Die Grenzboten. Jg. 21, 1862, I. Semester. I. Band.teressen der conservativen Partei zu versöhnen, als den Forderungen der Li¬ Aber die Staatsmänner Oestreichs hatten wahrscheinlich ein weiteres Unterdeß haben wir das Recht, mit erhöhtem Vertrauen in die Zukunft zu teressen der conservativen Partei zu versöhnen, als den Forderungen der Li¬ Aber die Staatsmänner Oestreichs hatten wahrscheinlich ein weiteres Unterdeß haben wir das Recht, mit erhöhtem Vertrauen in die Zukunft zu <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0330" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/113572"/> <p xml:id="ID_994" prev="#ID_993"> teressen der conservativen Partei zu versöhnen, als den Forderungen der Li¬<lb/> beralen Concessionen zu machen. Nicht unbegründet war die Sorge, daß dort<lb/> die ganze Staatsmaschine noch einmal in eine Zeit der Unthütigkeit. Schwäche und<lb/> Unbedeutendhett zurückfallen könnte. Diese Aussicht ist seit voriger Woche<lb/> wesentlich verringert. Ueber den Differenzen, welche dort in einzelnen Fragen<lb/> zwischen der Krone und dem Volk, ja selbst zwischen den liberalen Parteien<lb/> stattfanden, ist jetzt das Gefühl einer gemeinsamen Kränkung lebendig ge¬<lb/> worden, der Stolz der Regierung und eines hochgesinnten Volkes ist verletzt<lb/> und beiden eindringlich gemacht, wie sehr ihre Pflicht ist. zusammenzuhalten.</p><lb/> <p xml:id="ID_995"> Aber die Staatsmänner Oestreichs hatten wahrscheinlich ein weiteres<lb/> Ziel, welches ihnen die Stimmungen in Preußen gleichgiltig erscheinen ließ.<lb/> Die Note war wohl nur der erste klug« Schritt, ihr geheimer Zweck sollte sein,<lb/> die Majorität der deutschen Regierungen durch diesen gemeinsamen Act fester<lb/> an Oestreich zu binden, den Gegensatz derselben zu Preußen bis ins Unversöhn¬<lb/> liche zu spannen. Denn seit dem gemeinsamen herausfordernden Schritte, wel¬<lb/> cher bei Preußen die entsprechende Antwort nach sich gezogen hat, ist thatsächlich<lb/> jene Mittelstellung der Würzburger aufgegeben, welche sie, vor andern Bciicrn,<lb/> durch mehrere Jahre einzunehmen bemüht waren. Sie gleiten jetzt in dem<lb/> Fahrwasser östreichischer Interessen dahin, und die Politiker in Wien ver,<lb/> mögen, was noch im Herbst abenteuerlich und unerreichbar schien, zu hoffen:<lb/> die Garantie ihrer außerdeutschen Besitzungen durch eine Anzahl deutscher<lb/> Staaten. Daß in diesem Augenblick die verhängnißvolle Unternehmung, welche<lb/> den deutschen Bund in die Luft sprengen würde, so weit gediehen ist, als<lb/> östreichisch gesinnte Blätter zu behaupten wagen, glauben wir nicht. Käme<lb/> es aber wirklich dahin, dann würde das Schicksal Deutschlands durch die<lb/> Blindheit der Menschen in einer sehr unerwarteten Weise zur Erfüllung gebracht<lb/> werden. Oestreich müßte die bittere Erfahrung machen, daß solche Hilfe seiner<lb/> Verbündeten ihm tödtliche Gefahre» bereitet, statt Nutzen zu bringen, und die<lb/> Dynastien der Mittelstaaten würden sich der einzigen Garantie berauben,<lb/> welche sie für ihre Dauer haben, der Thatsache, daß ihre Existenz nicht nur<lb/> jetzt, auch in der Zukunft Deutschlands wichtigen Interessen ihrer Völker för¬<lb/> derlich wäre.</p><lb/> <p xml:id="ID_996" next="#ID_997"> Unterdeß haben wir das Recht, mit erhöhtem Vertrauen in die Zukunft zu<lb/> blicken. Der Sturm, den die Gegner erregten, ist zu einem frischen Fahrwind ge¬<lb/> worden, der unser Schiff vorwärts treibt. Es ist die schöne Pflicht der Wochen-<lb/> Presse, aus dem kleinen Hader und den Verstimmungen des Tages das Urtheil<lb/> der Leser hinauszuführen auf die allmäligen unzerstörbaren Erfolge, welche<lb/> die großen politischen Fragen unter den Tageskämpfen erreichen. Wer die<lb/> Idee der deutschen Einheit, wie sie grade jetzt vor 14 Jahren in den Februarwochen<lb/> des Jahres 1348 lebendig wurde, mit dem gegenwärtigen Standpunkte ihrer</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0330]
