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Die Grenzboten. Jg. 21, 1862, I. Semester. I. Band.

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besten besser als die letzteren, nachzugeben, wenn sie eine Niederlage erlitten
haben. Sie würden mit jedem Monat, den der Kampf währt, nur steifnacki-
gerund verbissene, winden. Die. welche jetzt nach dem Kriege schreien, würden
täglich lauter ihren Ruf erheben, sobald die Nachricht von einer Schlappe
eintrifft, welche Amerika erlitten hat. Die. welche jetzt noch gegen den Krieg
sprechen, würden sich nach und nach' den zur Fortsetzung Entschlossenen bei¬
gesellen, wenn der Kampf einmal losgebrochen wäre. Die Hemmung ihrer
Handelsthäi ^teil würde sie mit Massen der besten Matrosen versehen. Die
Versperrung rhrer besten Märkte würde einen großen Theil ihrer Producenten
gleichsam mit Gewalt zu Kriegsleuten machen. Die Amerikaner sind sehr
kühn, sehr erfinderisch, sehr wagehalsig und außerordentlich rücksichtslos, wenn
ihre Leidenschaften einmal entflammt sind, sehr hartnäckig und ausdauernd,
ein Volk mit neun Leben, wie die Katze, die, selbst von einem Thurm geworfen,
immer auf die Füße zu steheu kommt.

Schließlich ist sehr leicht zu sagen, warum England kämpft (wenn es
wirklich kämpfen muß), aber keineswegs soileicht zu definiren, was das eigent¬
liche Object und Ziel ist, wonach es im Kriege zu trachten hat und nach
dessen Erreichung es den Kampf aufgeben müßte. Es würde gut sein, wenn
man sich in London vor dem Ausholen zum ersten Schlag eine recht klare
und genaue Vorstellung über jenes Ziel bilden wollte. Beabsichtigt man le¬
diglich den Amerikanern eine starke Züchtigung für die Ungebühr, die der
San Jacinto verübt, angedeihen zu lassen, um ihnen für künftige Fälle der Art
mehr Achtung vor dem Völkerrecht, wie es England jetzt versteht, einzuschärfen,
so ist das sehr bald gethan. Dieser Zweck würde >in Lauf der ersten drei
Monate des Kriegs erreicht sein; denn es leidet keinen Zweifel, daß binnen
drei Monaten die große Mehrzahl der nördlichen Kaufleute ruinirt und die
Südstaaten vollkommen unabhängig sein würden. Wäre die Absicht in Eng¬
land aber die. so lange Krieg zu führen, bis Amerika sein Unrecht eingestanden,
um Entschuldigung gebeten und die gefangnen Emissäre des Südens freige¬
geben hätte, so kann Niemand wissen, wann ein Abschluß des Friedens zu
hoffen ist. und noch weniger wird Jemand dann zu sagen vermögen, wann
die secundären Ursachen des Kriegs sich werden verwischen lassen.

Ein Rückblick auf das Gesagte zeigt, daß beide Theile bei einem Kriege
nur zu verlieren, nichts zu gewinnen haben. Einige Bemerkungen, die wir
dem Briefe eines Liverpooler Kaufmanns an den Herausgeber des "Eco-,
nomist" entnehmen, werden darthun, daß sich die Rechnung für England sogar
noch übler stellen kann, als wir annehmen. Es heißt dort:

"Die Lecticm. die man den Aankees zu geben beabsichtigt, kann ihnen
nur mit ungeheuren Kosten für uns ertheilt werden. Die Amerikaner werden
im Stande sein, uns unverhältnißmäßig größere pecuniäre Verluste zuzufügen.


besten besser als die letzteren, nachzugeben, wenn sie eine Niederlage erlitten
haben. Sie würden mit jedem Monat, den der Kampf währt, nur steifnacki-
gerund verbissene, winden. Die. welche jetzt nach dem Kriege schreien, würden
täglich lauter ihren Ruf erheben, sobald die Nachricht von einer Schlappe
eintrifft, welche Amerika erlitten hat. Die. welche jetzt noch gegen den Krieg
sprechen, würden sich nach und nach' den zur Fortsetzung Entschlossenen bei¬
gesellen, wenn der Kampf einmal losgebrochen wäre. Die Hemmung ihrer
Handelsthäi ^teil würde sie mit Massen der besten Matrosen versehen. Die
Versperrung rhrer besten Märkte würde einen großen Theil ihrer Producenten
gleichsam mit Gewalt zu Kriegsleuten machen. Die Amerikaner sind sehr
kühn, sehr erfinderisch, sehr wagehalsig und außerordentlich rücksichtslos, wenn
ihre Leidenschaften einmal entflammt sind, sehr hartnäckig und ausdauernd,
ein Volk mit neun Leben, wie die Katze, die, selbst von einem Thurm geworfen,
immer auf die Füße zu steheu kommt.

Schließlich ist sehr leicht zu sagen, warum England kämpft (wenn es
wirklich kämpfen muß), aber keineswegs soileicht zu definiren, was das eigent¬
liche Object und Ziel ist, wonach es im Kriege zu trachten hat und nach
dessen Erreichung es den Kampf aufgeben müßte. Es würde gut sein, wenn
man sich in London vor dem Ausholen zum ersten Schlag eine recht klare
und genaue Vorstellung über jenes Ziel bilden wollte. Beabsichtigt man le¬
diglich den Amerikanern eine starke Züchtigung für die Ungebühr, die der
San Jacinto verübt, angedeihen zu lassen, um ihnen für künftige Fälle der Art
mehr Achtung vor dem Völkerrecht, wie es England jetzt versteht, einzuschärfen,
so ist das sehr bald gethan. Dieser Zweck würde >in Lauf der ersten drei
Monate des Kriegs erreicht sein; denn es leidet keinen Zweifel, daß binnen
drei Monaten die große Mehrzahl der nördlichen Kaufleute ruinirt und die
Südstaaten vollkommen unabhängig sein würden. Wäre die Absicht in Eng¬
land aber die. so lange Krieg zu führen, bis Amerika sein Unrecht eingestanden,
um Entschuldigung gebeten und die gefangnen Emissäre des Südens freige¬
geben hätte, so kann Niemand wissen, wann ein Abschluß des Friedens zu
hoffen ist. und noch weniger wird Jemand dann zu sagen vermögen, wann
die secundären Ursachen des Kriegs sich werden verwischen lassen.

Ein Rückblick auf das Gesagte zeigt, daß beide Theile bei einem Kriege
nur zu verlieren, nichts zu gewinnen haben. Einige Bemerkungen, die wir
dem Briefe eines Liverpooler Kaufmanns an den Herausgeber des „Eco-,
nomist" entnehmen, werden darthun, daß sich die Rechnung für England sogar
noch übler stellen kann, als wir annehmen. Es heißt dort:

„Die Lecticm. die man den Aankees zu geben beabsichtigt, kann ihnen
nur mit ungeheuren Kosten für uns ertheilt werden. Die Amerikaner werden
im Stande sein, uns unverhältnißmäßig größere pecuniäre Verluste zuzufügen.


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 21, 1862, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341795_113241/96>, abgerufen am 23.07.2024.