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Die Grenzboten. Jg. 21, 1862, I. Semester. I. Band.

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Befriedigung oder Sicherstellung in Anspruch zu nehmen: Gegenstand der
Execution, des Arrestes oder der Beschlagnahme kann für sie vielmehr nur
dasjenige sein, was der Gesellschafter selbst an Zinsen und an Gewinnan¬
theilen zu fordern berechtigt ist, und was ihm bei der Auseinandersetzung
zukommt. Auch findet (Art. 121) eine Kompensation zwischen Forderungen
der Gesellschaft und Privatforderungen des Gesellschaftschuldners gegen einen
einzelnen Gesellschafter während der Dauer der Gesellschaft weder ganz noch
theilweise statt, und endlich werden (Art. 122) im Falle des Konkurses der
Gesellschaft die Gläubiger derselben aus dem Gesellschaftsvermögen abgeson¬
dert befriedigt und können aus dem Privatvermögen der Gesellschaft nur we¬
gen des Ausfalls ihre Befriedigung suchen. Das sächsische Einführungsgesetz
hat hierzu § 11 die höchst zweckmäßige Bestimmung getroffen, daß, wenn über
das Vermögen einer Handelsgesellschaft Konkurs eröffnet wird, der Konkurs
zugleich über das Privatvermögen eines jeden persönlich haftenden Gesell¬
schafters eröffnet werden soll; doch steht solchenfalls den Privatgläubigern der
persönlich haftenden Gesellschafter ein Absonderungsrecht in Bezug auf das
Privatvermögen der letzteren zu.

Die obigen Sätze enthalten zum größten Theil in der That nicht mehr
und nicht weniger als eine gänzliche Umwälzung des gemeinen Rechtes, und
es bedürfte daher des energischsten Zusammenwirkens Oestreichs, Preußens
und Beuerns, um sie in der Conserenz durchzusetzen: es unterliegt aber keinem
Zweifel, daß sie unseren heutigen Verkehrsverhältnissen und namentlich den
Ansichten und Wünschen des Handelsstandes selbst durchaus entsprechen.

Nicht minder erheblich sind dre Aenderungen des bisherigen Rechtes
in Bezug auf die einzelnen Formen der Handelsgesellschaften.

Das Handelsgesetzbuch unterscheidet nämlich fünf Arten von Handels¬
gesellschaften, die eigentliche oder offene, und ,in Gegensatze dazu die stille
Gesellschaft, ferner die Kommanditgesellschaft, die Kommanditgesellschaft auf
Actien und endlich die eigentliche Actiengesellschaft,

Bezüglich der ersten Art, der sogenannten offenen Handelsgesellschaften,
ist in der obigen Darstellung der allgemeinen Grundsätze, wie sie auf alle
Handelsgesellschaften gleichmäßig Anwendung leiden, das Bemerkenswerteste
bereits hervorgehoben worden, da sich die offene Gesellschaft des Handels¬
gesetzbuchs außer in jenen Grundzügen nicht weiter von der des bisherigen
Rechtes unterscheidet. Doch mögen hier noch folgende Bemerkungen Platz
finden. Die Legaldefinition der offenen Gesellschaft ist in Art. 85 dahin auf¬
gestellt, daß eine offene Handelsgesellschaft vorhanden ist, wenn zwei oder
mehrere Personen ein Handelsgewerbe unter gemeinschaftlicher Firma betrei¬
ben und bei keinem der Gesellschafter die Betheiligung auf Vermögensein¬
lagen beschränkt ist. Zur Giltigkeit des Gesellschaftsvertrags bedarf es, wie


Befriedigung oder Sicherstellung in Anspruch zu nehmen: Gegenstand der
Execution, des Arrestes oder der Beschlagnahme kann für sie vielmehr nur
dasjenige sein, was der Gesellschafter selbst an Zinsen und an Gewinnan¬
theilen zu fordern berechtigt ist, und was ihm bei der Auseinandersetzung
zukommt. Auch findet (Art. 121) eine Kompensation zwischen Forderungen
der Gesellschaft und Privatforderungen des Gesellschaftschuldners gegen einen
einzelnen Gesellschafter während der Dauer der Gesellschaft weder ganz noch
theilweise statt, und endlich werden (Art. 122) im Falle des Konkurses der
Gesellschaft die Gläubiger derselben aus dem Gesellschaftsvermögen abgeson¬
dert befriedigt und können aus dem Privatvermögen der Gesellschaft nur we¬
gen des Ausfalls ihre Befriedigung suchen. Das sächsische Einführungsgesetz
hat hierzu § 11 die höchst zweckmäßige Bestimmung getroffen, daß, wenn über
das Vermögen einer Handelsgesellschaft Konkurs eröffnet wird, der Konkurs
zugleich über das Privatvermögen eines jeden persönlich haftenden Gesell¬
schafters eröffnet werden soll; doch steht solchenfalls den Privatgläubigern der
persönlich haftenden Gesellschafter ein Absonderungsrecht in Bezug auf das
Privatvermögen der letzteren zu.