teressen der conservativen Partei zu versöhnen, als den Forderungen der Li¬
beralen Concessionen zu machen. Nicht unbegründet war die Sorge, daß dort
die ganze Staatsmaschine noch einmal in eine Zeit der Unthütigkeit. Schwäche und
Unbedeutendhett zurückfallen könnte. Diese Aussicht ist seit voriger Woche
wesentlich verringert. Ueber den Differenzen, welche dort in einzelnen Fragen
zwischen der Krone und dem Volk, ja selbst zwischen den liberalen Parteien
stattfanden, ist jetzt das Gefühl einer gemeinsamen Kränkung lebendig ge¬
worden, der Stolz der Regierung und eines hochgesinnten Volkes ist verletzt
und beiden eindringlich gemacht, wie sehr ihre Pflicht ist. zusammenzuhalten.
Aber die Staatsmänner Oestreichs hatten wahrscheinlich ein weiteres
Ziel, welches ihnen die Stimmungen in Preußen gleichgiltig erscheinen ließ.
Die Note war wohl nur der erste klug« Schritt, ihr geheimer Zweck sollte sein,
die Majorität der deutschen Regierungen durch diesen gemeinsamen Act fester
an Oestreich zu binden, den Gegensatz derselben zu Preußen bis ins Unversöhn¬
liche zu spannen. Denn seit dem gemeinsamen herausfordernden Schritte, wel¬
cher bei Preußen die entsprechende Antwort nach sich gezogen hat, ist thatsächlich
jene Mittelstellung der Würzburger aufgegeben, welche sie, vor andern Bciicrn,
durch mehrere Jahre einzunehmen bemüht waren. Sie gleiten jetzt in dem
Fahrwasser östreichischer Interessen dahin, und die Politiker in Wien ver,
mögen, was noch im Herbst abenteuerlich und unerreichbar schien, zu hoffen:
die Garantie ihrer außerdeutschen Besitzungen durch eine Anzahl deutscher
Staaten. Daß in diesem Augenblick die verhängnißvolle Unternehmung, welche
den deutschen Bund in die Luft sprengen würde, so weit gediehen ist, als
östreichisch gesinnte Blätter zu behaupten wagen, glauben wir nicht. Käme
es aber wirklich dahin, dann würde das Schicksal Deutschlands durch die
Blindheit der Menschen in einer sehr unerwarteten Weise zur Erfüllung gebracht
werden. Oestreich müßte die bittere Erfahrung machen, daß solche Hilfe seiner
Verbündeten ihm tödtliche Gefahre» bereitet, statt Nutzen zu bringen, und die
Dynastien der Mittelstaaten würden sich der einzigen Garantie berauben,
welche sie für ihre Dauer haben, der Thatsache, daß ihre Existenz nicht nur
jetzt, auch in der Zukunft Deutschlands wichtigen Interessen ihrer Völker för¬
derlich wäre.
Unterdeß haben wir das Recht, mit erhöhtem Vertrauen in die Zukunft zu
blicken. Der Sturm, den die Gegner erregten, ist zu einem frischen Fahrwind ge¬
worden, der unser Schiff vorwärts treibt. Es ist die schöne Pflicht der Wochen-
Presse, aus dem kleinen Hader und den Verstimmungen des Tages das Urtheil
der Leser hinauszuführen auf die allmäligen unzerstörbaren Erfolge, welche
die großen politischen Fragen unter den Tageskämpfen erreichen. Wer die
Idee der deutschen Einheit, wie sie grade jetzt vor 14 Jahren in den Februarwochen
des Jahres 1348 lebendig wurde, mit dem gegenwärtigen Standpunkte ihrer
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