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Die Grenzboten. Jg. 21, 1862, I. Semester. I. Band.

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z. B. die Bankier- oder Geldwechslergeschäfte, ferner die Verlags- sowie die
sonstigen Geschäfte des Buch- und Kunsthandels nur dann als Handelsge¬
schäfte gelten sollen. wenn sie gewer b sua ß ig betrieben werden. Endlich ist
durch Art. 273 noch im Allgemeinen bestimmt worden, daß als Handelsge¬
schäfte alle einzelnen Geschäfte eines Kaufmanns anzusehen sind, welche zum
Betriebe seines Handelsgewerbes gehören. Dagegen sind Verträge über unde
wegliche Sachen unter allen Umstände" keine Handelsgeschäfte. Es läßt sich
nicht leugnen, daß die vorstehend angedeutete BcgriffSaufstelluug der Handels¬
geschäfte nach manchen Seiten hin schwankend ist und zu Bedenken Anlaß
gibt, wie denn namentlich das Mißliche des Umstandes, daß die in Art. 271
aufgeführten Geschäfte lediglich durch die Voraussetzung einer bestimmten,
bei ihrer Eingehung vorhanden gewesenen Absicht des einen Contrahenten,
nämlich der Absicht der Weitcrveräußerung, deu Charakter von Handels¬
geschäften erhalten sollen, in der Konferenz selbst hervorgehoben wurde; indeß
geben die Motive des preußischen Entwurfes und die Conferenzprotokvlle
so eingehende Erläuterungen zu den Dispositionen des Gesetzbuchs, daß eine
falsche Auffassung und Anwendung der letzteren durch den Richter, namentlich
wenn die Handelsgerichte erst eine zweckmäßigere Organisation erhalten haben
werden, kaum zu befürchten steht, und soll hier in dieser Hinsicht aus den.Mo¬
tiven und Protokollen beispielsweise nur hervorgehoben werde", daß der
Gesetzgeber die Absicht des Gewinnes bei jedem Handelsgeschäfte als selbst¬
verständlich voraussetzte und daß Anschaffungen für den eigenen Haushalt
des Kaufmanns nicht unter den Begriff von Hauoelsgefchäften fallen. End¬
lich ist aus oiesem Abschnitt zu erwähnen, daß nach Art. 276 die Qualität
eines Geschäftes als Handelsgeschäft nicht davon abhängt, ob derjenige, der
das Handelsgeschäft vornimmt, hierzu aus gewerbepolizeilichen oder anderen
Gründen nicht besvgt war, und daß nach Art. 277 bei jedem Rechtsgeschäfte,
welches auf der Seite eines der Contrahenten ein Handelsgeschäft ist, im All¬
gemeinen die Bestimmungen des H. G. B. in Beziehung auf beide Contra-
henten gleichmäßig angewendet werden sollen.

Der 2. Abschnitt dieses Titels beschäftigt, sich damit in Artikel 273 -- 316
eine Anzahl gewisser fundamentaler Rechtsregeln für alle Arten von Handels¬
geschäften aufzustellen, an deren Spitze in Art. 278 und 279 der wichtige
Satz steht, "daß bei Beurtheilung und Auslegung der Handelsgeschäfte der
Richter den Willen der Contrahenten zu erforschen und nicht an dem buch¬
stäblichen Sinne des Ausdrucks zu haften hat," sowie daß dabei "in Betreff
der Bedeutung und Wirkung von Handlungen und Unterlassungen auf die, im
Handelsverkehr geltenden Gewohnheiten und Gebräuche Rücksicht zu nehmen
ist/' Beide Sätze sind durch die singuläre Natur der Handelsgeschäfte geboten
und werden richtig angewandt sicherlich nicht verfehlen die Spruchpraxis in


z. B. die Bankier- oder Geldwechslergeschäfte, ferner die Verlags- sowie die
sonstigen Geschäfte des Buch- und Kunsthandels nur dann als Handelsge¬
schäfte gelten sollen. wenn sie gewer b sua ß ig betrieben werden. Endlich ist
durch Art. 273 noch im Allgemeinen bestimmt worden, daß als Handelsge¬
schäfte alle einzelnen Geschäfte eines Kaufmanns anzusehen sind, welche zum
Betriebe seines Handelsgewerbes gehören. Dagegen sind Verträge über unde
wegliche Sachen unter allen Umstände» keine Handelsgeschäfte. Es läßt sich
nicht leugnen, daß die vorstehend angedeutete BcgriffSaufstelluug der Handels¬
geschäfte nach manchen Seiten hin schwankend ist und zu Bedenken Anlaß
gibt, wie denn namentlich das Mißliche des Umstandes, daß die in Art. 271
aufgeführten Geschäfte lediglich durch die Voraussetzung einer bestimmten,
bei ihrer Eingehung vorhanden gewesenen Absicht des einen Contrahenten,
nämlich der Absicht der Weitcrveräußerung, deu Charakter von Handels¬
geschäften erhalten sollen, in der Konferenz selbst hervorgehoben wurde; indeß
geben die Motive des preußischen Entwurfes und die Conferenzprotokvlle
so eingehende Erläuterungen zu den Dispositionen des Gesetzbuchs, daß eine
falsche Auffassung und Anwendung der letzteren durch den Richter, namentlich
wenn die Handelsgerichte erst eine zweckmäßigere Organisation erhalten haben
werden, kaum zu befürchten steht, und soll hier in dieser Hinsicht aus den.Mo¬
tiven und Protokollen beispielsweise nur hervorgehoben werde», daß der
Gesetzgeber die Absicht des Gewinnes bei jedem Handelsgeschäfte als selbst¬
verständlich voraussetzte und daß Anschaffungen für den eigenen Haushalt
des Kaufmanns nicht unter den Begriff von Hauoelsgefchäften fallen. End¬
lich ist aus oiesem Abschnitt zu erwähnen, daß nach Art. 276 die Qualität
eines Geschäftes als Handelsgeschäft nicht davon abhängt, ob derjenige, der
das Handelsgeschäft vornimmt, hierzu aus gewerbepolizeilichen oder anderen
Gründen nicht besvgt war, und daß nach Art. 277 bei jedem Rechtsgeschäfte,
welches auf der Seite eines der Contrahenten ein Handelsgeschäft ist, im All¬
gemeinen die Bestimmungen des H. G. B. in Beziehung auf beide Contra-
henten gleichmäßig angewendet werden sollen.

Der 2. Abschnitt dieses Titels beschäftigt, sich damit in Artikel 273 — 316
eine Anzahl gewisser fundamentaler Rechtsregeln für alle Arten von Handels¬
geschäften aufzustellen, an deren Spitze in Art. 278 und 279 der wichtige
Satz steht, „daß bei Beurtheilung und Auslegung der Handelsgeschäfte der
Richter den Willen der Contrahenten zu erforschen und nicht an dem buch¬
stäblichen Sinne des Ausdrucks zu haften hat," sowie daß dabei „in Betreff
der Bedeutung und Wirkung von Handlungen und Unterlassungen auf die, im
Handelsverkehr geltenden Gewohnheiten und Gebräuche Rücksicht zu nehmen
ist/' Beide Sätze sind durch die singuläre Natur der Handelsgeschäfte geboten
und werden richtig angewandt sicherlich nicht verfehlen die Spruchpraxis in


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[0304] z. B. die Bankier- oder Geldwechslergeschäfte, ferner die Verlags- sowie die sonstigen Geschäfte des Buch- und Kunsthandels nur dann als Handelsge¬ schäfte gelten sollen. wenn sie gewer b sua ß ig betrieben werden. Endlich ist durch Art. 273 noch im Allgemeinen bestimmt worden, daß als Handelsge¬ schäfte alle einzelnen Geschäfte eines Kaufmanns anzusehen sind, welche zum Betriebe seines Handelsgewerbes gehören. Dagegen sind Verträge über unde wegliche Sachen unter allen Umstände» keine Handelsgeschäfte. Es läßt sich nicht leugnen, daß die vorstehend angedeutete BcgriffSaufstelluug der Handels¬ geschäfte nach manchen Seiten hin schwankend ist und zu Bedenken Anlaß gibt, wie denn namentlich das Mißliche des Umstandes, daß die in Art. 271 aufgeführten Geschäfte lediglich durch die Voraussetzung einer bestimmten, bei ihrer Eingehung vorhanden gewesenen Absicht des einen Contrahenten, nämlich der Absicht der Weitcrveräußerung, deu Charakter von Handels¬ geschäften erhalten sollen, in der Konferenz selbst hervorgehoben wurde; indeß geben die Motive des preußischen Entwurfes und die Conferenzprotokvlle so eingehende Erläuterungen zu den Dispositionen des Gesetzbuchs, daß eine falsche Auffassung und Anwendung der letzteren durch den Richter, namentlich wenn die Handelsgerichte erst eine zweckmäßigere Organisation erhalten haben werden, kaum zu befürchten steht, und soll hier in dieser Hinsicht aus den.Mo¬ tiven und Protokollen beispielsweise nur hervorgehoben werde», daß der Gesetzgeber die Absicht des Gewinnes bei jedem Handelsgeschäfte als selbst¬ verständlich voraussetzte und daß Anschaffungen für den eigenen Haushalt des Kaufmanns nicht unter den Begriff von Hauoelsgefchäften fallen. End¬ lich ist aus oiesem Abschnitt zu erwähnen, daß nach Art. 276 die Qualität eines Geschäftes als Handelsgeschäft nicht davon abhängt, ob derjenige, der das Handelsgeschäft vornimmt, hierzu aus gewerbepolizeilichen oder anderen Gründen nicht besvgt war, und daß nach Art. 277 bei jedem Rechtsgeschäfte, welches auf der Seite eines der Contrahenten ein Handelsgeschäft ist, im All¬ gemeinen die Bestimmungen des H. G. B. in Beziehung auf beide Contra- henten gleichmäßig angewendet werden sollen. Der 2. Abschnitt dieses Titels beschäftigt, sich damit in Artikel 273 — 316 eine Anzahl gewisser fundamentaler Rechtsregeln für alle Arten von Handels¬ geschäften aufzustellen, an deren Spitze in Art. 278 und 279 der wichtige Satz steht, „daß bei Beurtheilung und Auslegung der Handelsgeschäfte der Richter den Willen der Contrahenten zu erforschen und nicht an dem buch¬ stäblichen Sinne des Ausdrucks zu haften hat," sowie daß dabei „in Betreff der Bedeutung und Wirkung von Handlungen und Unterlassungen auf die, im Handelsverkehr geltenden Gewohnheiten und Gebräuche Rücksicht zu nehmen ist/' Beide Sätze sind durch die singuläre Natur der Handelsgeschäfte geboten und werden richtig angewandt sicherlich nicht verfehlen die Spruchpraxis in

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 21, 1862, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341795_113241/304>, abgerufen am 26.08.2024.