Die Grenzboten. Jg. 21, 1862, I. Semester. II. Band.sie zwar allen Fleiß angewendet hätten, aber den Kopf unmöglich können be¬ Das vorstehende Zeugniß ist in der "Kurzen Lebensbeschreibung der gott¬ Als eine besondere Merkwürdigkeit rühmen es die Klosterschriften, daß die ') Es ist äußerst interessant zu bemerken, wie sich die Nonnen durch dieses zweifache Wun¬
der nicht ans ihrer frommen Beschaulichkeit bei der Tafel stören lassen und erst nach dem Esse" hingehe", die wunderbar stunde "gottselige Mutter" zu beschauen! sie zwar allen Fleiß angewendet hätten, aber den Kopf unmöglich können be¬ Das vorstehende Zeugniß ist in der „Kurzen Lebensbeschreibung der gott¬ Als eine besondere Merkwürdigkeit rühmen es die Klosterschriften, daß die ') Es ist äußerst interessant zu bemerken, wie sich die Nonnen durch dieses zweifache Wun¬
der nicht ans ihrer frommen Beschaulichkeit bei der Tafel stören lassen und erst nach dem Esse» hingehe», die wunderbar stunde „gottselige Mutter" zu beschauen! <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0111" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/113891"/> <p xml:id="ID_282" prev="#ID_281"> sie zwar allen Fleiß angewendet hätten, aber den Kopf unmöglich können be¬<lb/> wegen, obschon nunmehr Hände und Füße ganz beweglich waren.' Die Prio¬<lb/> rin gab abermals zur Antwort: „Euer Lieb' gehen hin und sagen der gottseliger<lb/> Mutter: weil sie aus Gehorsam sich gesetzet. so wolle sie auch zu unserem Trost<lb/> das Haupt aufheben. Die Schwester lehret eilends zurück, leget der gottsesi-gen<lb/> Mutter die Hand unter das Haupt und rjchtet kittend die Post der Mutter<lb/> Priorin aus. und alsbald wurde das Haupt also beweglich, daß .es gleichsam<lb/> von selbst sich aufgerichtet, und also ist es blos an Haut und Fleisch, weil die<lb/> Beine M abgebrochenen Genicks wegen rückwärts hinausstehen, aufrecht geblie¬<lb/> ben. --Nach vollendetem Refectorium .s-ein wir gleich hingegangen und ha¬<lb/> ben Alles so befunden, wie es die Mutter Priorin und mir .die drei Schwestern<lb/> Mit Freuden und Verwunderung erzählet.^)</p><lb/> <p xml:id="ID_283"> Das vorstehende Zeugniß ist in der „Kurzen Lebensbeschreibung der gott¬<lb/> seliger Mutter Maria Eleclä." welche 1749 in der erzbischöflichen Buchdruckerei<lb/> in Prag erschien und seither wieder aufgelegt worden ist.. .allen Ernstes gedruckt<lb/> zu lesen. In der Vorrede verwahrt sich der Verfasser im Sinne Päpstlicher<lb/> Vcrvrd>in>rgcn, daß er keineswegs der Meinung sei. die selige Electa zu einer<lb/> wunderthätigen Heiligen zu stempeln. Diese „kurze Lebensbeschreibung" mit<lb/> .allen Wundergeschichten und jenem merkwürdigen Schreiben der Oberin Ecicilia<lb/> Theresia wird heute noch verkauft. Sie enthält eine lange Reihe .angeblicher<lb/> Heilungen durch Electa's Beistand und allerlei Wunderkram, mit welchem .wir<lb/> die Leser nicht langweilen wollen. Die „selige Electa" hat sich jedoch auch nut<lb/> Kleinigkeiten abgegeben, so lesen wir z. B. in jener Lebensbeschreibung von<lb/> Wort zu Wort: „Eine Laienschwester, Magdalena vom Kreuz genannt,-hatte<lb/> vergessen, die Erbsen zum Feuer zu sehen, b>s die letzte Viertelstunde vor dem<lb/> Essen; rief auch die gottselige Mittler um Hilf an, setzte mit großem Verdauen<lb/> die Erbsen zum Feuer und sie sind in dieser so kurzen Zelt nach Wunsch ge¬<lb/> kocht worden!" — Welch ein Gewicht ^die Nonnen auf dieses Wunder im prak¬<lb/> tischen Eebicte der Kochkunst legten, zeigt der Nachsatz: „Ist auch viel Ursach<lb/> gewesen zur Bestätigung der Heiligkeit unserer gottseliger Mutter und unseres<lb/> gefaßten Gedankens, sie auszugraben und unverwest zu finden."