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Die Grenzboten. Jg. 21, 1862, I. Semester. I. Band.

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und die gesteigerte Nachsteige richteten das Augenmerk unsrer Fabrikanten da¬
hin, woher die Engländer seit langen Jahren starke Bezüge machten, der
Ankauf in London muß aber den Rohstoff natürlich um so viel vertheuern,
als Unkosten und Verdienst des dortigen Importeurs beträgt, dieser Umweg
muh also vermieden werden, um chinesische Seide mit Vortheil zu beziehen.
Auch hier wie bei dem Versand unsrer Manufacturwaaren kommt es auf rich¬
tige Vertheilung der Arbeit an. Ein Fabrikant, der nicht einen sehr großen Be¬
trieb hat> kann selten 6--8 Monate vorausbestimmen, welche Sorten und
Menge von Rohseide er brauchen wird, und bezieht daher lieber vom englischen
Markt, von wo er seine Waare in 14 Tagen haben kann. Es müssen sich da¬
her deutsche Häuser in Hafenplätzen mehr auf den bloßen Seidenhandel wer¬
fen und den Fabrikanten den Rohstoff billiger bieten, als sie ihn in England
finden. -- Wolle ist bisher wenig ans China ausgeführt, kann aber für den
Norden, der weder Thee noch Seide erzeugt, ein sehr wichtiger Artikel werden.
Die Chinesen haben ihre Wollen bisher nur zu ganz geringen Geweben ver¬
arbeitet, sie werden aber ihre Aufmerksamkeit der Erzielung eines feinern Roh¬
stoffes unzweifelhaft zuwenden, wenn sie sehen, daß er von Europäern gekauft
wird. In Kolonialwollen, namentlich australischer, ist England ebenfalls bisher
tonangebender Markt gewesen, es liegt aber kein Grund vor, weshalb wir
nicht direct beziehen sollten. Herr Jacobs räth, sich dafür so einzurichten, daß
die Sendungen zur Zeit des Wollenmarkts nach Berlin kommen, wo gewöhn¬
lich der Ausschlag für die Saison gegeben wird, und wo die Preise seit
Jahren trotz hoher Conjunctmen weit über das hinausgegangen, was die
Producenten erwarteten, weil der Consnm die Zufuhr start überstieg; es wür¬
den deshalb die Sendungen neuer im Markt noch nicht erschienener Wollen ans
eine den Verhältnissen mehr entsprechende Regulirung der Preise günstig ein¬
wirken.

Was die Schifffahrt betrifft, so bestätigt der Bericht die bekannte erfreuliche
Thatfache, daß die deutsche Rhederci in China eine sehr bedeutende Stellung
einnimmt, namentlich ist die Küstenschifffahrt zu drei Viertheilen in deutschen
Händen, zunächst weil die deutschen Schiffe meistens die richtige Größe für
diesen Handel haben, sodann weil unsre Copitäne die chinesischen Kaufleute
anständiger und besser behandeln als alle übrigen. Den größten Antheil an
dieser Bewegung deutscher Flaggen hat Hamburg, nach ihm Bremen und
Oldenburg, es ist aber kein triftiger Grund vorhanden, weshalb die preußische
Marine dort so schwach vertreten ist: China ist ein holmrmes Land, und bal-
tiiches Bauholz oder Kohlen geben immer eine Hinfracht, welche sich gut ver¬
kaufen laßt, außerdem sollten preußische Schiffe es benutzen, daß sie jetzt zwi¬
schen China und Japan fahren können.

Die drei wichtigsten Handelsplätze Chinas sind Hongkong, Shanghae und


und die gesteigerte Nachsteige richteten das Augenmerk unsrer Fabrikanten da¬
hin, woher die Engländer seit langen Jahren starke Bezüge machten, der
Ankauf in London muß aber den Rohstoff natürlich um so viel vertheuern,
als Unkosten und Verdienst des dortigen Importeurs beträgt, dieser Umweg
muh also vermieden werden, um chinesische Seide mit Vortheil zu beziehen.
Auch hier wie bei dem Versand unsrer Manufacturwaaren kommt es auf rich¬
tige Vertheilung der Arbeit an. Ein Fabrikant, der nicht einen sehr großen Be¬
trieb hat> kann selten 6—8 Monate vorausbestimmen, welche Sorten und
Menge von Rohseide er brauchen wird, und bezieht daher lieber vom englischen
Markt, von wo er seine Waare in 14 Tagen haben kann. Es müssen sich da¬
her deutsche Häuser in Hafenplätzen mehr auf den bloßen Seidenhandel wer¬
fen und den Fabrikanten den Rohstoff billiger bieten, als sie ihn in England
finden. — Wolle ist bisher wenig ans China ausgeführt, kann aber für den
Norden, der weder Thee noch Seide erzeugt, ein sehr wichtiger Artikel werden.
Die Chinesen haben ihre Wollen bisher nur zu ganz geringen Geweben ver¬
arbeitet, sie werden aber ihre Aufmerksamkeit der Erzielung eines feinern Roh¬
stoffes unzweifelhaft zuwenden, wenn sie sehen, daß er von Europäern gekauft
wird. In Kolonialwollen, namentlich australischer, ist England ebenfalls bisher
tonangebender Markt gewesen, es liegt aber kein Grund vor, weshalb wir
nicht direct beziehen sollten. Herr Jacobs räth, sich dafür so einzurichten, daß
die Sendungen zur Zeit des Wollenmarkts nach Berlin kommen, wo gewöhn¬
lich der Ausschlag für die Saison gegeben wird, und wo die Preise seit
Jahren trotz hoher Conjunctmen weit über das hinausgegangen, was die
Producenten erwarteten, weil der Consnm die Zufuhr start überstieg; es wür¬
den deshalb die Sendungen neuer im Markt noch nicht erschienener Wollen ans
eine den Verhältnissen mehr entsprechende Regulirung der Preise günstig ein¬
wirken.

Was die Schifffahrt betrifft, so bestätigt der Bericht die bekannte erfreuliche
Thatfache, daß die deutsche Rhederci in China eine sehr bedeutende Stellung
einnimmt, namentlich ist die Küstenschifffahrt zu drei Viertheilen in deutschen
Händen, zunächst weil die deutschen Schiffe meistens die richtige Größe für
diesen Handel haben, sodann weil unsre Copitäne die chinesischen Kaufleute
anständiger und besser behandeln als alle übrigen. Den größten Antheil an
dieser Bewegung deutscher Flaggen hat Hamburg, nach ihm Bremen und
Oldenburg, es ist aber kein triftiger Grund vorhanden, weshalb die preußische
Marine dort so schwach vertreten ist: China ist ein holmrmes Land, und bal-
tiiches Bauholz oder Kohlen geben immer eine Hinfracht, welche sich gut ver¬
kaufen laßt, außerdem sollten preußische Schiffe es benutzen, daß sie jetzt zwi¬
schen China und Japan fahren können.

Die drei wichtigsten Handelsplätze Chinas sind Hongkong, Shanghae und


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 21, 1862, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341795_113241/341>, abgerufen am 23.07.2024.