Die Grenzboten. Jg. 21, 1862, I. Semester. II. Band.wand, -- das Feuer war schon heraus, aber noch konnte ichs im Fluge er¬ Das Unglück war so natürlich, daß es keinerlei Bestürzung erregte, viel¬ Also noch einmal d.as Geschrei gegen die Wandöffnung. Bevor aber die Auf unserer Seite nahm der erwähnte Kandelast noch einmal ein brennen¬ Jetzt wurden auf der Thüre der Grabkapelle die Siegel gelöst, und die bei¬ wand, — das Feuer war schon heraus, aber noch konnte ichs im Fluge er¬ Das Unglück war so natürlich, daß es keinerlei Bestürzung erregte, viel¬ Also noch einmal d.as Geschrei gegen die Wandöffnung. Bevor aber die Auf unserer Seite nahm der erwähnte Kandelast noch einmal ein brennen¬ Jetzt wurden auf der Thüre der Grabkapelle die Siegel gelöst, und die bei¬ <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0144" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/113924"/> <p xml:id="ID_389" prev="#ID_388"> wand, — das Feuer war schon heraus, aber noch konnte ichs im Fluge er¬<lb/> Haschen. Es war ein hcllslammender Ballon, ungefähr von der Größe eines<lb/> Manneskopfes, anscheinend aus Baumwolle bestehend, welche durch besondere<lb/> Praparirung. ohne von ihrer Leichtigkeit zu verlieren, einige Secunden lang<lb/> das Feuer zu halten vermochte. Die wogende, tosende Menschenmasse mit Hun¬<lb/> derten möglichst lang ausgereckter Arme, welche ihre Kerzenbündel von allen<lb/> Seiten gleich Radien dem einen flüchtigen Centrum zukehrten — es war ein<lb/> unbeschreiblicher Anblick! Während Jeder es von fern zu berühren begehrte,<lb/> gönnte ihm Keiner auf seinem Kopfe eine Ruhestätte, und so hüpfte es wie<lb/> ein Meteor über den zur Abwehr emporgehaltener Händen hin. bis es an einem<lb/> Rotundepfeiler verlöschend auf den Boden gelangte. Die Menge stürzte darüber<lb/> hin, aber es war todt, keine Kerze konnte angezündet werden.</p><lb/> <p xml:id="ID_390"> Das Unglück war so natürlich, daß es keinerlei Bestürzung erregte, viel¬<lb/> mehr wandten sich alle Blicke und Stimmen wieder der Fensteröffnung zu, eine<lb/> neue Sendung des Wunderstoffs erheischend. Diese ließ denn auch nicht lange<lb/> aus sich warten, sie erschien in Gestalt eines prächtig brennenden dicken Ker¬<lb/> zenbündels, welches, so wie es mit Händen greifbar war. von einem aä live<lb/> an der Kapellenwand aufgestellten Kandelasten in Empfang genommen und<lb/> über die Menge weg zwischen die Pfeiler geschleudert wurde. Sofort waren<lb/> wieder zahllose Pilgerkerzen darüber her, es entstand ein entsetzliches Gewirre<lb/> der Anzündenwollenden, Viele stürzten zu Boden. Einige wurden, jedoch nur<lb/> unerheblich, verwundet. Endlich that sich der heulende und kreischende Menschen-<lb/> knäuel wieder auf, und siehe da, das Kerzenbündel war, wie der Baumwoll-<lb/> Ballon erloschen. Keinem war es gelungen, die heilige Flamme aufzufangen<lb/> und fortzuschleppen.</p><lb/> <p xml:id="ID_391"> Also noch einmal d.as Geschrei gegen die Wandöffnung. Bevor aber die<lb/> dritte Sendung zum Vorschein kam/ erscholl schon von der andern Seite der<lb/> Rotunde her das Jubelgeheul der Armenier, denen es gelungen war, das ihnen<lb/> durch das Südfenster zugeworfene Feuer bei der zweiten Sendung zu fixiren,<lb/> so daß es sich über Tausende von Pilgerkerzen und zahllos an den Pfeilern, in<lb/> den Bögen und überall an den Wänden angebrachte Oellampen mit reißender<lb/> Schnelligkeit verbreitete.