Die Grenzboten. Jg. 21, 1862, I. Semester. I. Band.Meeres, ihrer Gestaltung und ihrer ziemlich vollständigen Befestigung wegen Die Landung an der venetianischen Küste und der Angriff auf Venedig, Meeres, ihrer Gestaltung und ihrer ziemlich vollständigen Befestigung wegen Die Landung an der venetianischen Küste und der Angriff auf Venedig, <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0023" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/113265"/> <p xml:id="ID_66" prev="#ID_65"> Meeres, ihrer Gestaltung und ihrer ziemlich vollständigen Befestigung wegen<lb/> einer feindlichen Landung ziemliche Schwierigkeiten dar. Nur an wenigen Stellen<lb/> können selbst Fregatten sich dem Ufer auf Kanonenschußweite nähern, und die<lb/> Flußmündungen, an andern Küsten oft die einem feindlichen Angriffe günstigsten<lb/> Punkte, sind hier ihrer zahlreichen und sich in ihrer Gestaltung stets ändern¬<lb/> den Anschwemmungen wegen, grade die gefährlichsten Stellen. Auch ist der Um¬<lb/> riß der Küste, die einen vom Po bis zum Jsonzo sich erstreckenden flachen Bogen<lb/> bildet und weder bedeutende Vorsprünge noch tiefe Einschnitte besitzt, dem Verthei¬<lb/> diger überaus günstig. Denn Letzterer kann dem auf was immer für einen Punkt<lb/> gerichteten Angriffe concentrisch entgegenwirken und den etwa ausgeschifften feind¬<lb/> lichen Truppen mit voller Front begegnen. Nirgends kann hier der Angreifer einen<lb/> Punkt isoliren oder den Vertheidiger in der Flanke fassen, und nirgends fin¬<lb/> det er einen gesicherten Stützpunkt; ja es fehlt ihm selbst nach bewirkter Lan¬<lb/> dung ein dem nöthigen Raume zur Entwicklung und sogar zur Ausschiffung<lb/> größerer Truppenmnssen. Denn die fast drei Viertheile der ganzen Küsten¬<lb/> strecke einnehmenden Lagunen erschweren das Vordringen gegen das Innere<lb/> der Provinz und auch da, wo sich keine Lagunen befinden, ist die auf den<lb/> sandigen, wegelosen Dünen nur mühsam sich vorwärts bewegende Truppe der<lb/> steten Gefahr ausgesetzt, durch den ersten Anprall des Feindes fast widerstands¬<lb/> los in das Meer geworfen zu werden. Nur der Besitz der Stadt Venedig<lb/> selbst könnte ein gelandetes feindliches Armeecorps vor dem Untergange oder<lb/> schleunigen Rückzüge retten. Die Befestigungen dieser Stadt sind aber keines¬<lb/> wegs der Art, daß sie einem Handstreich oder einem kurzen Forceangriff ir¬<lb/> gend eine Aussicht auf Erfolg bieten, denn sie sind wirklich solid und zweck¬<lb/> entsprechend angelegt, wohl unterhalten, tüchtig arnurt und — ein bei Küsten¬<lb/> befestigungen seltener Fall — auch gegen die Landseite durch Natur und Kunst<lb/> gleich stark. Das wenigstens hatte ore östreichische Regierung gleich von allem<lb/> Anfang anerkannt, daß sich diese Provinz gegen einen äußern Feind eben nur<lb/> so lange behaupten läßt, als es gelingt, auch die Bewohner im Zaume zu<lb/> halten oder wenigstens ihre Bestrebungen unschädlich zu machen. Endlich<lb/> würde der Angreifer — selbst in dem Besitze Venedigs — solange das Festungs-<lb/> vicrcck noch in östreichischer Gewalt wäre, sich fortwährend in einer höchst<lb/> unsichern Lage befinden und bei dem Versuche weiter vorzurücken im gleichen<lb/> Maße sowohl den Angriffen der über den Jsonzo herabkommenden östreichischen<lb/> Reserven als auch der im Fcstungsviereck befindlichen Armee ausgesetzt sein.</p><lb/> <p xml:id="ID_67" next="#ID_68"> Die Landung an der venetianischen Küste und der Angriff auf Venedig,<lb/> wovon 1359 die Anhänger Frankreichs mit so außerordentlicher Zuversicht<lb/> sprachen, womit selbst Napoleon den Kaiser von Oestreich einzuschüchtern versuchte<lb/> und womit er auch wirklich zum Abschlüsse des Friedens beigetragen zu haben<lb/> scheint, gehörten also zu jenen Gasconnaden und aufs Gerathewohl abgefeuer-</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0023]
