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Die Grenzboten. Jg. 21, 1862, I. Semester. I. Band.

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und mir 25 Theile organischer Substanz. Die schwarzen Trüffeln wachsen
gesellig, in Gruppen von der Form eines mehr oder minder geschlossenen Kreises
entsprechend der Vegetation vieler über dem Erdboden erscheinenden Pilze,
deren aus den peripherischen Enden des unterirdischen Pilzgeflechts hervor¬
sprossende Pilzkörper aus knrzberasten Wiesen und Tristen die sogenannten
Hcxenkreise bilden.

Es ist unzweifelhaft, daß die Lebensweise der Perigord-Trüffeln (des
?ud"r brumiüö und melairosrM'um) eine einjährige ist. Im Frühlinge und
Sommer finden sich gar keine Trüffeln solcher Art; im Herbste nur ganz junge;
ausgebildete nur von Ende November ab bis Februar; im Mai nur noch
solche, die bereits in Zersetzung übergehen. Die Entwickelung der auch in
Deutschland vorkommenden Trüffeln ist minder streng an bestimmte Jahres¬
zeiten gebunden. Namentlich in wärmeren Gegenden, in Südfrankreich findet
man in den Trüffelgruben schon von Ende Mai an ziemlich erwachsene,
wenn auch noch unreife Exemplare solcher Trüffeln. Weiterhin kommen
reife und unreife (innen weißliche oder dunkler gefärbte) gemeng! vor, bis
endlich im Spätherbste alle Trüffeln innen dunkelfarbig sind. Nach Analogie
mit fleischigen Schwämmen im Allgemeinen, und der mit den so nahe ver¬
wandten Perigord-Trüffeln im Besonderen muß angenommen werden, daß
die unter deutschen Trüffelsuchern verbreitete Meinung, die Trüffeln seien mehr¬
jährig, kleinere könnten bis zum nächsten Jahre noch wachsen, irrthümlich ist.

Erst mit dem Reifen der Samen erlangt die Trüffel ihr Arom. Der
Grad der Reife gibt sich zu erkennen durch die hellere oder dunklere Färbung
des Innern, eine Färbung, die lediglich,auf der Anwesenheit reifer, außen
braunfarbiger Samen beruht. Die Samen einer und derselben Trüffel reifen
aber nicht gleichzeitig. Eine Trüffel kann schon brauchbar sein, wenn die
dunkeln Stellen ihres Fleisches noch sehr licht ambrafarbig aussehen. Von
zwei gleich frischen, unbeschädigten Trüffeln aber ist die mit dunkleren Fleische
stets die stärker duftende. Es ist eine Barbarei, Trüffeln mit noch weißem
Fleische, die noch gar keine reifen Samen enthalten, einzusammeln. Solche
Trüffeln sind die sogenannten Maitrüffeln, Naiana.us8 (junge Exemplare haupt¬
sächlich des urbe-r mesentericiim). die in der Provence in ziemlichen Mengen
gesammelt, in dünne Scheiben geschnitten und gedörrt in den Handel gebracht
werden. Das ja etwa vorhanden gewesene Arom mußte beim Trocknen ver¬
loren gehen: die als Delicatesse verkauften dürren Trüffclscheiben haben für
den Tisch nur als Substrat für pikante Gewürze Werth; etwa denselben,
wie die Stücken tagelang gekochten Handschuhleders, welche der Koch Fried¬
richs des Großen den Gästen seines königlichen Herrn eines Tages als Ra¬
gout versetzte. -- Aber was schlimmer ist als die innere Werthlosigkeit der
zu früh ausgegrabenen Schwämme: das frühzeitige Umwühlen der Trüffel-


und mir 25 Theile organischer Substanz. Die schwarzen Trüffeln wachsen
gesellig, in Gruppen von der Form eines mehr oder minder geschlossenen Kreises
entsprechend der Vegetation vieler über dem Erdboden erscheinenden Pilze,
deren aus den peripherischen Enden des unterirdischen Pilzgeflechts hervor¬
sprossende Pilzkörper aus knrzberasten Wiesen und Tristen die sogenannten
Hcxenkreise bilden.

Es ist unzweifelhaft, daß die Lebensweise der Perigord-Trüffeln (des
?ud«r brumiüö und melairosrM'um) eine einjährige ist. Im Frühlinge und
Sommer finden sich gar keine Trüffeln solcher Art; im Herbste nur ganz junge;
ausgebildete nur von Ende November ab bis Februar; im Mai nur noch
solche, die bereits in Zersetzung übergehen. Die Entwickelung der auch in
Deutschland vorkommenden Trüffeln ist minder streng an bestimmte Jahres¬
zeiten gebunden. Namentlich in wärmeren Gegenden, in Südfrankreich findet
man in den Trüffelgruben schon von Ende Mai an ziemlich erwachsene,
wenn auch noch unreife Exemplare solcher Trüffeln. Weiterhin kommen
reife und unreife (innen weißliche oder dunkler gefärbte) gemeng! vor, bis
endlich im Spätherbste alle Trüffeln innen dunkelfarbig sind. Nach Analogie
mit fleischigen Schwämmen im Allgemeinen, und der mit den so nahe ver¬
wandten Perigord-Trüffeln im Besonderen muß angenommen werden, daß
die unter deutschen Trüffelsuchern verbreitete Meinung, die Trüffeln seien mehr¬
jährig, kleinere könnten bis zum nächsten Jahre noch wachsen, irrthümlich ist.

Erst mit dem Reifen der Samen erlangt die Trüffel ihr Arom. Der
Grad der Reife gibt sich zu erkennen durch die hellere oder dunklere Färbung
des Innern, eine Färbung, die lediglich,auf der Anwesenheit reifer, außen
braunfarbiger Samen beruht. Die Samen einer und derselben Trüffel reifen
aber nicht gleichzeitig. Eine Trüffel kann schon brauchbar sein, wenn die
dunkeln Stellen ihres Fleisches noch sehr licht ambrafarbig aussehen. Von
zwei gleich frischen, unbeschädigten Trüffeln aber ist die mit dunkleren Fleische
stets die stärker duftende. Es ist eine Barbarei, Trüffeln mit noch weißem
Fleische, die noch gar keine reifen Samen enthalten, einzusammeln. Solche
Trüffeln sind die sogenannten Maitrüffeln, Naiana.us8 (junge Exemplare haupt¬
sächlich des urbe-r mesentericiim). die in der Provence in ziemlichen Mengen
gesammelt, in dünne Scheiben geschnitten und gedörrt in den Handel gebracht
werden. Das ja etwa vorhanden gewesene Arom mußte beim Trocknen ver¬
loren gehen: die als Delicatesse verkauften dürren Trüffclscheiben haben für
den Tisch nur als Substrat für pikante Gewürze Werth; etwa denselben,
wie die Stücken tagelang gekochten Handschuhleders, welche der Koch Fried¬
richs des Großen den Gästen seines königlichen Herrn eines Tages als Ra¬
gout versetzte. — Aber was schlimmer ist als die innere Werthlosigkeit der
zu früh ausgegrabenen Schwämme: das frühzeitige Umwühlen der Trüffel-


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[0272] und mir 25 Theile organischer Substanz. Die schwarzen Trüffeln wachsen gesellig, in Gruppen von der Form eines mehr oder minder geschlossenen Kreises entsprechend der Vegetation vieler über dem Erdboden erscheinenden Pilze, deren aus den peripherischen Enden des unterirdischen Pilzgeflechts hervor¬ sprossende Pilzkörper aus knrzberasten Wiesen und Tristen die sogenannten Hcxenkreise bilden. Es ist unzweifelhaft, daß die Lebensweise der Perigord-Trüffeln (des ?ud«r brumiüö und melairosrM'um) eine einjährige ist. Im Frühlinge und Sommer finden sich gar keine Trüffeln solcher Art; im Herbste nur ganz junge; ausgebildete nur von Ende November ab bis Februar; im Mai nur noch solche, die bereits in Zersetzung übergehen. Die Entwickelung der auch in Deutschland vorkommenden Trüffeln ist minder streng an bestimmte Jahres¬ zeiten gebunden. Namentlich in wärmeren Gegenden, in Südfrankreich findet man in den Trüffelgruben schon von Ende Mai an ziemlich erwachsene, wenn auch noch unreife Exemplare solcher Trüffeln. Weiterhin kommen reife und unreife (innen weißliche oder dunkler gefärbte) gemeng! vor, bis endlich im Spätherbste alle Trüffeln innen dunkelfarbig sind. Nach Analogie mit fleischigen Schwämmen im Allgemeinen, und der mit den so nahe ver¬ wandten Perigord-Trüffeln im Besonderen muß angenommen werden, daß die unter deutschen Trüffelsuchern verbreitete Meinung, die Trüffeln seien mehr¬ jährig, kleinere könnten bis zum nächsten Jahre noch wachsen, irrthümlich ist. Erst mit dem Reifen der Samen erlangt die Trüffel ihr Arom. Der Grad der Reife gibt sich zu erkennen durch die hellere oder dunklere Färbung des Innern, eine Färbung, die lediglich,auf der Anwesenheit reifer, außen braunfarbiger Samen beruht. Die Samen einer und derselben Trüffel reifen aber nicht gleichzeitig. Eine Trüffel kann schon brauchbar sein, wenn die dunkeln Stellen ihres Fleisches noch sehr licht ambrafarbig aussehen. Von zwei gleich frischen, unbeschädigten Trüffeln aber ist die mit dunkleren Fleische stets die stärker duftende. Es ist eine Barbarei, Trüffeln mit noch weißem Fleische, die noch gar keine reifen Samen enthalten, einzusammeln. Solche Trüffeln sind die sogenannten Maitrüffeln, Naiana.us8 (junge Exemplare haupt¬ sächlich des urbe-r mesentericiim). die in der Provence in ziemlichen Mengen gesammelt, in dünne Scheiben geschnitten und gedörrt in den Handel gebracht werden. Das ja etwa vorhanden gewesene Arom mußte beim Trocknen ver¬ loren gehen: die als Delicatesse verkauften dürren Trüffclscheiben haben für den Tisch nur als Substrat für pikante Gewürze Werth; etwa denselben, wie die Stücken tagelang gekochten Handschuhleders, welche der Koch Fried¬ richs des Großen den Gästen seines königlichen Herrn eines Tages als Ra¬ gout versetzte. — Aber was schlimmer ist als die innere Werthlosigkeit der zu früh ausgegrabenen Schwämme: das frühzeitige Umwühlen der Trüffel-

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 21, 1862, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341795_113241/272>, abgerufen am 23.07.2024.