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Die Grenzboten. Jg. 21, 1862, I. Semester. I. Band.

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sagten nur in andrer Form wiederholt, so beschränken wir uns darauf, aus
seiner Darstellung noch einige Personalien und namentlich noch die Charak¬
teristik der andern Hauptpartei in der Umgebung des heiligen Vaters zu ent¬
nehmen, die von dem Monsignore zum Unterschied von Antonelli und Genossen,
der Partei der Bankiers, die Partei der Priester genannt wird, aber leider so
wenig wie jene dazu angethan ist. unsre bisherige Meinung von den römi¬
schen Zuständen zu bessern.

An der Spitze der Priesterpartei steht nach Liverani "ein Amphibium",
welches vermöge seines geringen Verstandes und der Gunst des Papstes bis-
weilen nützt, bisweilen schadet, der Cardinal Patrizi. Andere hervorragende
Mitglieder dieser Gesellschaft sind Monsignore Capalti, von dem es uns leid
thut, daß unser sachkundiger Berichterstatter keine mildere Bezeichnung zur ihn
fand, als die eines Charakrers "von schwärzester Schurkenhaftigkeit". und der
Bischof Cardoni, "dessen Gottesfurcht", nach Ansicht Liverani's, "mit dem Pro¬
fit wächst." Keiner von diesen Prälaten besitzt ungewöhnliche Fähigkeiten, es
wäre denn die des Ränkespinncns zum eigne" Vortheil, keiner ist auch nur
im Stande, mit Erfolg zu predigen. Dennoch erweist der Papst ihnen Ver¬
trauen und fügt sich ihren Intriguen in den wichtigsten Fragen der Ver¬
waltung.

Wir schweigen von andern unheimlichen Hausgenossen des Vaticans,
von dem Zusammenhang zwischen dem päpstlichen Waffenministcr und den
Näuberhauptleuten. die im Solde und unser der Fahne der Bourbonen Süd-
italien brandschatzten, von dem Proceß des Marchese Campana und dessen
wundersamen. Ausgang, und erwähnen nur kurz den hübschen Vergleich, den-
Liverani zwischen den Höflingen der Umgebung Bencoicls des Dreizehnter und
den Kämmerlingen in der Hofhaltung Pio Nouv's anstellt. Wie der berüch¬
tigte Cardinal Coscia in Antonelli sein Seitenstück findet, so tritt hier der
Ritter Filippani, "zugleich Spediteur und Vorschneider", wie ein zweiter Bischi
auf, während die vieldeutige Persönlichkeit des Signore Balodelli. ein "Ge¬
misch von Ingenieur. Beamten und Hofschranzen," und der "phantastische,
faselnde" Stell" an andere Charaktere des päpstlichen Hofes im dritten De-
cennium des vorigen Jahrhunderts erinnern. "Alle miteinander", sagt Li¬
verani am Schluß seines Vergleichs bitter, "wiegen nicht eine Drachme, und
dennoch üben sie unablässig einen übermächtigen Einfluß auf das Gemüth
des Papstes, der gleichwohl vor keinem unter ihnen Achtung empfindet."

Fürwahr, ein wenig anmuthiges Bild, dieses Gemälde des Papstthums
in der Gegenwart! Wenn der französische Bischof, der vor Kurzem Victor
Emanuel mit Herodes. Kaiser Napoleon mit Pilatus und Pio Nouv mit dem
zum Kreuz geführten Christus zu vergleichen die Kühnheit besaß. Recht hätte,
so könnte man sich versucht fühlen, sein Gleichniß durch Vorführung auch der


sagten nur in andrer Form wiederholt, so beschränken wir uns darauf, aus
seiner Darstellung noch einige Personalien und namentlich noch die Charak¬
teristik der andern Hauptpartei in der Umgebung des heiligen Vaters zu ent¬
nehmen, die von dem Monsignore zum Unterschied von Antonelli und Genossen,
der Partei der Bankiers, die Partei der Priester genannt wird, aber leider so
wenig wie jene dazu angethan ist. unsre bisherige Meinung von den römi¬
schen Zuständen zu bessern.

An der Spitze der Priesterpartei steht nach Liverani „ein Amphibium",
welches vermöge seines geringen Verstandes und der Gunst des Papstes bis-
weilen nützt, bisweilen schadet, der Cardinal Patrizi. Andere hervorragende
Mitglieder dieser Gesellschaft sind Monsignore Capalti, von dem es uns leid
thut, daß unser sachkundiger Berichterstatter keine mildere Bezeichnung zur ihn
fand, als die eines Charakrers „von schwärzester Schurkenhaftigkeit". und der
Bischof Cardoni, „dessen Gottesfurcht", nach Ansicht Liverani's, „mit dem Pro¬
fit wächst." Keiner von diesen Prälaten besitzt ungewöhnliche Fähigkeiten, es
wäre denn die des Ränkespinncns zum eigne» Vortheil, keiner ist auch nur
im Stande, mit Erfolg zu predigen. Dennoch erweist der Papst ihnen Ver¬
trauen und fügt sich ihren Intriguen in den wichtigsten Fragen der Ver¬
waltung.

Wir schweigen von andern unheimlichen Hausgenossen des Vaticans,
von dem Zusammenhang zwischen dem päpstlichen Waffenministcr und den
Näuberhauptleuten. die im Solde und unser der Fahne der Bourbonen Süd-
italien brandschatzten, von dem Proceß des Marchese Campana und dessen
wundersamen. Ausgang, und erwähnen nur kurz den hübschen Vergleich, den-
Liverani zwischen den Höflingen der Umgebung Bencoicls des Dreizehnter und
den Kämmerlingen in der Hofhaltung Pio Nouv's anstellt. Wie der berüch¬
tigte Cardinal Coscia in Antonelli sein Seitenstück findet, so tritt hier der
Ritter Filippani, „zugleich Spediteur und Vorschneider", wie ein zweiter Bischi
auf, während die vieldeutige Persönlichkeit des Signore Balodelli. ein „Ge¬
misch von Ingenieur. Beamten und Hofschranzen," und der „phantastische,
faselnde" Stell« an andere Charaktere des päpstlichen Hofes im dritten De-
cennium des vorigen Jahrhunderts erinnern. „Alle miteinander", sagt Li¬
verani am Schluß seines Vergleichs bitter, „wiegen nicht eine Drachme, und
dennoch üben sie unablässig einen übermächtigen Einfluß auf das Gemüth
des Papstes, der gleichwohl vor keinem unter ihnen Achtung empfindet."

Fürwahr, ein wenig anmuthiges Bild, dieses Gemälde des Papstthums
in der Gegenwart! Wenn der französische Bischof, der vor Kurzem Victor
Emanuel mit Herodes. Kaiser Napoleon mit Pilatus und Pio Nouv mit dem
zum Kreuz geführten Christus zu vergleichen die Kühnheit besaß. Recht hätte,
so könnte man sich versucht fühlen, sein Gleichniß durch Vorführung auch der


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 21, 1862, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341795_113241/349>, abgerufen am 23.07.2024.