</p><lb/> <p xml:id="ID_392"> Auf unserer Seite nahm der erwähnte Kandelast noch einmal ein brennen¬<lb/> des Bündel in Empfang; er vertraute dasselbe aber diesmal nicht früher den<lb/> Lüften, bis er fünf oder sechs charakter- und schulterfesten Männern in seiner<lb/> Nachbarschaft die kostbare Flamme mitgetheilt Hatte. Der Angriffseifer wurde<lb/> so getheilt, und durch Vermeiden des Uebermaßes gelang das Anzünden überall.</p><lb/> <p xml:id="ID_393" next="#ID_394"> Jetzt wurden auf der Thüre der Grabkapelle die Siegel gelöst, und die bei¬<lb/> den Prälaten traten heraus, um ein Jeder eigenhändig dem Hochaltar seiner<lb/> Konfession das heilige Feuer zuzutragen. Der armenische Bischof versorgt bei</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0144]
wand, — das Feuer war schon heraus, aber noch konnte ichs im Fluge er¬
Haschen. Es war ein hcllslammender Ballon, ungefähr von der Größe eines
Manneskopfes, anscheinend aus Baumwolle bestehend, welche durch besondere
Praparirung. ohne von ihrer Leichtigkeit zu verlieren, einige Secunden lang
das Feuer zu halten vermochte. Die wogende, tosende Menschenmasse mit Hun¬
derten möglichst lang ausgereckter Arme, welche ihre Kerzenbündel von allen
Seiten gleich Radien dem einen flüchtigen Centrum zukehrten — es war ein
unbeschreiblicher Anblick! Während Jeder es von fern zu berühren begehrte,
gönnte ihm Keiner auf seinem Kopfe eine Ruhestätte, und so hüpfte es wie
ein Meteor über den zur Abwehr emporgehaltener Händen hin. bis es an einem
Rotundepfeiler verlöschend auf den Boden gelangte. Die Menge stürzte darüber
hin, aber es war todt, keine Kerze konnte angezündet werden.
Das Unglück war so natürlich, daß es keinerlei Bestürzung erregte, viel¬
mehr wandten sich alle Blicke und Stimmen wieder der Fensteröffnung zu, eine
neue Sendung des Wunderstoffs erheischend. Diese ließ denn auch nicht lange
aus sich warten, sie erschien in Gestalt eines prächtig brennenden dicken Ker¬
zenbündels, welches, so wie es mit Händen greifbar war. von einem aä live
an der Kapellenwand aufgestellten Kandelasten in Empfang genommen und
über die Menge weg zwischen die Pfeiler geschleudert wurde. Sofort waren
wieder zahllose Pilgerkerzen darüber her, es entstand ein entsetzliches Gewirre
der Anzündenwollenden, Viele stürzten zu Boden. Einige wurden, jedoch nur
unerheblich, verwundet. Endlich that sich der heulende und kreischende Menschen-
knäuel wieder auf, und siehe da, das Kerzenbündel war, wie der Baumwoll-
Ballon erloschen. Keinem war es gelungen, die heilige Flamme aufzufangen
und fortzuschleppen.
Also noch einmal d.as Geschrei gegen die Wandöffnung. Bevor aber die
dritte Sendung zum Vorschein kam/ erscholl schon von der andern Seite der
Rotunde her das Jubelgeheul der Armenier, denen es gelungen war, das ihnen
durch das Südfenster zugeworfene Feuer bei der zweiten Sendung zu fixiren,
so daß es sich über Tausende von Pilgerkerzen und zahllos an den Pfeilern, in
den Bögen und überall an den Wänden angebrachte Oellampen mit reißender
Schnelligkeit verbreitete.
Auf unserer Seite nahm der erwähnte Kandelast noch einmal ein brennen¬
des Bündel in Empfang; er vertraute dasselbe aber diesmal nicht früher den
Lüften, bis er fünf oder sechs charakter- und schulterfesten Männern in seiner
Nachbarschaft die kostbare Flamme mitgetheilt Hatte. Der Angriffseifer wurde
so getheilt, und durch Vermeiden des Uebermaßes gelang das Anzünden überall.
Jetzt wurden auf der Thüre der Grabkapelle die Siegel gelöst, und die bei¬
den Prälaten traten heraus, um ein Jeder eigenhändig dem Hochaltar seiner
Konfession das heilige Feuer zuzutragen. Der armenische Bischof versorgt bei
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