Meeres, ihrer Gestaltung und ihrer ziemlich vollständigen Befestigung wegen
einer feindlichen Landung ziemliche Schwierigkeiten dar. Nur an wenigen Stellen
können selbst Fregatten sich dem Ufer auf Kanonenschußweite nähern, und die
Flußmündungen, an andern Küsten oft die einem feindlichen Angriffe günstigsten
Punkte, sind hier ihrer zahlreichen und sich in ihrer Gestaltung stets ändern¬
den Anschwemmungen wegen, grade die gefährlichsten Stellen. Auch ist der Um¬
riß der Küste, die einen vom Po bis zum Jsonzo sich erstreckenden flachen Bogen
bildet und weder bedeutende Vorsprünge noch tiefe Einschnitte besitzt, dem Verthei¬
diger überaus günstig. Denn Letzterer kann dem auf was immer für einen Punkt
gerichteten Angriffe concentrisch entgegenwirken und den etwa ausgeschifften feind¬
lichen Truppen mit voller Front begegnen. Nirgends kann hier der Angreifer einen
Punkt isoliren oder den Vertheidiger in der Flanke fassen, und nirgends fin¬
det er einen gesicherten Stützpunkt; ja es fehlt ihm selbst nach bewirkter Lan¬
dung ein dem nöthigen Raume zur Entwicklung und sogar zur Ausschiffung
größerer Truppenmnssen. Denn die fast drei Viertheile der ganzen Küsten¬
strecke einnehmenden Lagunen erschweren das Vordringen gegen das Innere
der Provinz und auch da, wo sich keine Lagunen befinden, ist die auf den
sandigen, wegelosen Dünen nur mühsam sich vorwärts bewegende Truppe der
steten Gefahr ausgesetzt, durch den ersten Anprall des Feindes fast widerstands¬
los in das Meer geworfen zu werden. Nur der Besitz der Stadt Venedig
selbst könnte ein gelandetes feindliches Armeecorps vor dem Untergange oder
schleunigen Rückzüge retten. Die Befestigungen dieser Stadt sind aber keines¬
wegs der Art, daß sie einem Handstreich oder einem kurzen Forceangriff ir¬
gend eine Aussicht auf Erfolg bieten, denn sie sind wirklich solid und zweck¬
entsprechend angelegt, wohl unterhalten, tüchtig arnurt und — ein bei Küsten¬
befestigungen seltener Fall — auch gegen die Landseite durch Natur und Kunst
gleich stark. Das wenigstens hatte ore östreichische Regierung gleich von allem
Anfang anerkannt, daß sich diese Provinz gegen einen äußern Feind eben nur
so lange behaupten läßt, als es gelingt, auch die Bewohner im Zaume zu
halten oder wenigstens ihre Bestrebungen unschädlich zu machen. Endlich
würde der Angreifer — selbst in dem Besitze Venedigs — solange das Festungs-
vicrcck noch in östreichischer Gewalt wäre, sich fortwährend in einer höchst
unsichern Lage befinden und bei dem Versuche weiter vorzurücken im gleichen
Maße sowohl den Angriffen der über den Jsonzo herabkommenden östreichischen
Reserven als auch der im Fcstungsviereck befindlichen Armee ausgesetzt sein.
Die Landung an der venetianischen Küste und der Angriff auf Venedig,
wovon 1359 die Anhänger Frankreichs mit so außerordentlicher Zuversicht
sprachen, womit selbst Napoleon den Kaiser von Oestreich einzuschüchtern versuchte
und womit er auch wirklich zum Abschlüsse des Friedens beigetragen zu haben
scheint, gehörten also zu jenen Gasconnaden und aufs Gerathewohl abgefeuer-
Informationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.
Weitere Informationen:Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur. Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja; Nachkorrektur erfolgte automatisch.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |