Die Grenzboten. Jg. 21, 1862, I. Semester. I. Band.bis über Immermann's Direction des Düsseldorfer Theaters, die Periode der Ausführlich dargestellt sind die' Verhältnisse des Berliner Hoftheaters bis über Immermann's Direction des Düsseldorfer Theaters, die Periode der Ausführlich dargestellt sind die' Verhältnisse des Berliner Hoftheaters <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0076" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/113318"/> <p xml:id="ID_222" prev="#ID_221"> bis über Immermann's Direction des Düsseldorfer Theaters, die Periode der<lb/> sinkenden deutschen Schaubühne, in welcher die Hoftheater in den Vorder¬<lb/> grund treten, unter Intendanten, d.h. unter Hofchargen welchen eine technische<lb/> künstlerische Bildung fehlt.</p><lb/> <p xml:id="ID_223" next="#ID_224"> Ausführlich dargestellt sind die' Verhältnisse des Berliner Hoftheaters<lb/> unter Leitung des Grafen Brühl, weiche maßgebend für andere Hofbühnen<lb/> wurden, darauf das Leben anderer Hofbühnen, zumal der Wiener Burg.<lb/> Dort wurde zuerst die Trennung der Oper und Posse vom Drama durchge¬<lb/> führt, und der Segen solcher Einrichtung hat bis zur Gegenwart diesem Theater<lb/> eine bevorzugte Stellung erhalten. — Dann folgt ein Bericht über die städ¬<lb/> tischen und Privatunternehmungen, unter denen die des wunderlicheGrafen<lb/> Hahn nicht vergessen wird. Ueberall sind die bedeutendsten Schauspieler, ein¬<lb/> flußreiche Bühnenleiter charakterisirt, lehrreich und dankenswerth sind diese<lb/> Bemerkungen, wie kurz sie zuweilen behandelt sind. Und wir dürfen im In¬<lb/> teresse einer späteren Generation den Wunsch nicht zurückhalten, daß es dem<lb/> Verfasser gefallen möge, die künstlerische Persönlichkeit der Talente, welche er<lb/> noch aus eigner Anschauung kennt, entweder in einer späteren Ausgabe, oder in<lb/> einem besondern Werke mit breiterer Ausführung und dem Detail, welches nur<lb/> ein darstellender Künstler geben kann, für unsere Literatur zu conserviren.<lb/> Denn wie ungenügend der schriftliche Bericht über die Wirkungen eines<lb/> Schauspielers und seine Besonderheiten auch sein mag, er ist doch das ein¬<lb/> zige Mittel, der Folgezeit Vorstellungen von der Eigenthümlichkeit zu geben,<lb/> welche die schöne Kunst des Momentes in jeder vergangenen Zeit gehabt<lb/> hat. Es war ein Verdienst des Verfassers, daß er die Bilder großer Künstler<lb/> aus älterer Zeit: der Neuberin, Eckhofs. Schröters so gut gezeichnet hat;<lb/> für die Gestalten, welche ihm eigene Erinnerung und lebendige Tradition der<lb/> nächsten Vergangenheit verständlich macht, würde noch reicheres Detail möglich sein.<lb/> Seine sorgfältige und getreue Schilderung, wie sie ihre Rollen und einzelne<lb/> charakteristische Momente derselben zur Geltung gebracht haben, würde den<lb/> Nachkommen ein Abbild ihres Wesens und einiger Besonderheiten ihrer Zeit<lb/> geben. Und Niemand ist mehr befähigt, und deshalb vielleicht verpflichtet,<lb/> solche Arbeit zu übernehmen, als der Verfasser des vorliegenden Buches.<lb/> Selbst bei seiner ausführlichen Besprechung Seydclmanns würde es uns<lb/> wohlthun, eine gewisse reichliche Anzahl bedeutsamer Momente, welche beson¬<lb/> ders bezeichnend für sein Spiel waren, z. B. die Scene am Schreibtisch im<lb/> Clavigo, ausführlich beschrieben und beurtheilt zu sehen. — Sehr schön ist das<lb/> folgende Kapitel, welches den Einfluß der seichten Tagesliteratur und des Bücher-<lb/> drama's auf die Schauspielkunst schildert, ebenso die Betrachtungen über die Demo¬<lb/> ralisation der Künstler. Als eine Episode in dieser Zeit der Verschlechterung<lb/> sind die wenigen Jahre hervorgehoben, in denen Immermann unter sehr</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0076]
bis über Immermann's Direction des Düsseldorfer Theaters, die Periode der
sinkenden deutschen Schaubühne, in welcher die Hoftheater in den Vorder¬
grund treten, unter Intendanten, d.h. unter Hofchargen welchen eine technische
künstlerische Bildung fehlt.
