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Die Grenzboten. Jg. 21, 1862, I. Semester. I. Band.

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bar zu den letzteren. Je weiter von Rom, desto mehr Verehrung vor ihr,
je näher, desto weniger. Vielleicht traurig, aber wahr -- vielleicht wahrer
als traurig für den Protestanten!

Die wärmste Zone liegt an der Peripherie des Kreises, der auf die ewige
Stadt als seinen Mittelpunkt blickt. Im fernen Amerika nahm der herum¬
gehende Klingelbeutel des Peterspfennigs die reichsten Spenden in Empfang,
in Spanien, Irland und Polen wird jedenfalls am inbrünstigsten für tue Ge¬
nesung des kranken Mannes an der Tiber gebetet.

Beträchtlich kühler schon ist die Temperatur in Frankreich und Deutschland.
Zwar gibt sich die Partei der politischen und kirchlichen Dunkelmänner mit
vielem Eifer und nicht ohne Geschick dem Geschäft künstlicher Wärmeerzeugung
hin, zwar thut man das Mögliche mit Schönfärben, aber wer kann die Natur
zwingen? In Frankreich erlebte man ein lang unterhaltenes Kreuzfeuer Hirten-
brieflicher Karthaunen, geladen mit gottseliger Malice, Demonstrationen im
Senat, Demonstrationen im Gesetzgebenden Körper, Feuerwerk mit Weihrauch
in der Presse, und wir wollen gern annehmen, daß viele davon für Rom
warm wurden, noch mehre daran Gefallen fanden. Hat das bekannte "I^a,vo
tes Mains, ?ilattz!" als Muster tragischer Komik doch uns selber höchlich ver¬
gnügt. Aber eigentlich war Alles doch nur Hnmbug gegen Humbug, und
Niemand wird uns einreden, daß all das Heizen und Hetzen der Veuillot. der
Dupanloup, Poujoulat und Montalembert auf d>e, welche nächst dem Kaiser
die Entscheidung der Sache in der Hand haben, auf die Klasse der Gebildeten,
auch nur halli so viel Eindruck gemacht hätte, als die einzige Broschüre Eo mort
Abouts, so wenig innern Werth diese auch vergleichsweise gehabt haben mag.

In Deutschland finden sich einige warme Oasen, Westphalen und Rhein¬
land, Tirol und das brave Altbayern zum Beispiel, wo dörfliche Einfalt und
Pfahlbürgerlicher Biedersinn, unaugekränkelt vom Geist der Zert. sich Rom noch
alK ein Stück auf die Erde gefallnen Himmel, den Papst noch nur einem Hei¬
ligenschein so groß und prächtig wie ein Sonnenaufgang, die Cardinäle mit
etwas kleineren und bleicheren Glorien umgeben vorstellen können, und wo
kindliche Gemüther ihren Pfarrern noch glaubten, wenn sie eine vernünftige
Regulirung der italienischen Verhältnisse, die eine Expropriation der römischen
Eurie einschließt, in einem Ton verdammten, als gälte es. gegen einen Griff
nach Sanct Peters Paradicscsschlüssel, gegen Beraubung des großen, aus den
überschüssigen guten Werken der Heiligen zusammengeflossenen Gnaden- und
Ablaßschatzes der Kirche, gegen gottloses Ausblasen aller ewigen Lampen der
Christenheit zu eifern. Im Allgemeinen indeß verhielt man sich auch hier
ungemein kühl. Päpstliche Werber recrutirten ein paar Hundert verlaufene
Burschen für die Thermopylen von Castel Fidardo. Der Sack mit dem deut-
lchen Peterspsennig aber war der magerste unter seinesgleichen, und mitten


bar zu den letzteren. Je weiter von Rom, desto mehr Verehrung vor ihr,
je näher, desto weniger. Vielleicht traurig, aber wahr — vielleicht wahrer
als traurig für den Protestanten!

Die wärmste Zone liegt an der Peripherie des Kreises, der auf die ewige
Stadt als seinen Mittelpunkt blickt. Im fernen Amerika nahm der herum¬
gehende Klingelbeutel des Peterspfennigs die reichsten Spenden in Empfang,
in Spanien, Irland und Polen wird jedenfalls am inbrünstigsten für tue Ge¬
nesung des kranken Mannes an der Tiber gebetet.

Beträchtlich kühler schon ist die Temperatur in Frankreich und Deutschland.
Zwar gibt sich die Partei der politischen und kirchlichen Dunkelmänner mit
vielem Eifer und nicht ohne Geschick dem Geschäft künstlicher Wärmeerzeugung
hin, zwar thut man das Mögliche mit Schönfärben, aber wer kann die Natur
zwingen? In Frankreich erlebte man ein lang unterhaltenes Kreuzfeuer Hirten-
brieflicher Karthaunen, geladen mit gottseliger Malice, Demonstrationen im
Senat, Demonstrationen im Gesetzgebenden Körper, Feuerwerk mit Weihrauch
in der Presse, und wir wollen gern annehmen, daß viele davon für Rom
warm wurden, noch mehre daran Gefallen fanden. Hat das bekannte „I^a,vo
tes Mains, ?ilattz!" als Muster tragischer Komik doch uns selber höchlich ver¬
gnügt. Aber eigentlich war Alles doch nur Hnmbug gegen Humbug, und
Niemand wird uns einreden, daß all das Heizen und Hetzen der Veuillot. der
Dupanloup, Poujoulat und Montalembert auf d>e, welche nächst dem Kaiser
die Entscheidung der Sache in der Hand haben, auf die Klasse der Gebildeten,
auch nur halli so viel Eindruck gemacht hätte, als die einzige Broschüre Eo mort
Abouts, so wenig innern Werth diese auch vergleichsweise gehabt haben mag.

In Deutschland finden sich einige warme Oasen, Westphalen und Rhein¬
land, Tirol und das brave Altbayern zum Beispiel, wo dörfliche Einfalt und
Pfahlbürgerlicher Biedersinn, unaugekränkelt vom Geist der Zert. sich Rom noch
alK ein Stück auf die Erde gefallnen Himmel, den Papst noch nur einem Hei¬
ligenschein so groß und prächtig wie ein Sonnenaufgang, die Cardinäle mit
etwas kleineren und bleicheren Glorien umgeben vorstellen können, und wo
kindliche Gemüther ihren Pfarrern noch glaubten, wenn sie eine vernünftige
Regulirung der italienischen Verhältnisse, die eine Expropriation der römischen
Eurie einschließt, in einem Ton verdammten, als gälte es. gegen einen Griff
nach Sanct Peters Paradicscsschlüssel, gegen Beraubung des großen, aus den
überschüssigen guten Werken der Heiligen zusammengeflossenen Gnaden- und
Ablaßschatzes der Kirche, gegen gottloses Ausblasen aller ewigen Lampen der
Christenheit zu eifern. Im Allgemeinen indeß verhielt man sich auch hier
ungemein kühl. Päpstliche Werber recrutirten ein paar Hundert verlaufene
Burschen für die Thermopylen von Castel Fidardo. Der Sack mit dem deut-
lchen Peterspsennig aber war der magerste unter seinesgleichen, und mitten


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 21, 1862, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341795_113241/343>, abgerufen am 28.12.2024.