</p><lb/> <p xml:id="ID_284" next="#ID_285"> Als eine besondere Merkwürdigkeit rühmen es die Klosterschriften, daß die<lb/> braune Mutter Electa eigenthümlich und sehr angenehm rieche, und zwar: „Zu¬<lb/> weilen ist es ein Geruch wie von Lilien, zuweilen wie von Nosen. zuweilen<lb/> und zu gleicher Zeit empfindet Einer diesen und einen andern Blumengeruch,<lb/> zuweilen aber einen unterschiedlichen Geruch, wo bemerkt ist worden, daß dieser<lb/> Geruch sich verliere, wenn man ihn will deutlich aufnehmen und unterscheiden."</p><lb/> <note xml:id="FID_6" place="foot"> ') Es ist äußerst interessant zu bemerken, wie sich die Nonnen durch dieses zweifache Wun¬<lb/> der nicht ans ihrer frommen Beschaulichkeit bei der Tafel stören lassen und erst nach dem Esse»<lb/> hingehe», die wunderbar stunde „gottselige Mutter" zu beschauen!</note><lb/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0111]
sie zwar allen Fleiß angewendet hätten, aber den Kopf unmöglich können be¬
wegen, obschon nunmehr Hände und Füße ganz beweglich waren.' Die Prio¬
rin gab abermals zur Antwort: „Euer Lieb' gehen hin und sagen der gottseliger
Mutter: weil sie aus Gehorsam sich gesetzet. so wolle sie auch zu unserem Trost
das Haupt aufheben. Die Schwester lehret eilends zurück, leget der gottsesi-gen
Mutter die Hand unter das Haupt und rjchtet kittend die Post der Mutter
Priorin aus. und alsbald wurde das Haupt also beweglich, daß .es gleichsam
von selbst sich aufgerichtet, und also ist es blos an Haut und Fleisch, weil die
Beine M abgebrochenen Genicks wegen rückwärts hinausstehen, aufrecht geblie¬
ben. --Nach vollendetem Refectorium .s-ein wir gleich hingegangen und ha¬
ben Alles so befunden, wie es die Mutter Priorin und mir .die drei Schwestern
Mit Freuden und Verwunderung erzählet.^)
Das vorstehende Zeugniß ist in der „Kurzen Lebensbeschreibung der gott¬
seliger Mutter Maria Eleclä." welche 1749 in der erzbischöflichen Buchdruckerei
in Prag erschien und seither wieder aufgelegt worden ist.. .allen Ernstes gedruckt
zu lesen. In der Vorrede verwahrt sich der Verfasser im Sinne Päpstlicher
Vcrvrd>in>rgcn, daß er keineswegs der Meinung sei. die selige Electa zu einer
wunderthätigen Heiligen zu stempeln. Diese „kurze Lebensbeschreibung" mit
.allen Wundergeschichten und jenem merkwürdigen Schreiben der Oberin Ecicilia
Theresia wird heute noch verkauft. Sie enthält eine lange Reihe .angeblicher
Heilungen durch Electa's Beistand und allerlei Wunderkram, mit welchem .wir
die Leser nicht langweilen wollen. Die „selige Electa" hat sich jedoch auch nut
Kleinigkeiten abgegeben, so lesen wir z. B. in jener Lebensbeschreibung von
Wort zu Wort: „Eine Laienschwester, Magdalena vom Kreuz genannt,-hatte
vergessen, die Erbsen zum Feuer zu sehen, b>s die letzte Viertelstunde vor dem
Essen; rief auch die gottselige Mittler um Hilf an, setzte mit großem Verdauen
die Erbsen zum Feuer und sie sind in dieser so kurzen Zelt nach Wunsch ge¬
kocht worden!" — Welch ein Gewicht ^die Nonnen auf dieses Wunder im prak¬
tischen Eebicte der Kochkunst legten, zeigt der Nachsatz: „Ist auch viel Ursach
gewesen zur Bestätigung der Heiligkeit unserer gottseliger Mutter und unseres
gefaßten Gedankens, sie auszugraben und unverwest zu finden."
Als eine besondere Merkwürdigkeit rühmen es die Klosterschriften, daß die
braune Mutter Electa eigenthümlich und sehr angenehm rieche, und zwar: „Zu¬
weilen ist es ein Geruch wie von Lilien, zuweilen wie von Nosen. zuweilen
und zu gleicher Zeit empfindet Einer diesen und einen andern Blumengeruch,
zuweilen aber einen unterschiedlichen Geruch, wo bemerkt ist worden, daß dieser
Geruch sich verliere, wenn man ihn will deutlich aufnehmen und unterscheiden."
') Es ist äußerst interessant zu bemerken, wie sich die Nonnen durch dieses zweifache Wun¬
der nicht ans ihrer frommen Beschaulichkeit bei der Tafel stören lassen und erst nach dem Esse»
hingehe», die wunderbar stunde „gottselige Mutter" zu beschauen!
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