachtete, wer sollte zugezogen werden? Die Debatte darüber<lb/> war lebhaft und nickt ohne Interesse. Das Prädicat „liberal" erwies sich als<lb/> zu unbestimmt, zweckdienlicher schien die Bezeichnung, alle solche, welche eine<lb/> festere staatliche Concentration der deutschen Volkskraft erstreben. — Aber, wenn<lb/> man nicht auf die rege Betheiligung der süddeutschen Deputaten verzichten<lb/> wollte, durfte die großdeutsche Partei nicht ausgeschlossen werden. Auch die<lb/> preußische Partei, welche die starke Majorität der Versammlung darstellte,<lb/> wünschte das nicht, weil gerade ihr daran gelegen war, den Süden sich allmälig<lb/> zu befreunden. Vor andern durfte den Führern des Nationalvereins von Werth<lb/> sein, gerade in diesen Zusammenkünften einen neuen Boden zu finden, wo sie<lb/> mit ihren politischen Gegnern zusammentreffen und dieselben widerlegen konnten.<lb/> In der That erschienen für die kleindeutsche Partei allein solche Zusammenkünfte<lb/> kaum nöthig. Für sie sei der Nationalvercin eine ausreichende Organisation,<lb/> auch wer die preußische Politik vertritt und nicht Mitglied des Vereins sei, ver¬<lb/> möge sich in seiner Landschaft, wenn es gerade gelte, mit dem Verein leicht in</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0525]
betrachten sei. Schwieriger war zu entscheiden, wer für die nächste Versamm¬
lung zur Theilnahme aufzufordern sei. Die Majorität entschied sich dahin,
das Recht der Theilnahme für künftige Versammlungen auf Mitglieder deut¬
scher Ständekammern. so wie auf Mitglieder der deutschen Neichsverscnnmlung
von 1848 zu beschränken. Wenn sich auch Einzelne der Anwesenden, welche
nicht Volksvertreter sind oder waren, durch diesen Beschluß verhindert fühlten,
an den folgenden Verhandlungen thätigen Theil zu nehmen, so war der Be¬
schluß doch ohne Zweifel schon deshalb verständig, weil er eine bestimmte Klasse
von praktischen Politikern umgrenzte. Welcher andere Beschränkungsgrund
sollte gefunden werden, um die Zusammenkunft von einer Volksversammlung
zu unterscheiden? Und da es nothwendig war, daß die Mehrzahl der Anwe¬
senden aus Volksvertretern bestand, wie wollte man andere Kategorien ein¬
schließen? Es wäre allerdings wünschenswerth gewesen, die politischen Intelli¬
genzen der deutschen Presse herbeizuziehen. Aber der Vorschlag, einzelne der¬
selben zur Mitgliedschaft einzuladen, hätte in der Ausführung große Jncon-
venienzen gehabt. Die nicht eingeladene Presse hätte ein Recht gekränkt zu
sein und den Eingeladenen hätte wieder ihr Selbstgefühl verwehrt zu erscheinen;
denn sie hätten als Geladene nicht auf gleichem Boden mit denen gestanden,
welche durch ihr Mandat als Volksvertreter das Recht der Theilnahme hatten.
Eine Versammlung deutscher Redacteure, patriotischer Minister oder auch einflu߬
reicher Privatmänner kann jede in der gegenwärtigen Lage Deutschlands ^um
Heil des Vaterlandes gemeinsames Handeln beschließen, aber jede solche Gesell¬
schaft würde, sich so viel als möglich auf Männer ihres Geschäftskreises zu be¬
schränken suchen. Es ist auch dies ein Fortschritt seit 1848.
Aber auch von deutschen Kammermitgliedern und solchen, welche man als
dazu gehörig betrachtete, wer sollte zugezogen werden? Die Debatte darüber
war lebhaft und nickt ohne Interesse. Das Prädicat „liberal" erwies sich als
zu unbestimmt, zweckdienlicher schien die Bezeichnung, alle solche, welche eine
festere staatliche Concentration der deutschen Volkskraft erstreben. — Aber, wenn
man nicht auf die rege Betheiligung der süddeutschen Deputaten verzichten
wollte, durfte die großdeutsche Partei nicht ausgeschlossen werden. Auch die
preußische Partei, welche die starke Majorität der Versammlung darstellte,
wünschte das nicht, weil gerade ihr daran gelegen war, den Süden sich allmälig
zu befreunden. Vor andern durfte den Führern des Nationalvereins von Werth
sein, gerade in diesen Zusammenkünften einen neuen Boden zu finden, wo sie
mit ihren politischen Gegnern zusammentreffen und dieselben widerlegen konnten.
In der That erschienen für die kleindeutsche Partei allein solche Zusammenkünfte
kaum nöthig. Für sie sei der Nationalvercin eine ausreichende Organisation,
auch wer die preußische Politik vertritt und nicht Mitglied des Vereins sei, ver¬
möge sich in seiner Landschaft, wenn es gerade gelte, mit dem Verein leicht in
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