Ausführlich dargestellt sind die' Verhältnisse des Berliner Hoftheaters
unter Leitung des Grafen Brühl, weiche maßgebend für andere Hofbühnen
wurden, darauf das Leben anderer Hofbühnen, zumal der Wiener Burg.
Dort wurde zuerst die Trennung der Oper und Posse vom Drama durchge¬
führt, und der Segen solcher Einrichtung hat bis zur Gegenwart diesem Theater
eine bevorzugte Stellung erhalten. — Dann folgt ein Bericht über die städ¬
tischen und Privatunternehmungen, unter denen die des wunderlicheGrafen
Hahn nicht vergessen wird. Ueberall sind die bedeutendsten Schauspieler, ein¬
flußreiche Bühnenleiter charakterisirt, lehrreich und dankenswerth sind diese
Bemerkungen, wie kurz sie zuweilen behandelt sind. Und wir dürfen im In¬
teresse einer späteren Generation den Wunsch nicht zurückhalten, daß es dem
Verfasser gefallen möge, die künstlerische Persönlichkeit der Talente, welche er
noch aus eigner Anschauung kennt, entweder in einer späteren Ausgabe, oder in
einem besondern Werke mit breiterer Ausführung und dem Detail, welches nur
ein darstellender Künstler geben kann, für unsere Literatur zu conserviren.
Denn wie ungenügend der schriftliche Bericht über die Wirkungen eines
Schauspielers und seine Besonderheiten auch sein mag, er ist doch das ein¬
zige Mittel, der Folgezeit Vorstellungen von der Eigenthümlichkeit zu geben,
welche die schöne Kunst des Momentes in jeder vergangenen Zeit gehabt
hat. Es war ein Verdienst des Verfassers, daß er die Bilder großer Künstler
aus älterer Zeit: der Neuberin, Eckhofs. Schröters so gut gezeichnet hat;
für die Gestalten, welche ihm eigene Erinnerung und lebendige Tradition der
nächsten Vergangenheit verständlich macht, würde noch reicheres Detail möglich sein.
Seine sorgfältige und getreue Schilderung, wie sie ihre Rollen und einzelne
charakteristische Momente derselben zur Geltung gebracht haben, würde den
Nachkommen ein Abbild ihres Wesens und einiger Besonderheiten ihrer Zeit
geben. Und Niemand ist mehr befähigt, und deshalb vielleicht verpflichtet,
solche Arbeit zu übernehmen, als der Verfasser des vorliegenden Buches.
Selbst bei seiner ausführlichen Besprechung Seydclmanns würde es uns
wohlthun, eine gewisse reichliche Anzahl bedeutsamer Momente, welche beson¬
ders bezeichnend für sein Spiel waren, z. B. die Scene am Schreibtisch im
Clavigo, ausführlich beschrieben und beurtheilt zu sehen. — Sehr schön ist das
folgende Kapitel, welches den Einfluß der seichten Tagesliteratur und des Bücher-
drama's auf die Schauspielkunst schildert, ebenso die Betrachtungen über die Demo¬
ralisation der Künstler. Als eine Episode in dieser Zeit der Verschlechterung
sind die wenigen Jahre hervorgehoben, in denen Immermann unter sehr
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