Die obigen Sätze enthalten zum größten Theil in der That nicht mehr
und nicht weniger als eine gänzliche Umwälzung des gemeinen Rechtes, und
es bedürfte daher des energischsten Zusammenwirkens Oestreichs, Preußens
und Beuerns, um sie in der Conserenz durchzusetzen: es unterliegt aber keinem
Zweifel, daß sie unseren heutigen Verkehrsverhältnissen und namentlich den
Ansichten und Wünschen des Handelsstandes selbst durchaus entsprechen.

Nicht minder erheblich sind dre Aenderungen des bisherigen Rechtes
in Bezug auf die einzelnen Formen der Handelsgesellschaften.

Das Handelsgesetzbuch unterscheidet nämlich fünf Arten von Handels¬
gesellschaften, die eigentliche oder offene, und ,in Gegensatze dazu die stille
Gesellschaft, ferner die Kommanditgesellschaft, die Kommanditgesellschaft auf
Actien und endlich die eigentliche Actiengesellschaft,

Bezüglich der ersten Art, der sogenannten offenen Handelsgesellschaften,
ist in der obigen Darstellung der allgemeinen Grundsätze, wie sie auf alle
Handelsgesellschaften gleichmäßig Anwendung leiden, das Bemerkenswerteste
bereits hervorgehoben worden, da sich die offene Gesellschaft des Handels¬
gesetzbuchs außer in jenen Grundzügen nicht weiter von der des bisherigen
Rechtes unterscheidet. Doch mögen hier noch folgende Bemerkungen Platz
finden. Die Legaldefinition der offenen Gesellschaft ist in Art. 85 dahin auf¬
gestellt, daß eine offene Handelsgesellschaft vorhanden ist, wenn zwei oder
mehrere Personen ein Handelsgewerbe unter gemeinschaftlicher Firma betrei¬
ben und bei keinem der Gesellschafter die Betheiligung auf Vermögensein¬
lagen beschränkt ist. Zur Giltigkeit des Gesellschaftsvertrags bedarf es, wie


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[0296] Befriedigung oder Sicherstellung in Anspruch zu nehmen: Gegenstand der Execution, des Arrestes oder der Beschlagnahme kann für sie vielmehr nur dasjenige sein, was der Gesellschafter selbst an Zinsen und an Gewinnan¬ theilen zu fordern berechtigt ist, und was ihm bei der Auseinandersetzung zukommt. Auch findet (Art. 121) eine Kompensation zwischen Forderungen der Gesellschaft und Privatforderungen des Gesellschaftschuldners gegen einen einzelnen Gesellschafter während der Dauer der Gesellschaft weder ganz noch theilweise statt, und endlich werden (Art. 122) im Falle des Konkurses der Gesellschaft die Gläubiger derselben aus dem Gesellschaftsvermögen abgeson¬ dert befriedigt und können aus dem Privatvermögen der Gesellschaft nur we¬ gen des Ausfalls ihre Befriedigung suchen. Das sächsische Einführungsgesetz hat hierzu § 11 die höchst zweckmäßige Bestimmung getroffen, daß, wenn über das Vermögen einer Handelsgesellschaft Konkurs eröffnet wird, der Konkurs zugleich über das Privatvermögen eines jeden persönlich haftenden Gesell¬ schafters eröffnet werden soll; doch steht solchenfalls den Privatgläubigern der persönlich haftenden Gesellschafter ein Absonderungsrecht in Bezug auf das Privatvermögen der letzteren zu. Die obigen Sätze enthalten zum größten Theil in der That nicht mehr und nicht weniger als eine gänzliche Umwälzung des gemeinen Rechtes, und es bedürfte daher des energischsten Zusammenwirkens Oestreichs, Preußens und Beuerns, um sie in der Conserenz durchzusetzen: es unterliegt aber keinem Zweifel, daß sie unseren heutigen Verkehrsverhältnissen und namentlich den Ansichten und Wünschen des Handelsstandes selbst durchaus entsprechen. Nicht minder erheblich sind dre Aenderungen des bisherigen Rechtes in Bezug auf die einzelnen Formen der Handelsgesellschaften. Das Handelsgesetzbuch unterscheidet nämlich fünf Arten von Handels¬ gesellschaften, die eigentliche oder offene, und ,in Gegensatze dazu die stille Gesellschaft, ferner die Kommanditgesellschaft, die Kommanditgesellschaft auf Actien und endlich die eigentliche Actiengesellschaft, Bezüglich der ersten Art, der sogenannten offenen Handelsgesellschaften, ist in der obigen Darstellung der allgemeinen Grundsätze, wie sie auf alle Handelsgesellschaften gleichmäßig Anwendung leiden, das Bemerkenswerteste bereits hervorgehoben worden, da sich die offene Gesellschaft des Handels¬ gesetzbuchs außer in jenen Grundzügen nicht weiter von der des bisherigen Rechtes unterscheidet. Doch mögen hier noch folgende Bemerkungen Platz finden. Die Legaldefinition der offenen Gesellschaft ist in Art. 85 dahin auf¬ gestellt, daß eine offene Handelsgesellschaft vorhanden ist, wenn zwei oder mehrere Personen ein Handelsgewerbe unter gemeinschaftlicher Firma betrei¬ ben und bei keinem der Gesellschafter die Betheiligung auf Vermögensein¬ lagen beschränkt ist. Zur Giltigkeit des Gesellschaftsvertrags bedarf es, wie

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 21, 1862, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341795_113241/296>, abgerufen am 23.07.2024.